Apfellager statt Stacheldraht?
Soll das Lager der OVEG im ehemaligen Munitionsdepot in Tschengls (Bild links) oder auf einem Grundstück im Bereich der Prader Handwerkerzone (Bild rechts) gebaut werden? – Diese Entscheidung haben in Kürze die Mitglieder der OVEG zu fällen.

Apfellager statt Stacheldraht?

Publiziert in 12 / 2006 - Erschienen am 14. Juni 2006
Eine weit reichende Entscheidung steht den 169 Mitgliedern der Obst- und Gemüsegenossenschaft OVEG mit Sitz in Eyrs ins Haus. Es geht um den Standort des Außenlagers, das bis zum Herbst 2007 stehen soll. Während der Vorstand der OVEG das ehemalige Munitionsdepot in Tschengls als Standort vorzieht, möchten nicht wenige Genossenschaftsmitglieder, die vorwiegend aus Prad und Schluderns stammen, dass das Lager in der Prader Handwerkerzone gebaut wird. Auch ein dritter Standort in Eyrs steht zur Diskussion. „Die Vollversammlung ist der Souverän und sie ist es, die in Kürze entscheiden wird,“ sagte OVEG-Obmann Raimund Prugger dem „Vinschger“. Von Sepp Laner Über den Standort des Außenlagers hätte bereits bei der Vollversammlung am 26. Mai abgestimmt werden sollen. Laut dem Obmann tauchten aber noch Fragen und Zweifel auf, sodass die Entscheidung verschoben wurde. Nun ist es eine Expertengruppe, die sich eingehend mit den Vor- und Nachteilen aller drei Standort-Vorschläge befasst. „Wir erwarten uns eine neutrale Bewertung, die endgültige Entscheidung werden dann in Kürze die Mitglieder zu treffen haben,“ sagt der Obmann. An der Notwendigkeit, dass die OVEG dringend ein Außenlager braucht, zweifle niemand. In den Zellen am Sitz der Genossenschaft in Eyrs haben rund 1.400 Waggon Äpfel Platz. Die OVEG hat in den vergangenen Jahren massiv investiert. Eine zusätzliche Erweiterung vor Ort ist bautechnisch so gut wie unmöglich. Für die bevorstehende Ernte erwartet die OVEG zwischen 1.700 und 1.800 Waggon Äpfel. Im Vorjahr wurden an die 1.500 Waggon angeliefert. Raimund Prugger und sein Vorstand rechnen damit, dass der Obst- und Gemüsebau weiter zunehmen wird. In den letzten drei Jahren kamen im rund 1.200 Hektar umfassenden Einzugsgebiet der OVEG jährlich über 30 Hektar an Obstbauflächen neu hinzu. Der Trend dürfte anhalten. Es ist anzunehmen, dass infolge des bevorstehenden Baus der Beregnungsanlage „Untere Malser Haider“ neue Anbauflächen dazu kommen, wobei hierbei aber in erster Linie an den Gemüsebau zu denken ist. Die Apfelwiesen reichen derzeit hinauf bis Tartsch und teils auch bis Laatsch und Burgeis. Die jährliche Gemüseproduktion der OVEG, bei der es sich vorwiegend um Blumenkohl handelt, liegt bei rund 260 Waggon. „Keine Kathedrale in der Wüste“ Den besten Standort für das Außenlager ortet der OVEG-Vorstand im ehemaligen Munitionsdepot in Tschengls. Im Volksmund heißt dieses Areal „Badl“. Das Lager soll am Bergfuß entstehen. „Dieser Standort bietet die Möglichkeit, Grundflächen zu nutzen, die dem Land bzw. der Versuchsanstalt Laimburg gehören und wo die Gemeinde bereits eine Produktionszone ausgewiesen hat,“ argumentiert Raimund Prugger. Es handle sich somit um eine Kulturgrund schonende Lösung, wobei auch die ehemaligen Militäranlagen verschwinden würden. Weiters würde das Außenlager nicht irgendwo mitten in der Talsohle entstehen, was eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Folge hätte. „Wir wollen keine Kathedrale in der Wüste, sondern ein zweckmäßiges Außenlager mit Kühlzellen, Waage und Verladeraum,“ sagt der Obmann. Die Möglichkeit einer künftigen Erweiterung solle aber bei jedem Standort gegeben sein: „Um auch in Zukunft ausbaufähig zu sein, braucht es insgesamt eine Fläche von 4 bis 5 Hektar. Das heißt aber nicht, dass alles sofort verbaut werden muss.“ Rund 75 Prozent der OVEG-Äpfel wachsen im Gebiet zwischen Eyrs und Tschengls, der Rest im oberen Teil des Einzugsgebietes. Der zweite Standort, über den diskutiert wird, liegt in Prad, und zwar auf einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück in der Handwerkerzone in der Nähe des Unternehmens Interfama. Von der einstigen Absicht, das Außenlager im Gebiet der „Prader Sand“ bzw. der „Kultur“ zu errichten, ist die OVEG trotz eingehender Verhandlungen mit der Fraktionsverwaltung Prad endgültig abgegangen. Wäre an diesem Standort festgehalten worden, hätte es wohl Rekurse gegeben. Am Standort Prad heben die Befürworter vor allem die gute logistische Verbindung zur Staatsstraße hervor. Ein 100-prozentiger Befürworter ist unter anderem Lothar Burger aus Prad: „Der Standort in Prad wäre zentral gelegen, er befände sich weder links noch rechts der Talsohle an einem Bergfuß und die logistische Anbindung wäre dank des Viadukts ideal. Wäre bei der Vollversammlung abgestimmt worden, hätte die Mehrheit für den Standort Prad entschieden.