Am Ende war Prad immer Gewinner
Die Blutabnahme des Amtstierarztes Hubert Pinggera im Stall des Braunviehzuchtverbandes von Eyrs war keine Amtshandlung des Prader Bürgermeisters Hubert Pinggera.

In Prad wird opponiert, delegiert und investiert

Publiziert in 41 / 2014 - Erschienen am 19. November 2014
Der Amtstierarzt Hubert Pinggera ist 2005 zum Bürgermeister der Gemeinde Prad gewählt worden. Die Ortsgruppe der SVP war tief gespalten. Drei Oppositionsgruppen vertraten 39 Prozent der Bevölkerung. Prad - Die Gemeinde am Suldenbach nimmt seit Jahren an Bevölkerung zu und ist eine Vorreitergemeinde, was erneuerbare Energie betrifft. Prad hat nicht nur Bau- und Gewerbegrund zu vergeben, sondern auch neue Arbeitsplätze zu bieten. der Vinschger: Herr Bürgermeister, zwischen Ihrer ersten Wahl 2005 und der zweiten 2010 hat man Ihnen von unentschlossen bis visionslos alles Mögliche nachgesagt. Die Bürger haben es aber anders gesehen und bei Ihrer zweiten Wahl nochmals 400 Stimmen drauf gepackt. Was glauben Sie, was haben die Bürger an Ihnen so geschätzt? Hubert Pinggera: Dass Ruhe eingetreten ist im Dorf. Ich habe mich aus vereinsinternen Auseinandersetzungen herausgehalten und versucht, die Zusammenarbeit zu fördern. Heute arbeiten die Vereine recht gut. Wir hatten 2005 einen guten Ausschuss zusammengestellt, der zum großen Teil heute noch besteht, und wir haben das Verwaltungsprogramm größtenteils erfüllt. Liegt das Geheimnis im Führen oder im Nicht-Führen, wie Kritiker schon gemeint haben? Es gibt keine Geheimnisse. Es gibt aber einen kompetenten Ausschuss. Alle können nach ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten arbeiten, solange ich das Gefühl habe, sie arbeiten für die Gemeinde. Jeder hat seinen Aufgabenbereich. Die Vorhaben werden im Ausschuss besprochen und dann umgesetzt. Welche Projekte der letzten fünf Jahre würden Sie als besonders gelungen, nachhaltig oder erfolgreich bezeichnen? Erfolgreich war die Sanierung des Kindergartens, wo wir im Vorfeld viele Kindergärten besucht haben. Gemeinderat und die Techniker haben konstruktiv zusammengearbeitet. Sieht man von der Vorgeschichte ab (lacht), war auch der Bau des Rathauses ein Erfolg. Ein großes Thema war und ist die Sanierung der Infrastrukturen in der Gewerbezone, wovon wir vier Baulose im Ausmaß von 1 Million Euro abgeschlossen haben. Aber wir haben auch viel zur Aufwertung der Ortskerne beigetragen. Bei der Wiederverwertung alter Bau­substanz sind wir sehr gut unterwegs. Wir haben in Lichtenberg sehr viel Kubatur erworben und fünf Wohnungen geschaffen. Demnächst wird in Prad, in der Sackgasse, ein altes Wirtschaftsgebäude mit Haus saniert. Etwas langwieriger und mit schwierigen Verhandlungen verbunden ist der Erwerb alter Bausubstanz an der Hauptstraße. Wo sind Sie und ihre Referenten nicht recht weitergekommen? Stecken geblieben sind wir auf jeden Fall bei der Erweiterung der Feuerwehrhalle in Lichtenberg. Es ist schwierig, am derzeitigen Standort zu erweitern, weil Bibliothek und Jugendraum verlegt werden müssten. Und die Sanierung der Mittelschule? Die ist auf dem Weg. Das Ausführungsprojekt liegt vor, aber es muss validiert und an den technischen Landesbeirat geschickt werden, um in die Rangliste zu kommen. Dann ist es also mehr als eine Sanierung? Es ist eine Sanierung plus Adaptierung. Wir hatten das schon früher ins Auge gefasst, haben aber den Kindergarten vorgezogen. Es ging