Partei in Not
Im Bild (v.l.): Der scheidende SVP-Obmann Richard Theiner, der stellvertretende Chef der SVP Vinschgau, Helmut Fischer, der Bürggräfler SVP-Obmann Karl Zeller sowie sein Stellvertreter Zeno Christanell, der als einer der neuen SVP-Stellvertreter nominiert wurde.

„Wir dürfen jetzt nicht ins Chaos stürzen“

Publiziert in 14 / 2014 - Erschienen am 16. April 2014
SVP Bezirke Burggrafenamt und Vinschgau nominieren Philipp Achammer und Zeno Christanell für die Wahl der Parteispitze Der so genannte Rentenskandal, aber nicht nur, hat die SVP nahe an den Abgrund geführt. „Wir haben Vertrauen verloren und sind zudem fast zahlungsunfähig. Der Karren steckt tief im Dreck. Wir können es uns nicht leisten, jetzt ins Chaos zu stürzen.“ Es waren klare Worte, mit denen der Burggräfler Bezirksobmann Karl Zeller am 11. April bei der gemeinsamen Ausschusssitzung der SVP-Bezirke Burggrafenamt und Vinschgau dazu aufrief, Philipp Achammer als neuen Obmann und Zeno Christanell als einen der drei neuen Stellvertreter zu nominieren. Der Vinschger Bezirksobmann Albrecht Plangger, der aufgrund des plötzlichen Todes seines Schwiegervaters Peppi ­Plangger nicht anwesend sein konnte, hatte seinem Stellvertreter ­Helmut Fischer eine klare Botschaft zum Rentenskandal mitgegeben. Demnach ist es laut Plangger unerlässlich, ungerechtfertigte Privilegien abzuschaffen und eine für alle rechtsgültige und vor allem transparente Lösung zu finden. Dann aber müsse endlich Schluss sein. Jeder Südtiroler habe mittlerweile seine Meinung zu diesem Thema gesagt. „Dann aber muss Schluss sein“ Helmut Fischer, Karl Zeller und Parteifunktionäre aus allen Richtungen dankten dem scheidenden Obmann Richard Theiner für seine ehrenamtliche Parteiarbeit. Es sei Theiner, „der die Zeche für andere zahlen muss“, der einen „verdammt guten Job in verdammt schwierigen Zeiten gemacht hat“, der die Basis aufgewertet und viele Wahlen trotz unfairer Querschläge mächtiger Lobbys erfolgreich geschlagen hat, der für alle Skandale und Skandälchen als Obmann den Kopf herhalten musste, der oft allein im Regen stand. Die „gekränkte Stimmung“ bei vielen Funktionären aus dem Vinschgau, dem Heimatbezirk von Theiner, schlug sich auch auf das Ergebnis der Obmann-Nominierung für die Landesversammlung am 3. Mai nieder. Während die Burggräfler mit über 80% der Stimmrechte (136 von 164) für Achammer stimmten, sprachen sich die Vinschger „nur“ mit 60 von 89 Stimmen für Achammer aus. 23 Stimmzettel waren weiß. Achammer war übrigens nicht anwesend, was von einigen bedauert wurde. Zeller sagte, dass Achammer zunächst ausloten wolle, wie stark der Rückhalt in den Bezirken für ihn als Obmann sei. Grundsätzlich sei Achammer bereit, die Obmannschaft zu übernehmen. Die frühere Vinschger SVP-Bezirksobfrau Roselinde Gunsch Koch hatte vor der Abstimmung bedauert, „dass wir den Obmann verloren haben. Andere haben dafür gesorgt. Königsmörder sind noch nie belohnt worden.“ Gekränkte Vinschger Funktionäre Mehrere Vertreter aus beiden Bezirken betonten, dass man jetzt trotz der verständlichen „Kränkung“ im gemeinsamen Interesse beider Bezirke und der gesamten Partei möglichst geschlossen nach vorne schauen und Philipp Achammer sowie Zeno ­Christanell das Vertrauen schenken sollte. Wie schon Fischer bedauerte auch Gunsch Koch, dass es erneut nicht gelungen ist, die Ämter Landeshauptmann und Parteiobmann zu vereinen. Fischer: „Es wird leider auch künftig so sein, dass alles, was gut ist, der Landesregierung gutgeschrieben wird, und für alles, was nicht gut läuft, die Partei verantwortlich ist.