„Habe alle Hände voll zu tun …
..bin aber nach allen Seiten offen für andere Sichtweisen und konstruktive Vorschläge.“
Partschins - 2010 wurde der Kaltenbacher Luis zweiter „Mann im Staate“. Zusammen mit dem Unternehmer Albert Gögele ist Luis Forcher, Bauer am Kaltenbach-Hof, in das Partschinser Rathaus eingezogen und hat die Ära Robert Tappeiner beendet. Bürgermeister Gögele machte Forcher zu seinem Stellvertreter. 2015 gab es eine kurze Aufregung, als sich drei Bauern der Südtiroler Volkspartei zusammen mit Freiheitlichen und Südtiroler Freiheit gegen Forchers neuerliche Wahl zum Vizebürgermeister stemmten. Mit dem 20. September 2020 beendeten Albert Gögele und zwei Referentinnen ihre politischen Karrieren. Die SVP-Ortsgruppe vertraute sich dem erfahrenen Pragmatiker Luis Forcher an, der es nicht nur mit der Pandemie zu tun bekam, sondern auch mit einer ehrgeizigen Opposition, bestehend aus der Neuen Bürgerliste Partschins Rabland und Töll und den Freiheitlichen. Sie alle hatten erfolgreich im Partschinser Wahlstimmenteich mitgefischt. Bürgermeister Forcher meinte zu den zurückliegenden 10 Jahren: „Wir haben den Karren zwischen 2010 und 2020 gemeinsam gezogen. Ich weiß es erst jetzt zu schätzen, was eine harmonische Zusammenarbeit bewirken kann. Albert Gögele hatte die Verwaltung gut im Griff. Allerdings die Herausforderung Pandemie, die alle beschäftigt und belastet, hat es nicht gegeben.“
der Vinschger: In einem Interview nennen Sie als Ihren größten Fehler die Neigung, immer alles recht machen zu wollen. Den ersten Ratssitzungen nach zu schließen, dürfte das mit einer fast schon hyperaktiven Oppositionsgruppe sehr anstrengend werden.
Luis Forcher: Nichtdestotrotz, die Opposition, egal von welcher Seite, kann gute Vorschläge haben, man muss nicht alles versenken, aber alles hat seine Grenzen. Wir arbeiten für die Gemeinde – wir sind nicht der Landtag. Das Interesse der Gemeinde steht im Vordergrund. Es tut nicht gut, wenn die Opposition alte Geschichten als eigene Initiativen und Projekte darstellt. Aktuelle Beispiele sind die „Blumenwiese“ oder auch die Haltestelle und der Gehsteig in Rabland. Es ist auch nicht sonderlich konstruktiv, ständig die Arbeitsweise des Sekretärs zu kritisieren, ohne über die bürokratischen Vorgänge Bescheid zu wissen.
Wie wollen Sie und Ihr Ausschuss in Zukunft mit der Opposition umgehen?
Ich muss so sagen, ich bin nach wie vor für jede Zusammenarbeit zu haben. Wie gesagt, wenn sie gute Einfälle hat, kann man diese auch umsetzen. Wir brauchen heute die Opposition. Wenn wir so große Projekte angehen wie das Schulareal in Rabland, brauchen wir sie. Aufmerksame Kritik ist notwendig, umsetzbare Ideen sind willkommen. Da muss man zusammenschauen. Wir brauchen sie nicht stimmenmäßig. Mehrheiten schaffen wir immer noch selbst. Mir ist es wichtig, dass sich möglichst ein großer Teil der Dorfbevölkerung an solchen Projekten beteiligt. Beide Oppositionsgruppen haben viele Stimmen bekommen; also ist ein Teil der Bevölkerung der Meinung, dass sie mehr mitreden sollen und dazu bin ich nach wie vor offen und bereit.
Das Verwalten scheint mühevoller und aufwändiger geworden zu sein.
Absolut aufwändiger. Speziell, was an Verwaltungsaufwand dazu gekommen ist. Es sind die ganzen Anfragen zu beantworten, die ganzen Beschlussanträge zu behandeln. Man will es ja korrekt handhaben; man will in Ordnung sein. Die Bürgerliste legt sehr viel Wert auf dominante Medienpräsenz. Ich selbst finde dazu einfach nicht die Zeit. Ich halte es für wichtiger, eine Baustelle zu besuchen und konkret etwas zu tun. Kaum ist die Gemeinderatssitzung zu Ende, erscheint am nächsten Tag schon irgendwo einer ihrer Artikel. Das ist bei uns noch nicht der Fall, da können wir aber nachbessern. Nichts gegen ihre Artikel, aber bei der Wahrheit müssen sie bleiben. Zum Beispiel die letzten paar Mal, wo sie die Gehälter der Referenten angeprangert haben, wo sie fast verlangten, Nachtsitzungen abzuhalten. Fair ist das nicht. Da geht es ihnen nicht ums Geld, sondern einfach um ihre eigene Präsenz, um ihre Auftritte. Jeder, der ordentlich arbeitet, soll bezahlt werden. Das fängt beim Sekretär an und ich nehm mich da auch nicht aus. Wir halten jeden Dienstagvormittag Sitzung und brauchen dazu mindestens vier Stunden. Anschließend nehmen wir uns auch noch Zeit, die eine oder andere Baustelle zu besichtigen.
Von außen gesehen schien es nach den ersten Ratssitzungen, als seien Sie und der Ausschuss die Getriebenen.
