Herr über ein Nadelöhr
Bürgermeister Albert Gögele im Gespräch
An der Töll soll ein attraktives Tor zum Vinschgau entstehen – ohne Ampel, ohne Überquerungen der Landesstraße und mit vielen Neuerungen am Radweg, erklärte Bürgermeister Albert Gögele

Lebendige Gemeinde Partschins

Die östlichste Gemeinde des Tales will positiv auffallen und ein attraktives Tor zum Vinschgau werden. 

Publiziert in 28 / 2018 - Erschienen am 28. August 2018

Partschins - Ob Albert Gögele wollte oder nicht, als Bürgermeister in Partschins musste er zum Verkehrsexperten werden. Er steht nicht nur an der Spitze einer wirtschaftlich blühenden Gemeinde, sondern auch der Gemeinde mit dem größten Durchzugsverkehr, den längsten Fahrspur-Teilern und mehreren Ampeln.

der Vinschger: Macht es auch nach 8 Jahren noch Spaß, Bürgermeister zu sein?

Albert Gögele: ‚Woll woll!‘ Ich muss sagen, es ist eigentlich eine schöne Aufgabe. Grad vorhin war ein älterer Bürger bei mir… Wenn man dann Menschen helfen kann und wenn sie dann auch noch dankbar sind... Man hat als Bürgermeister schon auch Möglichkeiten.

Wie sieht derzeit die Zusammenarbeit im Rat und im Ausschuss aus? Hat sich gegenüber der Periode 2010-2015 etwas geändert? 

Es war auch beim 2. Mal nicht ganz einfach. Wir hatten ja die Reduzierung auf 5 Ausschussmitglieder zu bewältigen. Die Zusammenarbeit funktioniert jetzt aber gut. Die Opposition ist die Opposition. Sie nimmt ihre Oppositionsarbeit ernst und vor allem von der Südtiroler Freiheit kommen viele Anfragen. Was ja ihr Recht ist.

Leicht ironisch hat der Bürgermeister im Gemeindeblatt „Zielerwind“ von „einer fleißigen Opposition“ gesprochen. Da ging es um mehrere Anfragen. Was wären Gemeinderatssitzungen in Partschins ohne die Opposition? 

Es wäre vielleicht etwas legerer. 

Wir Journalisten bräuchten gar nicht mehr zur Ratssitzung kommen.

Auch früher saßen Oppositionelle im Rat. Die haben ihre Anfragen mündlich vorgetragen und wir konnten darauf antworten. Jetzt ist es (auf schriftliche Anfragen schriftlich zu antworten) oft eine gewaltige Arbeit für die Mitarbeiter. Das belastet alle und das kostet auch. Natürlich würde andrerseits vieles in informellen Sitzungen vorher abgehandelt werden. 

Der Bürgermeister wollte bei Amtsantritt 2010 mit allen reden und vor allem die Vereine einbeziehen. Ist ihm
das gelungen?

Durch das Projekt „lebendige Orte“, das wir als Gemeinde angeregt haben, sind alle Vereine involviert. Es läuft weiter unter der Federführung des Tourismusvereins. Man trifft sich einmal im Jahr. Die verschiedenen Organisationen können sich dann einbringen und ihre Kritiken loswerden. Eine weitere Möglichkeit, sich zu Wort zu melden, ist die Fragestunde im Anschluss an die Ratssitzung.

Albert Gögele hat als Bürgermeister vor 8 Jahren das Unternehmen Gemeinde Partschins übernommen. Wie fällt eine vorläufige Bilanz aus? Wie geht es der Gemeinde jetzt? Wie steht sie da? 

Ich denke, man sieht in den Dörfern, dass etwas passiert ist…

Vor allem, dass man in Rabland durch viele Straßen nicht durchkommt.

Was wir derzeit machen, ist der Ausbau der Geroldstraße, wo wir die Infrastrukturen erneuern müssen, aber sonst sind der Stadlbauer-Weg und die Lahnstraße befahrbar.

Es hat eine Aussage des Bürgermeisters gegeben, dass die Gemeinde energieautark werden soll. Das E-Werk Birkenwald wurde damals als das wichtigste Projekt bezeichnet. Wie sieht es heute mit der Energieversorgung aus?

