„Der Gemeinderat ist aufgewertet worden“

Publiziert in 2 / 2017 - Erschienen am 25. Januar 2017
Karl Bernhart ist der einzige Bürgermeister des Vinschgaus, der aus einer Dorfliste kommt. Er ist überzeugt, dass es noch Zeit braucht, um konkrete Spuren seiner Verwaltung vorzuweisen. der Vinschger: Nach Ihrem Sieg über 2 Mitbewerber im Mai 2015 wurden Sie der „lachende Dritte“ genannt. Gibt es auch 18 Monate danach noch etwas zu lachen oder wenigstens zu schmunzeln? Karl Bernhart: Ich würde nicht von Sieg sprechen. Die Bürger haben uns einen bestimmten Auftrag gegeben. Sie haben die Stimmen so verteilt, dass wir es nur gemeinsam schaffen, wenn wir es schaffen wollen. Ich sehe es immer noch als Chance und Gnade, 5 Jahre diese Tätigkeit auszuüben. Dafür haben wir versucht, einen Ausschuss zusammen zu bringen, der ­harmoniert. Es hat sich sicher vieles im Leben des Berufsberaters Karl Bernhart geändert. Als Bürgermeister wollten Sie beim Zusammenstellen des Ausschusses wie ein Berufsberater vorgehen. Ich gebe zu, dass es nicht geschadet hat, über Gesprächsführung ein wenig Bescheid zu wissen. Geändert hat sich für mich tatsächlich vieles, auch im Freizeitbereich. Im Sportverein bin ich nicht mehr aktiv; Jugendmannschaft trainiere ich keine mehr. Geblieben ist meine Aktivität bei den Filmfreunden. Ihre Liste „Gemeinsam für Prad“ ist sozusagen zum Programm der ­neuen Verwaltung geworden. Aber so ganz reibungslos ist die Ausschussbildung auch nicht verlaufen. Hier muss lobend erwähnt werden, dass die SVP mit Obmann Paul Prugger den Wählerwillen respektiert hat und mir bei der Personalauswahl für den Ausschuss freie Hand gelassen hat. Dass am Ende der Eine oder Andere unzufrieden war, ist verständlich. Es kommen nun mal nur 6 für den Ausschuss in Frage. Was würde der Bürgermeister heute - nach eineinhalb Jahren - als Erfolg seiner Verwaltung einstufen? Dass mein Wunsch als Oppositioneller von einst in ­Erfüllung gegangen ist. Der Gemeinderat ist aufgewertet worden. Die Räte werden mehr in die Verantwortung genommen. Es gibt mehr Ratssitzungen und für jede Ratssitzung eine vorbereitende Sitzung. Es gibt Kommissionen, die sehr gut arbeiten. Und es werden endlos lange Gemeinderatssitzungen vermieden. Konkrete bauliche Maßnahmen haben wir bisher im Straßenwesen vorzuweisen. Außerdem wurden Container für die Vereine angeschafft. In vielen Bereichen sind wir noch bei Meinungsbildungen und in der Projektierungsphase. Beispiel Seniorenstrukturen. Hier hat es in der Öffentlichkeit wieder missverständliche Darstellungen gegeben. Vieles haben wir übernehmen müssen, manches war noch etwas unausgegoren. Die ganze Geschichte mit den ­Palabirn-Bäumen in Lichtenberg hätte man vermeiden können. Jetzt versuchen wir das Beste daraus zu machen, neue Wege zu gehen und Lichtenberg aufzuwerten. Auch die Trink­wasserproblematik kann nicht so einfach übers Knie gebrochen werden. Wir sind im Moment noch beim Analysieren und Ausloten verschiedener Lösungsvarianten. Wirklich in Verzug sind wir bei der Sanierung der Mittelschule. Der „bürokratische Wust“ war und ist überdimensional. Trotzdem kommen laufend Vorwürfe von Vertretern des Koalitionspartners, es mangle an Transparenz? Von den vielen Informationsmöglichkeiten, die Gemeinde­räten heute zur Verfügung stehen, haben wir in der Opposition nur träumen können. Zudem, nicht imstande zu sein oder sich zu weigern, bei den eigenen Leuten im Ausschuss Informationen einzuholen, ist vielfach nichts als „z‘ widertean“. Die Holschuld muss schon jeder selbst bringen. In der Presse wurde die Fragestunde in der Ratssitzung als Errungenschaft betont. Sie scheint aber nicht so richtig eingeschlagen zu haben. Nun, das Angebot besteht. Leider sind bei Sitzungen oft sehr wenig Bürger anwesend. Ich glaube, es wurden bisher erst 3 Fragen gestellt. Als erster wollte Wunibald Wallnöfer wissen, wie viele Palabirn-Bäume in Lichtenberg weichen müssten. War die vom Landesamt verordnete Unterschutzstellung der Bäume nicht die erste Schlappe für die neue Verwaltung? Das sehe ich nicht als Schlappe. Wir haben diskutiert und die Entscheidung akzeptiert, um weiteren „Z’ widrigkeiten“ das Wasser abzugraben. Das besagte Grundstück wurde ja angekauft, um nicht zuletzt einen Großteil des Angers für die Nachwelt zu erhalten. Nur hat man uns das nicht geglaubt. Vorerst wurde nur ein Baum gefällt. Ob die zwei angebohrten Bäume gefällt werden müssen, wissen wir im Frühjahr. Kommt die Feuerwehrhalle, trifft es 2 weitere Birnbäume. Wer weiß, was noch alles passiert. Zum Thema Verkehr: Die Stilfserjochstraße soll aufgewertet und der Verkehr in Prad eingedämmt werden. Klingt widersprüchlich? Den Durchzugsverkehr müssen wir sicher auf eine erträgliche Geschwindigkeit reduzieren. Der wirkungsvollste Eingriff – dafür haben uns alle Anrainer gedankt – war das Anbringen der 4 Speed-Boxen. Weitere Maß­nahmen sind in Vorbereitung. Wird die Gumser Gasse endgültig Teil einer großen Umfahrung? Nein, die Gumser Gasse wird sicher nicht Teil einer großen Umfahrung. Glurns hat lediglich um eine Entlastung vom Schwerverkehr gebeten. Für das Umfahren von Tartsch und Schluderns bringt die Gumser Gasse aber nichts. Da wird man andere Varianten finden müssen, die unter anderem auch die Gewerbezonen von Glurns und Schluderns mit einbeziehen. Herr Bürgermeister, wir müssten noch über Prads Rolle im Nationalpark, über die Verbindung ins Veltlin, über das Prader Skigebiet, die Pfaschwiesen, und über das Altenheim reden…. Würden Sie mit den bisherigen Erfahrungen etwas anders machen als vor eineinhalb Jahren? Für ein endgültiges Fazit ist es schon noch etwas früh. Auf jeden Fall würde ich das Meiste genauso machen. Dennoch ist man oft im Nachhinein schlauer. Fehler muss man machen können und dazu kann man auch stehen. Wer keine Fehler macht, hat vielleicht noch wenige Entscheidungen getroffen. Was ich mir sicher zu Herzen nehmen werde ist, auch mal alle Zehne grad sein zu lassen und manche Dinge gelassener anzugehen. Interview Günther Schöpf
Günther Schöpf
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Vinschger Sonderausgabe

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