Ja, das ist vielleicht der Eindruck… Getrieben fühlen wir uns nicht. Man ist aber aufmerksamer. Das fängt bei den Ausschreibungen an. Bei Arbeiten, wo man früher vielleicht gesagt hätte, das geht gut, schaut man noch genauer hin. Das merkt man in allen Kommissionen…
Muss demnächst eine eigene Informationsabteilung im Rathaus eingerichtet werden?
Wir haben gesagt, Ratsbeschlüsse können schon nach außen kommuniziert werden, aber dass wir uns gegenseitig fertigmachen, sollte nicht sein. Mir kommt es manchmal vor, je mehr man schreibt, desto vergifteter wird der Umgang miteinander. Wir sollten auf dem Boden bleiben.
Immerhin ist es der Neuen Bürgerliste gelungen, die Bushaltestelle in Rabland umzugestalten und wetterfest zu machen. Hätten Sie sich das erwartet?
Das war schon seit langem ein Thema. Es waren auch von uns Gemeinderäte dabei. Die Handwerker, die das in die Hand genommen haben, gehörten ja zu unserer Ratsfraktion. Mir war wichtig, dass wir einheitlich vorgehen. Grad bei der letzten Sitzung ging es wieder um eine Bushaltestelle, aber es muss auf beiden Straßenseiten eine saubere Geschichte werden. Wichtig ist, dass wir vom Amt für Nahverkehr das OK haben. Wir sind ja nur die Betreiber, Besitzer ist das Amt. Angefangen hat das ja mit dem Vorschlag, der Bauhof soll hingehen und ein paar Bleche oder Bretter befestigen. Nicht dass ich etwas auf die lange Bank schieben wollte, aber wie es vom Amt geheißen hat, jemand muss die Haftungen übernehmen.
Welches Projekt liegt Bürgermeister Forcher besonders am Herzen?
Eindeutig das Schulareal in Rabland, das in nächster Zeit angegangen werden muss. Zeitlich das nächste Projekt, das verwirklicht wird und bei dem wir auf einem guten Weg sind, ist aber die Feuerwehrhalle in Rabland. An Projekten fehlt es uns nicht. Der Campingplatz in der Zielstraße, der jetzt hoffentlich zustande kommt, zwingt uns, die Hausaufgaben mit dem Feldweg zu machen. Den braucht es unbedingt als Ab- und Zufahrt. Rabland wäre intern um einen bedeutenden Teil verkehrsberuhigter, wenn Busse und Transporter nicht über die Lahnstraße fahren müssten.
Ist beim Feldweg nicht mit einem größeren Zeitraum zu rechnen?
Wir haben schon Absprachen gehalten mit den Grundeigentümern. Jetzt wären die Vermessungen durchzuführen, damit man sieht, wie viel Grund gebraucht wird. Das hätte längst passieren sollen. Warum das nicht geschehen ist... Man weiß es nicht. Wir werden dahinter sein. Dann kommen die Bauleitplanänderung und die Grundablöse, das werden große Brocken.
Wenn man eine Rangliste der Projekte machen könnte, was ist das dringendste?
Das wird schon das Schulprojekt sein. Dadurch, dass wir so viele neue (Wohnbau)Zonen haben in Rabland, werden Schule, Kindergarten und Kita in den Mittelpunkt rücken. Zudem müssen wir erst die Hausaufgaben erledigen und für die neu ausgewiesenen Zonen „Elisabeth“ und „Rohrer“ mit rund 30 Wohnungen die Infrastrukturen in Ordnung bringen. Für mich ein wichtiger Punkt ist die Trinkwasserversorgung. Dadurch, dass die Bevölkerung wächst, muss das mitgedacht werden, gleich wie die Größen von Schule, Kindergarten und Kita.
Gibt es das Projekt Lebensraum Partschins noch?
Es besteht noch. Es ist damals im Zuge der Entwicklung des Tourismuskonzeptes entstanden. Ich halte es auch für ein gutes Projekt. Es sind alle Vereine eingebunden gewesen. Mit der neuen Landschafts- und Raumordnungskommission wird ja der gesamte Lebensraum Partschins wieder in Frage gestellt. Wir müssen ja Siedlungsgrenzen ziehen und Bauordnungen anpassen. Dann wäre halt wichtig, wenn wieder die gesamte Bevölkerung mitreden kann. Ich maße mir nicht an zu sagen, das ist die Siedlungsgrenze.
Was ist mit dem „Disneyland im Zieltal“? Sind die Probleme mit dem Klettersteig ausgeräumt?
Ich glaube schon. Es hat nicht die Ausmaße erreicht und ist nicht so groß geworden, wie man bisher angenommen hat. Es kommt aber ziemlich gut an. Die Texelbahn bewirbt es erfolgreich. Das Wanderangebot ist erheblich erweitert worden. Ich habe gehört, dass gerade an Wochenenden das Angebot gerne angenommen wird.
Wie steht der Bürgermeister zum aktuellsten Umfahrungsprojekt?
Wir, die Gemeinden Partschins, Algund, Marling und die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt haben das Projekt eingereicht. Jetzt wird es von den Technikern der Landesregierung überprüft und „ajouriert“. Wie der Stand der Begutachtung derzeit ist, kann ich nicht sagen. Dieses, unser Projekt ist das derzeit aktuellste. Es hat aber - ich geb’s zu - schon bestimmte Beanstandungen gegeben, so zur Ausfahrt für Partschins. Aber lassen wir mal Landeshauptmann und Landesrat darüber beraten. Sie werden uns schon Bescheid geben.
