Was die Bürgermeister sonst noch machen ...und was sie von der Mandatsbeschränkung halten
Publiziert in 16 / 2006 - Erschienen am 9. August 2006
Fast alle Bürgermeister im Vinschgau sind nicht nur „erste Bürger“, sondern üben noch weitere Tätigkeiten bzw. Neben- oder Hauptberufe aus, die zum Teil mit ansehnlichen Einkünften verbunden sind. „Der Vinschger“ hörte sich um und fragte die Bürgermeister auch nach ihrer Meinung zur Mandatsbeschränkung. Gemäß Regionalgesetz sollen Gemeindeverwalter (Bürgermeister und Referenten) höchstens 15 Jahre (3 Perioden) in der gleichen Funktion im Amt bleiben können. Sollte die Mandatsbeschränkung 2010 tatsächlich greifen, würde dies viele Verwalter zum „Austritt“ zwingen. Einen „zwingenden“ Bürgermeisterwechsel würde es in Graun, Mals, Schlanders, Schnals, Stilfs, Plaus, Partschins und Kastelbell-Tschars geben. Ungeklärt ist, ob auch Laas dazukäme. Dort gab es 2003 „außertourliche“ Neuwahlen, wobei Andreas Tappeiner zum Bürgermeister gewählt wurde.
Es wird aber auch mehr oder weniger laut gemunkelt, dass die Mandatsbeschränkung fallen könnte, und zwar im Zuge des Landtagswahlgesetzes, das heuer im Herbst behandelt werden soll. „Wenn die Beschränkung aufrecht bleibt, wird sie wohl auch für die Landtagsabgeordneten eingeführt werden,“ sagte der SVP-Landessekretär Alexander Mittermair dem „Vinschger“. Er persönlich glaubt, dass die Beschränkung für die Gemeindeverwalter fallen wird. Er werte die Beschränkung nicht als Allheilmittel: „Die letzten Wahlen brachten auch ohne Beschränkung 33 neue Bürgermeister in Südtirol.“ Die Vinschgauer SVP-Bezirksobfrau Roselinde Gunsch Koch hat unlängst im Kreis der Bezirksobleute beantragt, über das Thema Mandatsbeschränkung zu diskutieren. Die Diskussion müsse auf möglichst breiter Ebene und in allen Gremien geführt werden. Gunsch Koch tritt für eine Regelung ein, die für alle gleich gilt: „Wenn die Beschränkung bei den Gemeindeverwaltern greift, muss sie auch für die Landtagsmandatare gelten.“
Stilfs: Josef Hofer ist seit 1970 Bürgermeister der Gemeinde Stilfs. „Ich bin seit 16 Jahren pensionierter Lehrer und hauptberuflich Bürgermeister,“ sagt Hofer. Die Arbeit in der Gemeinde sei mittlerweile so komplex und umfangreich geworden, „dass die Arbeit als Bürgermeister nebenberuflich nicht mehr zu schaffen ist.“ Hofer ist auch Präsident des Südtiroler Führungsausschusses im Nationalpark Stilfserjoch. Der Mandatsbeschränkung steht er skeptisch gegenüber.
Latsch: Karl Weiss ist erst seit 2005 Bürgermeister von Latsch. Seine Tätigkeit als VI.P-Obmann hat er kurz nach den Wahlen abgegeben. Weiss sieht seine Arbeit als Vollzeitbeschäftigung an: „Ich bin mehr oder weniger immer im Rathaus.“ Von einer Mandatsbeschränkung ist er nicht begeistert: „Mich persönlich träfe es nicht, aber die Bürgermeister werden jetzt ja direkt vom Volk gewählt und wenn die Wähler jemandem über mehrere Perioden das Vertrauen schenken, soll das auch respektiert werden.“ Anderseits könnten Bürgermeister auch abgewählt werden. Enttäuscht ist Weiss von einigen Bürgermeisterkollegen im Zusammenhang mit der Neuregelung der Amtsentschädigungen: „Vor den Wahlen sprach niemand von der Besoldung, nachher aber wohl.“
Prad: Hubert Pinggera, erst seit 2005 Bürgermeister von Prad, ist weiterhin als Amtstierarzt des Sanitätsbetriebs Meran (tierärztlicher Dienst) tätig. „Ich werde monatlich für 48 Stunden für die Tätigkeit als Bürgermeister freigestellt,“ sagt Pinggera. Das Amt als Bürgermeister sei sicher nicht mit jedem Beruf vereinbar. Er nehme für seine Tätigkeit als Bürgermeister auch einen Teil seines Urlaubs her. Der Mandatsbeschränkung steht er grundsätzlich positiv gegenüber. Allerdings sollte es auch für Landespolitiker eine Mandatsbeschränkung geben bzw. bei allen Mandaten, bei denen schon im Vorfeld Listenplätze vergeben werden.
Taufers im Münstertal: In Taufers im Münstertal ist Hermann Fliri seit 2000 Bürgermeister. Zusätzlich zu dieser Tätigkeit ist Fliri auch Mietwagenunternehmer und Betreiber einer Putzfirma. Seine Meinung zur Mandatsbeschränkung ist klar: „Ich bin voll dafür, nach 15 Jahren hat man ‚ausgedient’“.