In den letzten 8 Jahren ist viel passiert. Was uns am Herzen lag, war sicherlich der Ausbau der Stromproduktion. Für uns eines der wichtigsten Anliegen. Das ist man gleich 2010 angegangen, um die Gemeinde auf finanziell sichere Füße zu stellen. 2012 ist das Kraftwerk Birkenwald in Betrieb gegangen. Als nächstes war der Ausbau der Unterstufe dran. Das Kraftwerk Salten ist letztes Jahr vor der Schneeschmelze in Betrieb gegangen. Neu eingereicht haben wir das Ansuchen um 2 Restwasserkraftwerke; wir stehen kurz davor, die Wasserkonzession zu bekommen. 

Was waren bedeutende Projekte in der 1. Amtsperiode? 

Neben dem KW Birkenwald jede Menge Infrastrukturprojekte, die Texelbahn, die Feuerwehrhalle in Partschins, die Jugendräume und das Sportzentrum

Und welches waren die Schwerpunkte in den letzten 3 Jahren?

Hier ist die Umsetzung des Altersheimprojektes mit 13 Millionen Euro zu nennen. Das Ziel wäre, es im Frühjahr 2019 zu beziehen. Jetzt läuft die Ausschreibung für die Einrichtung. Was eine große Errungenschaft ist, ist der Ankauf des Areals neben dem Schulhaus in Rabland. Fast einen Hektar haben wir gekauft. Dass dies an die 2 Millionen Euro gekostet hat, sieht niemand. Die Leute meinen immer, da kann man nur so mit den Fingern schnippen. Ich glaube, der Ankauf dieses Grundstücks war die Voraussetzung, dass wir überhaupt an die Umsetzung eines Bau-Projektes schreiten können

der Vinschger war bei der Präsentation des Kindergarten- und Turnhallenprojektes dabei. Sogar aus der an sich schweigenden SVP-Mehrheit kamen kritische Anmerkungen. Von der Opposition gar nicht zu reden.

Ihnen ist es wahrscheinlich darum gegangen, ob es eine Doppelturnhalle braucht. Es ist halt ein großes Projekt.

Es ging vor allem um die Kindergartenplätze. Man hat wohl zu lange gewartet, obwohl die Bevölkerungszahl in Rabland nachweislich stark gestiegen ist?

Gottseidank ist das Dorf nicht abwanderungsgefährdet. Tatsächlich wurde die vorgeschriebene Gruppengröße von 25 Kindern im letzten Jahr überschritten, das stimmt. Andrerseits muss man sagen, dass wir hier in Partschins einen nagelneuen Kindergarten mit 3 Gruppenräumen, aber nur 2 Gruppen haben. Ein Raum wäre demnach frei. Natürlich wäre es angenehmer, wenn der Rablander in Rabland bleiben könnte, aber man muss auch flexibel sein. Investitionen sind enorm hoch und man kann nicht alles auf einmal haben. Es braucht alles seine Zeit, die Planung und die Umsetzung.

Ein wenig gestiegen ist die Einwohnerzahl auch durch die SPRAR-Bewohner. Kommen von den Asylanten auch Kindergartenkinder? 

Nein. Wir haben 4 männliche Flüchtlinge. Denen geht es im alten Schulhaus auf der Töll ganz gut – nach anfänglichen Schwierigkeiten. Betreut werden sie von der Bezirksgemeinschaft. Auch eine aktive Freiwilligengruppe bemüht sich um die 3 Pakistani und den Afghanen.  Wir haben viel Solidarität erfahren und wurden von vielen Bürgern unterstützt. Unsere Investitionen haben sich auch dadurch in Grenzen gehalten. Das Wichtigste ist der Beitrag, der von der Bezirksgemeinschaft geleistet wird.

Jeder Bürgermeister wird gefragt, wie es ums schnelle Internet steht.

Beim Breitbandausbau ist es so, dass wir den POP in Partschins ausgestattet haben. Die Handwerkerzone auf der Töll ist mehr oder weniger angeschlossen beziehungsweise die Betriebe haben die Möglichkeit sich anzuschließen. Wir haben die Zusage von der Firma Infranet AG. Das Ziel wäre, nächstes Jahr zumindest in den Zentren den Ausbau flächendeckend umzusetzen. 

Irgendwann kommt man in der Gemeinde Partschins auf den Verkehr zu sprechen. Jedem Verkehrsteilnehmer, der in den Vinschgau oder aus dem Vinschgau will, erwartet ein Hindernisrennen durch Rabland und Töll, ein „Stop and go“  an 3 Ampeln, vorbei an 2 Radar-Säulen und an jede Mange Fahrspurteiler… 

...und wir sind  die Gemeinde mit dem größten Durchzugsverkehr.