um die energetische Sanierung, aber dann sind doch viele Wünsche vonseiten der Schule gekommen. Was sollte in nächster Zeit unbedingt in Prad zu Ende gebracht oder realisiert werden? Gibt es Ziele oder gar Visionen? Mehr oder weniger haben wir baulich fast alles abgeschlossen. Für unsere Senioren müssen wir aber noch was schaffen. Ein Altersheim-Neubau wird im Vinschgau nicht mehr finanziert. Inzwischen haben wir 15 Altenwohnungen in der Seniorenstruktur, in der Wohngemeinschaft St. Antonius, eingerichtet. Dort ist noch Fläche frei und dort gedenken wir, Wohneinheiten für betreutes Wohnen zu errichten. Wie haben Sie die für Außenstehende überraschende Schließung der Sennerei vor wenigen Monaten wahrgenommen? Wo liegen die Ursachen? Man hat von einem Projekt mit Zukunft gesprochen. (Durchatmen) Ein schwieriges Thema. Sowohl die Fraktion, als auch die Gemeinde haben das Projekt befürwortet. Der Erhalt der Sennerei ist auch im Leitbild verankert. Woran es dann wirklich gescheitert ist… Hauptproblem war die Vermarktung. Teilweise haben Produkte unter Wert verkauft werden müssen. Wenn alles reibungslos verläuft, kann sich eine solche Struktur gerade noch halten. Mindestens den Mila-Preis sollten die Bauern schon bekommen. Dazu kam die Auflage, silofreie Milch zu liefern. Das war bei schlechter Wetterlage von den Bauern hier an der „Nörderseite“ nur schwer einzuhalten. Wahrscheinlich wollte der Raiffeisenverband dann auch nicht so lange warten wie bei der M.E.G. in Martell und hat der Sache ein Ende bereitet. Wir hoffen schon, dass die Sennerei wieder einer Aufgabe zugeführt wird, weil dies fürs Dorf eine deutliche Aufwertung wäre. Prad ist eine der Gemeinden mit der niedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung. Hat man hier versäumt zu investieren oder verfügt die Gemeinde über so viele Eigenmittel, dass sie ohne Darlehen auskommt? Die Gemeinde hab ich übernommen, als sie völlig schuldenfrei war. Inzwischen haben wir viel investiert. Wir haben den Tiefbrunnen in Lichtenberg, die Trinkwasserleitung zum Speicher Theinen, den Bau- und Recycling-Hof, die Seniorenstruktur, das Rathaus, den Kindergarten und die Photovoltaik-Anlagen realisiert. Dazu haben wir Darlehen aufgenommen, die entsprechenden Finanzierungsmöglichkeiten genutzt, Eigenmittel eingesetzt und erfolgreich an den laufenden Kosten gespart. Im Jahr 2013 konnten wir alle Darlehensraten mit Einnahmen aus der Photovoltaik abzahlen. Wenn man bedenkt, dass sie einer Opposition gegenübersitzen, die aus fünf Akademikern besteht und die zusammen noch immer ein Viertel der Wähler vertreten, fragt man sich, warum sie nicht den einen oder anderen in den Ausschuss geholt haben. Das ist nicht so einfach. Insgesamt arbeitet unser Ausschuss sehr gut; auch der Gemeinderat funktioniert gut. Es mag sein, dass sie sich ein wenig ausgeschlossen fühlen, aber sie dürfen sich immer auch präsentieren. Insgesamt haben wir ein gutes Verhältnis. Vielleicht wäre die SVP-Ortsgruppe gespalten, gäbe es die Opposition nicht. Aber sie in die tägliche Arbeit einbinden…. Erstens haben sie auch nicht so viel Zeit und zweitens suchen sie schon immer das Negative. Man hört nur von der Südtiroler Freiheit, dass einmal auch etwas gepasst hat. Der Bau des Rathauses ist nicht nach Ihren Vorstellungen erfolgt. Auch die Asphaltierung des Radwegabschnittes durch die Sand mussten Sie fallen lassen. Beides Mal hat die Liste Für