„Ohne Deutsch keine Arbeit“
Wie sich Freiwillige für Asylwerber einsetzen
Unterrichtsstunde mit Magdalena Steck Pobitzer.
Magdalena und Friedl Pobitzer.

Arbeit ist das Um und Auf

Wertvolle Freiwilligenarbeit für die Bewohner des Hauses Ruben in Mals. Unwissenheit führt zu Vorurteilen. 8 Euro pro Kopf und Tag.

Publiziert in 12 / 2017 - Erschienen am 5. April 2017

Mals - Viele Vorurteile, denen sich Asylwerber ausgesetzt ­sehen, haben ihre Wurzeln in der Unwissenheit oder in den Folgen von Stammtisch-Parolen. Ein insgesamt positives Beispiel dafür, wie man Asylwerber aufnimmt, sie unterstützt, begleitet und ihnen bei den ersten Schritten der Integration hilft, bietet das Haus Ruben in Mals. In der von der Caritas geführten Einrichtung, die im September 2015 eröffnet wurde, leben derzeit 50 Asylwerber. Beim Großteil handelt es sich um junge Männer aus Nigeria, Ghana, Gambia, der Elfenbeinküste und aus Pakistan. Sie waren leider gezwungen, ihre Heimat aus verschiedenen Gründen wie Krieg, Verfolgung usw. zu verlassen. Die Aufschrift ­„Willkommen“ befindet sich noch immer im Eingangsbereich des Hauses Ruben. Um das Thema rund um die Aufnahme von Asylwerbern einigermaßen umfassend zu behandeln und Hand in Hand damit bestimmte Vorurteile abzubauen, sind verschiedene Aspekte zu beleuchten.

Vorurteile abbauen

Mit diesem ersten Beitrag versucht die Bezirkszeitung
der Vinschger, den Aspekt der Freiwilligenarbeit zu vertiefen. Magdalena Steck Pobitzer aus Mals ist eine von 8 Lehrerinnen und Lehrern, die den Asylwerbern seit dem Herbst 2015 freiwillig im Haus Ruben die deutsche Sprache unterrichten. Die Freiwilligen sind in der Regel jeweils zwei Stunden pro Woche im Haus Ruben, wo sie den Asylwerbern in eigenen Zimmern Deutschunterricht geben. Wie kam Magdalena dazu, sich freiwillig zu engagieren? „Ich habe im Vorfeld der Ankunft der Asylwerber an der Informationsversammlung teilgenommen, die in Mals stattgefunden hat, und bei der eine durchwegs positive Grundstimmung zu verspüren war. Es war dann Zita Ziernhöld Pritzi aus Tartsch, die mich animiert hat, mich als Freiwillige einzubringen.“

Ein Netzwerk entsteht

Auf die Initiative von Zita hin ist es gelungen, eine starke ­Gruppe für die Freiwilligenarbeit zu motivieren. „Unsere Hauptaufgabe sehen wir im Vermitteln der deutschen Sprache. Ohne Deutsch keine Arbeit, sage ich immer zu meinen Schülern und Schülerinnen“, so Magdalena, die in ihrem Tun auch vom Mann Friedl unterstützt wird. Die meisten seien sehr wissbegierig und setzen alles daran, um möglichst rasch Deutsch zu lernen. Die meisten Asylwerber sprechen Englisch oder Französisch. Einige wenige sind Analphabeten. Um diese kümmert sich die ­pensionierte Lehrerin Roswitha aus Tartsch. Zusätzlich zum Unterricht werden die Asylwerber auch anderweitig von Freiwilligen auf verschiedenste Art unterstützt. Magdalena: „Wir laden sie zu uns nach Hause ein, wo gemeinsam gegessen wird, wir gehen mit ­ihnen wandern und zeigen ihnen alles, was es bei uns gibt.“ Für Menschen aus anderen Kulturkreisen ist am Anfang natürlich Vieles neu und ungewohnt. Einige der Asylwerber haben zum Beispiel zum ersten Mal Schnee gesehen. Die Asylwerber seien durchwegs nett und dankbar. ­Viele nennen die freiwilligen Helferinnen, von denen sie besonders viel Hilfe und Unterstützung erfahren, mittlerweile „Mamma“.