Mals: In der Gemeinde Mals ist Josef Noggler seit 1991 „erster Bürger“. Er ist zudem Präsident der Bezirksgemeinschaft Vinschgau. Zum Thema Mandatsbeschränkung hält er fest: „Das ist Zuständigkeit der Partei und ich akzeptiere die Beschränkung.“ Ihm persönlich sei es egal, es sollte seiner Meinung nach aber schon so sein, „dass man es dem Bürger gegenüber offen lässt, wen er wählen will.“ Wenn eine bestimmte Kategorie von Altbürgermeistern von der Möglichkeit, das passive Wahlrecht auszuüben, ausgeschlossen wird, wäre das nur schwer nachzuvollziehen. Und wenn überhaupt, „sollte die Beschränkung auf allen Ebenen gleich gelten, auch für die Landtagsabgeordneten.“
Plaus: Arnold Schuler steht der Gemeinde Plaus seit 1985 als Bürgermeister vor. Seit dem 7. Dezember 2005 ist er auch Präsident des Südtiroler Gemeindenverbandes. „Für diese Arbeit brauche ich mehr Zeit als für meine Tätigkeit als Bürgermeister,“ sagt Arnold Schüler. Auch für seinen landwirtschaftlichen Betrieb findet er seither kaum noch Zeit: „Ich musste dafür jemanden anstellen.“ Zur Mandatsbeschränkung findet Schuler klare Worte: „Wenn sie tatsächlich kommt, dann muss sie auf allen Ebenen gelten und nicht nur auf Gemeindeebene.“ Noch schwerwiegender als für manche Bürgermeister könnte eine Mandatsbeschränkung für viele Vizebürgermeister und Referenten werden: „Es gibt Gemeinden, wo niemand mehr übrig bliebe.“ Seit der Direktwahl habe sich einiges verbessert: „Wenn es ein Bürgermeister nicht selbst versteht zu gehen, dann versteht es der Wähler.“ Schuler verweist auch darauf, dass viele Verwalter, die laut Beschränkung gehen müssten, großes Ansehen in der Bevölkerung genießen und über wertvolle Erfahrungen verfügen.
Laas: Im Marmordorf Laas leitet Andras Tappeiner seit 2003 als Bürgermeister die Geschicke der Gemeinde. Er ist zugleich Landwirt und Bezirksobmann des Bauernbundes. „Ich fühle mich in meinen Entscheidungen als Bürgermeister freier, wenn ich weiß, dass ich zuhause meinen Betrieb habe.“ Man brauche so nicht die nächsten Wahlen im Hinterkopf zu haben, „denn sollten mir die Bürger das Vertrauen nicht mehr schenken, habe ich mein ‚Höfl’ daheim.“ Die Aufgabe als Bezirksobmann des Bauernbundes wolle er nicht langfristig ausüben. Als Bürgermeister sehe er Entscheidungen aus einem anderen Blickwinkel als aus dem eines reinen Standesvertreters. Tappeiners persönliche Sicht zur Mandatsbeschränkung: „15 Jahre müssen für einen Verwalter eigentlich ausreichen, um seine Ideen umzusetzen.“ Danach sei ein bestimmter Richtungswechsel nicht schlecht. Tappeiner ist allerdings auch überzeugt, „dass angesichts der Direktwahl der Bürgermeister eine Mandatsbeschränkung nicht mehr nötig ist,“ denn die Bürger seien mündig genug, einen Bürgermeister abzuwählen bzw, eine Erneuerung herbeizuführen.
Schluderns: Erwin Wegmann ist hauptberuflich Bürgermeister von Schluderns, und zwar seit 2005. Mit der Mandatsbeschränkung ist er grundsätzlich einverstanden, „aber sie muss auch für die Landespolitiker in Bozen gelten und nicht nur in der Peripherie.“ Laut Wegmann müssten 3 Perioden für einen Bürgermeister reichen, um Ideen und Visionen umzusetzen. Andererseits könnten die Bürger aufgrund der Direktwahl einen Bürgermeister aber auch abwählen, wenngleich bestimmte „Lenkungsmanöver“ bestehen bleiben, vor allem im Zuge der Nominierung der Bürgermeisterkandidaten.
Glurns: Die Stadtgemeinde Glurns wird seit 2000 von Bürgermeister Erich Wallnöfer geführt. Wallnöfer ist zugleich auch selbstständiger Bauunternehmer. Zur Mandatsbeschränkung hält er fest: „Wenn sie schon für die Gemeindeverwalter greifen soll, dann muss sie auch für die Landtagsabgeordneten gelten.“ Eine Rotation sei nach einer bestimmten Zeit zwar angebracht, „aber ginge es nach mir, würde ich nicht 15, sondern 20 Jahre als Limit festschrieben.“
Graun: Albrecht Plangger ist seit 1990 Bürgermeister der Gemeinde Graun. Er ist auch Zolldirektor am Reschenpass und Präsident des Konsortiums der Gemeinden für das Wassereinzugsgebiet der Etsch. Zur Mandatsbeschränkung meint Plangger: „Ich habe mich damit abgefunden: wenn die Partei das so will, soll es eben so sein.“ Mit der Einführung der Direktwahl der Bürgermeister habe sich allerdings einiges geändert. Ob es tatsächlich angebracht ist, dass im Vinschgau bei den nächsten Wahlen rund die Hälfte und im Burggrafenamt an die zwei Drittel der Bürgermeister nicht mehr kandidieren können, bleibe dahingestellt. Plangger tritt dafür ein, dass Klarheit geschaffen wird, und zwar möglichst rasch. „Das Schlimmste wäre es, wenn jetzt noch jahrelang hin- und herdiskutiert wird“ und die Angelegenheit möglicherweise bis nach den nächsten Landtagswahlen verschleppt werde.