Prad kräftig mitgemischt. Haben Sie beide Ereignisse als Niederlagen empfunden? Nehmen wir zuerst die Sand. Es war fast ein südtirolweites Thema. Vom ganzen Land sind Anrufe gekommen, man könne auf dem Abschnitt nicht fahren. Wir hatten alle Genehmigungen zum Asphaltieren, aber dann kam ein Umdenken, auch im Bezirk. Heute – ich will nicht sagen, dass ich froh bin – heute stört es mich überhaupt nicht, weil man dort gut fahren kann. Beim Rathaus waren ich und die Mehrheit der SVP für den Neubau, das ist wahr. Zur Vorgeschichte gehört aber auch, dass wir einen fast einstimmigen Gemeinderatsbeschluss, neu zu bauen, vorliegen hatten. Hinterher ist das mit dem Ankauf des Raika-Gebäudes gekommen. Rückblickend war es vielleicht meine schwerste Zeit. Wir sind trotzdem nicht auf Konfrontationskurs gegangen und haben uns um Lösungen bemüht. Das hat die Bevölkerung auch honoriert. Aus der Ausweglosigkeit hat auch die Opposition geholfen. Sie hat einen Beschluss zum Ankauf verlangt und wollte dann erst mit der Bank verhandeln. Aber was hätte es da noch zu verhandeln gegeben? Es ist uns gelungen, trotz Boykotts einiger Räte – nicht nur der ­Opposition - einen günstigeren Preis herauszuholen. Es hat keine Sieger und Verlierer gegeben. Der Umbau ist ja auch gut gelungen. Wie kommt es zu den Vorwürfen: Es fließen zu wenig Informationen aus dem Ausschuss oder der Gemeinderat wird vor vollendete Tatsachen gestellt, die Bevölkerung wird nicht involviert? Die Opposition springt derzeit immer auf Themen auf, die im Dorf Unruhe hervorrufen. Dabei recherchiert sie kaum zu den wahren Hintergründen. Kann sie das denn? Jeder Gemeinderat hat die Möglichkeit, sich zu informieren. Was hat man nicht alles versucht, den Wahlkampf zu beeinflussen und uns Stricke zu drehen. Man denke an die Stellungnahme über den Uran-Gehalt im Trinkwasser, indem Grenzwerte aus dem Internet zitiert wurden. Die letzten Messungen bei den öffentlichen Brunnen haben einen Uran-Wert von 15 Mikro-Gramm ergeben. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, die 30 Mikro-Gramm nicht zu überschreiten. Typisch für die Opposition, dass man uns bei der letzten Ratssitzung am 10. November vorgeworfen hat, wie hätten im Falle des Kilian-Grundes etwas verschlafen. Hätten wir den Grund ersteigert – abgesehen davon, dass es für eine öffentliche Verwaltung sehr kompliziert wird bei Gerichtssachen - hätte es geheißen, was mischt sich die Gemeinde da ein. Hat sie zu viel Geld, wäre gefragt worden. Es wurden aber auch einleuchtende Vorschläge gemacht. Zum Beispiel das Wasser vom Lichtenberger Berg abzuleiten, statt es uranbelastet teuer aus einem Tiefbrunnen zu pumpen? Ja. Es gäbe schon Wasser genug aus dem Lichtenberger Almbach. Aber die Lichtenberger verwenden das Wasser auch zum Bewässern. Außerdem müssten größere Investitionen getätigt werden, weil die Leitung zu erneuern wäre. Sie ist nur auf vier Sekundenliter ausgerichtet. Natürlich möchten nicht nur die Prader und Lichtenberger wissen, ob der Hubert Pinggera sich auch 2015 der Wahl stellt. Ja, ich dürfte noch eine Amts­periode machen…. Vielleicht mit einem noch besseren Wahlergebnis? …aber ich bin noch dabei, das Für und Wider abzuwägen. Meine Entscheidung werde ich rechtzeitig bekannt geben. Interview Günther Schöpf
Günther Schöpf
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Vinschger Sonderausgabe

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