Hallo „Mamma“

Und für die Helferinnen werden sie zu neuen, großen „Kindern.“ Die Palette an Hilfe­stellungen geht aber weit über den ­Sprachenunterricht hinaus. So gibt es viele Menschen, die Kleidung ins Haus Ruben bringen oder Lebens­mittel. Die freiwillige Helferin Pia z.B. hat neben dem Haus einen Gemüsegarten angelegt und den Gästen gezeigt, wie und welches Gemüse man wann pflanzt. Was das Thema Religion betrifft, gab es im Haus Ruben laut Magdalena bisher überhaupt keine Probleme: „Es leben hauptsächlich Christen im Haus und einige wenige Muslime. Alle haben Respekt voreinander.“ Mit dem Vorurteil, wonach die Asylwerber Geld genug bekommen, um ihre Handys aufzuladen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren oder sich viele andere Dinge zu leisten, möchten Magdalena und ihre Kolleginnen aufräumen: „Jeder Asylwerber bekommt 8 Euro pro Tag. Er muss sich damit selbst verpflegen. Nicht nur die Lebensmittel müssen die Asylwerber selbst einkaufen, sondern auch Hygieneartikel und alle weiteren Dinge, die man im Alltag braucht. Für den Südtirol Pass zahlen sie ebenso wie für das Aufladen ihrer Handys.“

„Sie bekommen nicht Geld für alles“

Zusätzlich zu den ehrenamtlichen Leistungen im Haus Ruben, helfen die Freiwilligen auch bei der Suche nach Arbeitsstellen und Wohnungen. Magdalena: „Wir durchforsten die Stellenangebote und fahren von Reschen bis Rabland, um mit Arbeitgebern zu reden und ihnen unsere ‚Schützlinge’ zu empfehlen. Bei den Anhörungen zur Bewertung der Asylanträge spielt das Kriterium der Arbeit und Integration eine große Rolle.“ Arbeit und Integration haben dazu beigetragen, dass die Asylanträge einiger Bewerber positiv bewertet wurden. Das Allerwichtigste für die Asylwerber sei eine Arbeitsstelle. Die Abschaffung der Lohngutscheine (Voucher) wirke sich in diesem Sinne sehr negativ aus.

Kleine Erfolgserlebnisse

Aber auch kleine Erfolgserlebnisse gibt es immer wieder. So ist es dem Freiwilligen-Netzwerk z.B. kürzlich gelungen, für eine Asylwerberin in Planeil eine Wohnung einzurichten. Dass die Asylwerber arbeiten und verdienen wollen, steht außer Zweifel. Allerdings ist es oft schwierig, Praktikumsstellen bzw. befristete oder gar feste Arbeitsplätze zu finden. Was die Asylwerber nicht wollen, liegt ebenso auf der Hand. Sie möchten nicht Nichts tun und auch tagsüber schlafen, sondern irgendeine Beschäftigung haben. Viele waren und sind auch ihrerseits als Freiwillige tätig. So etwa als Hilfskräfte bei größeren Veranstaltungen, als ehrenamtliche Pfleger von Parkanlagen oder als Mithelfer in Strukturen der Bezirksgemeinschaft.

„Unsere Leute betteln nicht“

Klar festhalten wollen Magdalena und ihre Kolleginnen außerdem, dass es den Bewohnern des Haues Ruben untersagt ist zu betteln. Wenn man daher in Dörfern im Vinschgau auf Bettler stößt, „handelt es sich nicht um unsere Leute aus dem Haus Ruben.“ Auf weitere Formen der Unterstützung und weitere Aspekte der Flüchtlingsaufnahme und Integration kommen wir in weiteren Ausgaben zurück. Sepp

Josef Laner
Josef Laner

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