Grenzenlose Aussichten auf oder für Langtaufers?
Publiziert in 6 / 2012 - Erschienen am 15. Februar 2012
Graun/Langtaufers - Touristiker und Fraktionsräte aus Reschen, Langtaufers und St. Valentin waren Gäste der Kaunertaler Gletscherbahnen. Offiziell wurde eine Aussichtsplattform auf dem Karlesjoch, eröffnet, inoffiziell sollte den Vinschger Gästen die bestehende Bergstation der Karlesjochbahn und damit neue Voraussetzungen für die Verbindung Kaunertal-Langtaufers bewusst gemacht werden.
von Günther Schöpf
Während sich im mittleren Vinschgau die Äpfelklauber den Schweiß von der Stirn wischten, stülpten sich am Karlesjoch Snowboarder und Skifahrer die Handschuhe über. Es war der 15. Oktober 2011, um die Mittagszeit, als die angereisten „Touler, Hoader und Rescher“ sich erstaunt die Augen rieben. Bei Kaiserwetter stürzte sich vor ihren Augen viel Jungvolk vom Karlesjoch auf 3.108 Metern über den Pulverschnee zum Gletscherrestaurant auf 2.750 Meter Seehöhe. Plötzlich verstanden Schöneben-Präsident Oswald Folie, sein Vize Alfred Plangger, der Langtauferer Fraktionsvorsteher Toni Zanini, Fraktionsrat Leo Eller, die Gastronomen Josef Thöni und Helmut Köllemann, der Camping-Betreiber Heinrich Thöni aus St. Valentin, warum die Kaunertaler mit dem Werbegeck „Wir sind der jüngste Gletscher Österreichs“ auftreten konnten. Es fand gerade das „26. KTO“, das „Kaunertal Opening“ statt. Die reifen Herrn, die sich um den Landecker Wirtschaftskammer-Obmann Heinz Huber und den Geschäftsführer der Kaunertaler Gletscherbahnen, Eugen Larcher, geschart hatten, waren gar nicht in der Lage, den Altersdurchschnitt merklich über 20 zu heben. Es war eine bunte und fröhliche Mischung junger und weniger junger Menschen, die mit Pulverschnee und Sonnenschein in Party-Stimmung kamen. Am selben Tag hatte die Wirtschaftskammer in Landeck ihren 1. Skitag ausgerufen und dazu Tourismus-Funktionäre, Tourismus-Unternehmer und Journalisten eingeladen.
Ein- und Aussichten
Wirtschaftskammer und Gletscherbahnen boten als offiziellen Anlass für den Südtiroler-Besuch die Eröffnung einer Aussichtsplattform. Mit einer Hälfte in Langtaufers mit der anderen noch auf Kaunertaler Seite stürmte als Dekoration ein blauer Wappensteinbock Richtung Italien; darunter prangten die Fahnen der beiden Nationen. Der Panoramablick von der Plattform war umwerfend. Kontrastreich hoben sich die verschneiten Gipfel der Bernina Gruppe in der Schweiz, des Ortler Massivs in Italien und der Silvretta in Österreich vom Grün des Langtauferer Tals und dem Blau des Reschensees ab. Dass die Plattform zu politischem Donnergrollen zwischen den Grenznachbarn geführt haben soll, konnte Fraktionsvorsteher Zanini nicht bestätigen. Man habe ihn vom Bau der Plattform informiert. Auf jeden Fall war kein politischer Vertreter aus Graun zugegen. Das sei auch der Grund – so erzählte man hinter vorgehaltener Hand – dass der Bürgermeister von Mals seine ursprüngliche Zusage zurückgezogen habe. Den Skitag sah der Bezirksstellenleiter der Wirtschaftskammer, Thomas Köhle, als „Initialzündung für eine erfolgreiche Wintersaison“. Mit Speck und Brot aus Graun und „a Fassl Wein“ aus Südtirol wurde der Tag genossen. Es klang wie ein Trinkspruch, als Bezirksobmann Huber meinte: „Traumhaft wäre, wenn es eine Zubringerbahn vom Langtauferer Tal auf den Kaunertaler Gletscher geben würde.“ Zwar drehten sich die Grußworte mehr oder weniger um inner-kaunertaler Vorhaben wie den Ausbau des Kraftwerks durch die Tiroler Wasserkraftwerke (TIWAG) oder die Erschließung der Weißseespitze, aber immer wieder fielen der Name Langtaufers und der visionäre Hinweis auf das „erste Grenzen überschreitende Skigebiet Tirols“.
Erfahrungen und Visionen
Im privaten Gespräch schilderte der einst jüngste Bürgermeister Österreichs, der Kaunertaler Tourismuspionier und jetzige Geschäftsführer der Gletscherbahnen, Eugen Larcher, das Ende der Auswanderung und den Einzug von Wohlstand in seinem Tal durch die Gründung der Gletscherbahnen. Er berichtete auch vom Pleitegeier, der mehrmals über dem Gebiet kreiste und den nicht etwa das Land Tirol, die TIWAG oder die Banken verjagt hätten, sondern der konkurrierende Nachbar im Pitztal. Die Pitztaler Gletscherbahnen mit der höchsten Seilbahn Österreichs sind unter der Führung von Hans Rubatscher seit 2000 der größte Miteigentümer an den Kaunertaler Gletscherbahnen. Die Kontrolle über die Geschäftsführung ihrer Anlagen haben aber immer noch die Kaunertaler selbst. Rubatscher, dessen Vater noch im Gadertal zur Welt gekommen ist, war am Karlesjoch anwesend, hielt sich aber bescheiden im Hintergrund und meinte einem Reporter der Landecker Rundschau gegenüber: „Ich hoffe, dass dieses Projekt (Kaunertal-Langtaufers) doch noch realisiert wird. Denn es gibt kaum irgendwo anders die Möglichkeit, mit so wenig Aufwand auf einen Gletscher zu kommen.“ Rubatscher, der maßgeblich und erfolgreich zur Belebung der Innsbrucker Innenstadt durch das Projekt „Rathauspassage“ beigetragen hatte, spielte dabei auf die Bergstation der Karlesjochbahn an. Die könnte auch für die Langtauferer Anbindung als Bergstation dienen. Auf die verschiedenen Aussagen über die „skitechnische Grenzüberschreitung“ angesprochen, meinte der Präsident der Schöneben AG, Oswald Folie - auch auf seine Art - unverbindlich und bedächtig: „Es muss machbar sein und vor allem erhaltbar. Grundsätzlich haben wir nichts dagegen.“
Günther Schöpf