Trotzdem hat die einzige Tankstelle in der Gemeinde zugemacht. Wie kommt das?

Wir haben schon vor längerem ein Schreiben von der Betreiber-Gesellschaft bekommen, dass die Tankstelle bis 31. Dezember wegen Umbauarbeiten geschlossen bleibt. Habe allerdings noch nie gesehen, dass gebaut wird, und auch nicht nachgefragt, ob sie nur keinen Pächter finden.

Umso aktiver ist der Straßenmarkt. Jetzt gibt es schon zwei Stände. Ein Gemeinderat hat einmal angemerkt, dass die Stände auf Banngrund stehen, wo sie nicht stehen dürften. Was sagen die heimischen Kaufleute dazu?

Das ist eine komplexe Geschichte. Bei uns in Südtirol gibt es für die Landwirtschaft den Ab-Hof-Verkauf, den Bauernmarkt und den Bauernladen. Wir berufen uns auf das Landesgesetz. Wir haben auch Gutachten dafür da und im Prinzip sind alle Verfahren in die Wege geleitet. Natürlich geht das alles nicht so schnell. Der Standbetreiber beruft sich auf das Staatsgesetz, das vorsieht, dass der Bauer auf seinem Grund überall verkaufen kann. Beide Wiesen hat er gekauft oder gepachtet. Auch die Landesregierung ist bereits eingeschritten. Demnach müsste der Betreiber den ursprünglichen Zustand des Geländes wiederherstellen. Aber – wie in unserem Staat so üblich – wird er durch die Rekurse wieder Zeit gewonnen haben. 

Zurück zum Verkehr. Hat sich im Landes-Straßenbauprogramm die „Umfahrung Rabland“ betreffend etwas geändert? Wie sieht der Zeitplan aus?

Mit der Umfahrungsstraße ist es so, dass man die Auswertung der hydrogeologischen Untersuchungen abwarten muss. Die Analyse soll heuer noch im Sommer vorliegen und aufzeigen, was machbar ist.

Ist was dran an der Anregung der Nachbargemeinde Algund, die eine neue, viel weiträumigere Umfahrung andenkt.

(Zögernd) Da kann ich jetzt nicht sehr viel sagen. Wir haben uns schon getroffen. Es hat ja schon vor Jahren diesbezüglich Vorschläge gegeben. Damals hat der Landeshauptmann aber geraten abzuwarten. Es lag die Möglichkeit einer Querfinanzierung durch das Kraftwerk Töll in der Luft. Damals hielt man es dann letztlich für nicht finanzierbar. Inzwischen gibt es Gespräche, das stimmt, aber es ist jetzt nicht die Zeit, solche flüchtigen Andeutungen nach außen zu tragen. Es gibt überhaupt nichts Konkretes.

Bei der Radwegampel ändert sich nichts; die bleibt? (Bürgermeister Gögele holt Unterlagen und blättert in einer Machbarkeitsstudie)

Auf der Töll haben wir bereits ein Konzept vorliegen, um Obststand, Parkplatz und Zugang zum Marlingerwaalweg neu zu gestalten. In Zusammenarbeit mit den Gemeinden Marling und Algund möchten wir dort unten ein attraktives Tor zum Vinschgau entstehen lassen. Seit 2 Jahren arbeiten wir daran. Wir haben uns den Werkstitel gegeben: „Willkommen an der Ratsstation Töll“. Der Grundeigentümer, die Alperia, hat eine Ausschreibung eröffnet. Vorgesehen sind die Umleitung des Radweges über die Römerbrücke, die Unterführung der Landesstraße, vorbei an einer neuen Raststation und eine Etschbrücke, um die bestehende Trasse zu erreichen. Für unsere Gemeinde und für das Tal ist das die Möglichkeit, eine Attraktion zu schaffen. Immerhin begehen jährlich bis zu 70.000 Personen den Marlinger Waalweg und täglich fahren bis zu 14.000 Autos dort vorbei.

Um das alles umzusetzen, braucht der Bürgermeister eine 3. Amtsperiode.

(Lacht) Ja, mindestens.

Günther Schöpf
Günther Schöpf
Vinschger Sonderausgabe

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