“ Zu bedenken gibt Burger, dass das Lager in Tschengls auf einer Fläche von 1,9 Hektar am Bergfuß errichtet werden müsste und zwar in Form eines „gezogenen Schlauchs“ und nicht in rechteckiger Form, wie dies in Prad möglich wäre. Auch der Untergrund in Tschengls sei alles eher als gut. „In Prad könnte man 2 Hektar sofort bekommen und später bei Bedarf noch zusätzliche Flächen,“ sagt Burger. Der dortige Kanal könne problemlos überbaut werden. „Standort Prad wäre ideal“ In Prad müsse zwar Kulturgrund genutzt werden, doch dies wäre im Falle einer künftigen Erweiterung auch in Tschengls notwendig. Außerdem sei der Standort Prad in die Handwerkerzone eingebunden. Die Gemeinde Prad stehe dem Vorhaben positiv gegenüber. Keine wesentliche Rolle ist laut Burger dem Argument beizumessen, dass der Grund in Tschengls günstiger zu haben ist als in Prad. Er verweist auch auf die zu erwartende Zunahme der Obst- und Gemüseflächen aufgrund des Beregnungsbaus im Gebiet von Schluderns, Glurns und anderen Orten. Lothar Burger ist überzeugt, dass sich Prad sowohl als Standort des Außenlagers gut eignen würde als auch als möglicher künftiger Sitz der Genossenschaft, „zumal ja über die Selbstständigkeit der OVEG, sprich über eine eigene Verarbeitung und Sortierung nachgedacht wird. Auf die Richtlinie der dezentralen Verarbeitung hat sich ja auch die VI.P eingeschworen.“ Die OVEG liegt laut Burger in einem Siedlungsgebiet am Bergfuß, „und eine befahrbare Betondecke, wie sie in Eyrs gebaut wurde, gibt es in ganz Südtirol nicht.“ Sortiert und verpackt werden die OVEG-Äpfel derzeit in der ALPE in Laas, mit der die OVEG einen auf zehn Jahre ausgelegten Kooperationsvertrag abgeschlossen hat. Diese Vereinbarung ist jetzt im zweiten Jahr in Kraft. Als möglicher dritter Lager-Standort ist auch eine landwirtschaftliche Grünzone im Bereich der Handwerkerzone in Eyrs (Hexentanz) vorgeschlagen worden. „Äpfel hin- und herkarren ist sinnlos“ „Als Gemeinde Laas sind wir bemüht, den Obstgenossenschaften in der Gemeinde Platz zu geben,“ meint der Laaser Bürgermeister Andreas Tappeiner. Weil die OVEG in Eyrs keine Erweiterungsmöglichkeiten hat, habe sie bei der Gemeinde den Bedarf eines Außenlagers angemeldet, „und wir haben als Verwaltung die Bauleitplanänderung bezüglich des ehemaligen Munitionsdepots in die Wege geleitet.“ Rund 2 der 2,7 Hektar großen Produktionszone im „Badl“ seien für die OVEG reserviert. Auf dem restlichen Teil sollen Handwerksbetriebe angesiedelt werden. Die neue Produktionszone ist auch im Landschaftsplan der Gemeinde Laas als solche ausgewiesen. Die Landesregierung hat den Landschaftsplan zusammen mit jenem der Gemeinde Prad am 6. Juni nach langem Hin und Her genehmigt. Als Biotop wurden in Tschengls nicht 8, sondern nur mehr rund 2 Hektar ausgewiesen. Das Biotop bezieht sich laut Tappeiner auf das bestehende Feuchtgebiet. Die Landesregierung habe sich den vorab mit Landesrat Michl Laimer vereinbarten Kompromiss zu eigen gemacht. „Wenn rund zwei Drittel der Äpfel im Gemeindegebiet von Laas erzeugt werden, hat es wohl wenig Sinn, diese von Laas nach Prad zu karren und dann für die Verarbeitung wieder zurück nach Laas,“ ist der Laaser Bürgermeister überzeugt. Dies sei aber nur seine persönliche Meinung, die Entscheidung obliege den Mitgliedern. Sollte der Obstbau von Prad aufwärts in Zukunft tatsächlich stark zunehmen, könne man immer noch über den Bau einer Genossenschaft bzw. eines Lagers in Prad oder Schluderns nachdenken. „Fusion wäre die beste Lösung“ Eher skeptisch über den geplanten Bau eines neuen Lagers äußerte sich Landesrat Hans Berger auf Anfrage: „Anstatt sich weiter zu zersplittern wäre eine Fusion der zwei Obstgenossenschaften OVEG und ALPE sicher die sinnvollste Lösung. Der Kostenfaktor, sprich die Kostenreduzierung, wird in Zukunft eine ganz wichtige Rolle spielen, und wer glaubt, die Apfelpreise werden steigen, gibt sich Illusionen hin.“ Eine von ihm in Auftrag gegebene Studie belege, dass die ideale Größe einer Genossenschaft gegeben sei, wenn sich die jährliche Apfelmenge auf nicht weniger als 4.000 und nicht mehr als etwa 9.000 Waggon belaufe. Für die ALPE und die OVEG wäre ein Zusammenschluss somit sehr günstig. Dem Fusionsgedanken steht Raimund Prugger durchaus positiv gegenüber. Der Kooperationsvertrag könne als erster Schritt gewertet werden, als „Verlobung“ sozusagen, „aber zum Heiraten braucht es immer zwei.“
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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