10 Jahre PBZ Schlanders

Publiziert in 42 / 2016 - Erschienen am 23. November 2016
Das Pädagogische Beratungszentrum Schlanders (PBZ) feiert heuer sein 10-jähriges Bestehen. der Vinschger hat zu diesem Anlass mit den zuständigen Mitarbeiterinnen ein Gespräch geführt. der Vinschger: 10 Jahre PBZ, welches sind die Aufgaben dieser Beratungsstelle? Waltraud Plagg (Leiterin des PBZ Schlanders): Seit 1987 gibt es das Pädagogische Institut in Bozen, welches vor einigen Jahren in das Bildungsressort integriert wurde und nun Bereich für Innovation und Beratung, kurz BIB, heißt. Um den Kindergärten und Schulen, aber auch den Eltern und Schülern vor Ort Beratung in verschiedensten Bereichen anzubieten, wurden 2006 in ­allen Bezirken Pädagogische Beratungszentren eingerichtet. Welches sind die Angebote der Beratungsstelle? Waltraud Plagg: Vor Ort gibt es Beraterinnen für die Bereiche Organisations- und Unterrichtsentwicklung, Integrations- und Schulberatung und das Sprachenzentrum für den Bereich Migration. Gesundheitsförderung, ­Supervision und Zweite Sprache werden von Beraterinnen aus Meran und Bozen mitbetreut. Andrea Perger: Die Organisationsentwicklung begleitet Kindergärten und Schulen in Entwicklungsprozessen. Diese können von außen kommen, wie etwa Schulreformen, meistens sind es aber Vorhaben, die die Bildungseinrichtungen selbst initiieren. Etwa eine be­stimmte Schwerpunktsetzung. Damit gute Bildungsarbeit stattfinden kann, braucht es sehr viel Abstimmung zwischen den Kindergärtnerinnen bzw. Lehrpersonen. Es gilt z.B. gemeinsam zu klären: Welche pädagogische Grundhaltung haben wir? Wie gestalten wir Übergänge? Wie reagieren wir auf schwierige Situationen und gesellschaftliche Veränderungen? In diesem Jahr legen Schulen zudem ihre dreijährigen Bildungspläne fest, das ist sehr viel Arbeit. Maria Luise Muther: Die Hauptzielgruppe der Unterrichtsentwicklung sind die Lehrpersonen, wobei der Schwerpunkt auf teamorientierter Unterrichtsentwicklung liegt. Wir leisten Beratung und Hilfestellung für Lehrpersonen und Schulen, wenn es um nachhaltige Formen des Lehrens und Lernens geht. Ausgehend von einem ganzheitlichen Ansatz werden Fortbildungen für Lehrkräfte sowie Begleitung und Beratung für neue Lernformen angeboten. Nach heutigem Verständnis von Unterricht übernimmt die Lehrperson die Rolle des Unterrichtsbegleiters, sie bereitet das Lernumfeld vor und berät Schüler. Akteure im Unterricht sind die Schüler selbst. Wichtige Themen sind Individualisierung, Umgang mit Vielfalt, Kompetenzorientierung, kooperatives Lernen, Teamentwicklung, Lernberatung, Dokumentation der Lernentwicklung und Leistungsbewertung. Wo liegt die große Stärke Ihrer Dienste? Wer nimmt sie konkret in Anspruch? Waltraud Plagg: Wir sind ein Dienst auf Anfrage. Wir drängen uns nicht auf, wir üben auch keine Kontrolle aus, sondern wir unterstützen, wenn jemand Unterstützung will. Schulen oder Lehrerteams, aber auch einzelne Lehrpersonen sowie Eltern und Schüler können sich an uns wenden. Welches sind die Aufgaben der Integrations- und Schulberatung? Johanna Stecher: Unsere primäre Zielgruppe sind die Lehrpersonen, wir arbeiten aber auch mit Eltern und Schülern. Unsere Aufgabe ist es, Lehrpersonen zu beraten und sie zu befähigen, in herausfordernden Situationen handlungsfähig zu bleiben. Auf Anfrage kommen wir auch direkt in die Kindergartengruppe bzw. Klasse und beobachten, um einen Blick von außen zu geben. Mit Hilfe von Gesprächen versuchen wir eine genaue Situations­analyse zu machen und Problemlösungsstrategien anzukurbeln. In schwierigen Situationen versuchen wir alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um so das Verständnis füreinander zu fördern. Auch weisen wir gegebenenfalls Eltern und Schüler an andere Dienste weiter, wie psychologischer Dienst, ­Sozialdienst, Familienberatung … Irene Rechenmacher: Eltern melden sich zum Beispiel auf Anraten einer Lehrperson bei uns oder sind über unsere Flyer auf uns aufmerksam geworden. Wir geben Hilfestellungen bei schulischen Problemsituationen, z.B. Lernproblemen, verschiedenen psychosozialen Problemen usw. Das Hinschauen von außen hilft, das Problem in einem anderen Licht zu sehen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation zu finden. Unsere Arbeitsweise ist ressourcen-und lösungs­orientiert, wir helfen, die Stärken der Personen zu entdecken und zu mobilisieren. Kinder und Jugendliche versuchen wir in der Bewältigung des Schulalltags zu unterstützen. Wir nehmen ihre Anliegen ernst und versuchen den Problemen auf den Grund zu gehen. Oft sind ihre Schwierigkeiten nur ein Symptom für eine herausfordernde Situation in- und außerhalb der Schule. Wir versuchen eine Art Schaltstelle zwischen Eltern, Schule und einzelnen Institutionen zu sein. Die Wartezeiten sind bei uns wesentlich kürzer und unser Angebot ist niederschwelliger als in anderen Beratungsstellen. Ein Schwerpunkt im Bereich Integration ist die Umsetzung des Gesetzes 170/2010 zu den Lernstörungen. Gezielte Lernbeobachtung und didaktische Maßnahmen sollen den Lernerfolg aller Schüler sichern. Eine relativ neue Herausforderung ist die Integration von Schülern mit Migrationshintergrund? Waltraud Plagg: Wenn Kinder und Jugendliche ohne Deutschkenntnisse als Quereinsteiger in den Kindergarten oder die Schule kommen, ist das für alle eine ­große Herausforderung. Vorrangig ist in diesem Fall der Sprach­erwerb. Quereinsteiger werden sofort in eine Klasse eingeschrieben und erhalten in der ersten Phase zusätzlichen Deutschunterricht. Im Gesamten betrachtet gelingt die Integration meistens gut. Es gibt inzwischen viele Schüler aus anderen Ländern, die erfolgreich eine Oberschule, eine Berufsausbildung oder auch ein Studium abgeschlossen haben und auch sehr gut integriert sind. Es gibt natürlich auch Kinder und Jugendliche, wo das nicht so leicht gelingt. Schulen haben in diesen Fällen oft den Eindruck, dass Eltern kein Interesse an der Schule haben, was meistens nicht stimmt. Aber mangelnde Sprachkenntnisse und fehlendes Wissen über unser Schulsystem erschweren die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule. In vielen Ländern ist diese Zusammen­arbeit unbekannt und Einladungen zu Sprechstunden sind z.B. bei den Eltern oft mit sehr viel Angst besetzt. Im Bereich Gesundheitsförderung gibt es einige erfolgreiche Projekte auch an kleinen Schulen. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit anderen Partnern, z.B. der Südtiroler Bäuerinnenorganisation? Annalies Tumpfer: Ja, das ­Kooperationsprojekt „Mit Bäuerinnen wertvolle Lebensmittel erleben“ wird seit zwei Jahren mit Erfolg umgesetzt; es soll einen echten Kontakt zur bäuerlichen Kultur sowie einen respektvollen Umgang mit Lebensmitteln ermöglichen. Es gibt jedoch neben diesen Projekten auch eine solide Verankerung des wissenschaftlich gestützten Programms ­„Eigenständig werden“, bei dem die Förderung der Lebenskompetenzen und Lebensfreude und somit die Stärkung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen zentrale Anliegen sind. Eine unserer vorrangigen Aufgaben ist die Stärkung der Lebens- und Gesundheitskompetenzen, d.h. Menschen zu befähigen, für die eigene Gesundheit Sorge zu tragen. Haben Sie noch Wünsche offen? Waltraud Plagg: Wir wünschen natürlich, dass die Schulen unsere Dienste als Unterstützung und Bereicherung erleben. Derzeit sind unsere Büros noch auf zwei Schulstellen verteilt und wir hoffen, dass wir nach der Fertigstellung der neuen TFO alle gemeinsam die Büroräume in der heutigen TFO (ehem. Gewerbeoberschule) beziehen können. Interview: Ingeborg Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Vinschger Sonderausgabe

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