Schnals: Hubert Variola ist seit dem Jänner 1986 Bürgermeister der Gemeinde Schnals. Hauptberuflich ist er als E-Werk-Direktor von Latsch und von Schlanders tätig. Der Mandatsbeschränkung steht er positiv gegenüber: „Zwischendurch ein Wechsel tut gut.“ Bedenken hat Variola allerdings in Bezug auf kleine Gemeinden mit nur wenigen hundert Einwohnern: „Solche Gemeinden könnten da schon Probleme bekommen. Sollte etwa in Plaus ein Arnold Schuler wegfallen, lässt sich wohl kaum ein so guter Mann finden.“ Variola kann sich daher vorstellen, die Mandatsbeschränkung möglicherweise auf größere Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern einzuschränken. Das System der Direktwahl hat auch laut Variola positive Änderungen gebracht: „Die Bürgermeister müssen sich ja direkt den Wählern stellen.“
Kastelbell-Tschars: In der Gemeinde Kastelbell-Tschars ist Josef Alber seit 1993 Bürgermeister. Er ist beruflich zusätzlich als Ingenieur tätig. Für diese Arbeit wendet er mehr Zeit auf als für seine Tätigkeit als Bürgermeister. „Andererseits kann ich Erfahrungen aus meinem Beruf in meine politische Tätigkeit als Bürgermeister einbringen,“ sagt Alber. Die Mandatsbeschränkung findet in Ordnung, „sie muss aber klar geregelt sein.“
Martell: In Martell ist Peter Gamper seit 2000 Bürgermeister. Neben dieser politischen Tätigkeit ist Gamper auch Geschäftsführer der Marteller Erzeugergenossenschaft MEG. Die Mandatsbeschränkung stuft er als „vollkommen richtig“ ein: „Nach einer gewissen Zeit ist ein Wechsel notwendig und angebracht.“
Partschins: In Partschins ist Robert Tappeiner seit einer „Ewigkeit“ Bürgermeister, nämlich seit 1964. Seit seiner Pensionierung (er war Lehrer und 19 Jahre lang Schuldirektor), ist er hauptberuflich Bürgermeister. Tappeiner hatte schon vor den letzten Wahlen erklärt, zum letzten Mal anzutreten: „Für mich persönlich ist das Thema Mandatsbeschränkung daher nicht aktuell, aber ich glaube, dass die Direktwahl den Willen des Wählers aufgewertet hat.“ Der Wähler sei reif genug: „Wenn er glaubt, dass ein Bürgermeister gut arbeitet, soll er ihn wählen können, auch über 3 Perioden hinaus. Wenn der Wähler aber glaubt, der Bürgermeister habe in 5 Jahren schlecht gearbeitet, kann er ihn ja schon nach einer Periode wieder abwählen.“
Schlanders: Im Vinschger Hauptort Schlanders sitzt Johann Wallnöfer seit 1995 auf dem Bürgermeistersessel. Er ist zusätzlich auch Bezirksleiter des Bauernbundes und betreibt einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb. In punkto Mandatsbeschränkung schließt sich Wallnöfer der Meinung des Gemeindenverbands-Präsidenten Arnold Schuler und weiterer Bürgermeisterkollegen an: „Wenn schon eine Beschränkung greifen soll, dann stehe ich für eine Gleichbehandlung zwischen Gemeinde- und Landespolitikern ein.“ Auch Wallnöfer ist von der Reife und Mündigkeit der Bürger überzeugt. Schon bei den jüngsten Wahlen sei es aufgrund der Direktwahl zu einer „Auslese“ gekommen.
Naturns: Andraes Heidegger, pensionierter Grundschullehrer, ist seit 2005 hauptberuflich Bürgermeister in Naturns. Er widmet sich ausschließlich der Bürgermeistertätigkeit. Auch Heidegger ist überzeugt, dass die Direktwahl der Bürgermeister entscheidende Veränderungen gebracht hat: „Schon bei den letzten Wahlen war zu spüren, dass die Wähler dieses demokratische Mittel zu nutzen wissen.“ Das sprichtwörtliche „Sesselkleben“ scheine der Vergangenheit anzugehören. Heidegger erachtet eine Mandatsbeschränkung als nicht mehr notwendig. Wenn sie aber kommt, „muss eine Gleichstellung mit den Landtagsabgeordneten eingeführt werden.“

Josef Laner