“ Mit einem sehr breiten Vertrauensvorschuss aus beiden Bezirken wurde der Naturnser Gemeindereferent Zeno Christanell als Obmannstellvertreter nominiert. „Ich dränge mich für diese Aufgabe nicht auf, sondern kandidiere genau deshalb, weil wir uns in einer Krise befinden“, hatte ­Christanell vorausgeschickt. An der Parteispitze brauche es nicht nur „Häuptlinge“, sondern auch „Indianer“. Als weitere Stellvertreter werden übrigens die ­Möltner Bürgermeisterin Angelika Wiedmer sowie Daniel ­Alfreider für die Ladiner gehandelt. „Jene, die Geld und Macht haben, setzten sich nicht durch“ In seinem Rückblick auf seine Zeit als Obmann nannte Theiner viele Höhen und Tiefen. Kritisch merkte er an, dass seinerzeit ein weitreichenderes Gesetz zur Regelung der direkten Demokratie hätte auf den Weg gebracht werden sollen: „Wir werden jetzt dieses Thema noch einmal angehen müssen.“ Die Gemeinderatswahlen 2010 seien ein großer Erfolg gewesen. Ein herber Rückschlag war der SEL-Skandal: „Der totale Tiefschlag kam im Herbst 2012, als bekannt wurde, dass Konzessionen erschwindelt wurden. Jene, die dem Landeshauptmann Durnwalder immer am meisten geschmeichelt hatten, waren damals die ersten, die mich aufforderten, einen Putsch zu machen und ihn zu stürzen. Ich habe den Dolch aber nicht angesetzt und bereue das bis heute nicht.“ Der Pakt mit dem PD, der im Vorfeld der Parlamentswahlen 2013 geschlossen wurde, war von „wesentlichen Kreisen“ kritisiert worden. Die Wahlen selbst wurden dennoch zu einem Riesenerfolg. Theiner: „Jene, die Geld und Macht haben, setzten sich nicht durch.“ Das Ergebnis bei den jüngsten Landtagswahlen war zwar achtbar, „ist aber nicht unser Anspruch.“ Zum Rentenskandal meinte der scheidende Obmann: „Alle 70 Landtags- und Regionalratsabgeordnete haben Fehler gemacht.“ Es sei schäbig, wenn manche versuchen, sich herauszureden. „Nicht korrekt ist aber auch das, was aus dieser Sache medial gemacht wurde.“ „Alle 70 haben Fehler gemacht“ Bei „gezielten Angriffen“ aus bestimmten Bezirken gegen die Parteiführung sei es darum gegangen, „über die Partei die Landesregierung zu stürzen.“ Manchen hätte die Zusammensetzung der neuen Landesregierung, die einen fulminanten Start hingelegt habe, nicht ins Konzept gepasst. Theiner: „Politik darf nicht nur mehr von Lobbys gemacht werden.“ Als er spürte, „dass mich einige Leute auf diese Art angreifen, entschloss ich mich zu gehen.“ Zu den Schulden der SVP sagte Theiner, „dass wir heute trotz einer starken Kürzung bisheriger staatlicher Einnahmen weniger Schulden haben als vor 5 Jahren.“ Inhaltlich gesehen sieht Theiner die Partei gut aufgestellt. Es gebe keine Alternative zur Autonomie. Strukturelle Veränderungen seien zwar anzugehen und seien in der Zentrale in Bozen bereits vorgenommen worden, „aber die Bezirksstrukturen müssen unbedingt erhalten bleiben.“ Personell sei die SVP stark: „Wir haben mit 3.000 ehrenamtlichen Funktionären einen unglaublichen Fundus.“
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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