Wohin führt der Naturnser Weg?
Zwischen Kritik und Visionen – BM Heidegger im Interview
Blick auf Naturns: Wohin entwickelt sich das Dorf?
Bürgermeister Andreas Heidegger zieht ein positives Fazit.
BM Andreas Heidegger beim Gespräch mit dem der Vinschger.
Arbeiten für die „Vision Naturns 2030+“ (v.l.) Prof. Günther Botschen (Uni Innsbruck), BM Heidegger, Gemeinderat Michael Kaufmann und Wirtschaftsreferentin Barbara Wieser Pratzner.

Der Naturnser Weg 

Heißes Pflaster Naturns: BM Andreas Heidegger über Kritik, Ziele und sein Bürgermeister-Amt. 

Publiziert in 19 / 2018 - Erschienen am 23. Mai 2018

Naturns - Nach 13 Jahren nähert sich die Amtsperiode des Naturnser Bürgermeisters Andreas Heidegger dem Ende. Aufgrund der Mandatsbeschränkung wird er 2020 nicht mehr kandidieren. Vieles wurde vorangebracht, Schulden abgebaut, Visionen entwickelt. Zuletzt hatten der Bürgermeister und die Gemeindeverwaltung aber vor allem auch mit Kritik zu kämpfen. Die Entwicklung des Dorfes, Bauvorhaben und Flüchtlinge waren heiß diskutierte Themen. Im der Vinschger Interview spricht Heidegger Klartext. 

der Vinschger: Kritik gab es zuletzt aufgrund der regen Bautätigkeiten im Dorf. Die Entwicklung sehen viele skeptisch. Können die Wogen bald geglättet werden? 

Andreas Heidegger: Es herrscht ein gewisses Unbehagen in der Bevölkerung. Viele sind der Meinung, dass zu viel gebaut wurde und wird. Neben der Siedlungsentwicklung gibt es vor allem Kritik gegenüber der touristischen Bautätigkeit, aufgrund zu aggressiver Bauten und der Volumenexplosion. Auch im Gemeinderat wird vieles skeptisch gesehen. Fakt ist, dass es uns als Gemeindeverwaltung ein wichtiges Anliegen ist, die Herausforderung einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung zu meistern. Wir beschäftigen uns auch intensiv damit, ob der Weg, auf den wir uns momentan befinden, der richtige ist, oder ob bestimmte Werte auf der Strecke bleiben. Im Dialog mit der Bevölkerung wollen wir darauf Antworten finden. 

Wie soll das geschehen? 

Es gibt das Entwicklungsprojekt „Vision Naturns 2030+“, das wir gemeinsam mit der Eurac in Angriff genommen haben. Zusammen mit den Bürgern, wollen wir klären, wie Naturns im Jahre 2030 und darüber hinaus aussehen soll und vor allem welche Schritte notwendig sind, um die angestrebte Entwicklung zu erreichen. Das Projekt baut darauf auf, dass möglichst viele verschiedene Sichtweisen miteinbezogen werden, sowohl Politiker, als auch Bürger und Unternehmer sind involviert. Schon jetzt gibt es acht Arbeitsgruppen, die sich intensiv damit beschäftigen. 

Während sich im touristischen Bereich viel getan hat, ist der Kindergarten immer noch in einem Container untergebracht. Wann wird dieses Projekt angegangen? 

Der Kindergarten ist eines von mehreren Großprojekten, welches die öffentliche Hand in den nächsten Jahren stemmen wird. Baubeginn des neuen Kindergartens wird voraussichtlich im Jahre 2019 oder spätestens 2020 sein. Zudem steht unter anderem eine Erweiterung des Seniorenheimes  in Form des Begleiteten Wohnens an, der Bau des Naturparkhauses in Kompatsch, die Verlegung des Fernheizwerkes und die Erweiterung der Feuerwehrhalle von Tabland. Alle Projekte befinden sich in der Planungsphase und sollen noch in dieser Amtsperiode angegangen werden. Die Geldmittel aus dem Investitionstopf sind eingeplant. 

Themenwechsel. Neben dem Tourismus ist Naturns geprägt von der Landwirtschaft. Gibt es auch hier eine Pestizid-Diskussion wie im oberen Vinschgau? 

Nicht in dieser Form. Natürlich wurde auch hier darüber viel diskutiert. In Naturns gibt es nach wie vor ein gutes Miteinander mit der Landwirtschaft. Hier wird schon seit längerem eine integrierte Landwirtschaft betrieben. Neben der integrierten Landwirtschaft stellen immer mehr Bauern auf Bio um. Abstandsregeln werden beachtet, die Landwirte haben auch entsprechend aufgerüstet, um Abdrift zu vermeiden. Die Vorgaben werden meistens eingehalten, aber schwarze Schafe gibt es überall. Wenn Verstöße von den Anrainern gemeldet werden, kontrolliert die Gemeinde und greift notfalls durch. 

Ein weiteres heißes Thema zuletzt waren die Flüchtlinge. Wann kommen diese nach Naturns? 

Naturns muss im Rahmen des SPRAR-Projekts 19 Flüchtlinge aufnehmen. Die ersten werden in diesen Tagen nach Naturns kommen. Wir sind für die Aufnahme vorbereitet, zwei Wohnungen stehen im Widum in Naturns zur Verfügung. Eine Wohnung steht im Alperia-Gebäude bereit. Es werden ausschließlich Familien nach Naturns kommen, wie uns zugesichert wurde. 

Im Vorfeld der Flüchtlingsdebatte gab es hitzige Diskussionen. Fremdenfeindliche Schriftzüge wurden angebracht. Auch der Besuch einzelner Naturnser bei einem Neonazi-Konzert in Deutschland wurde in den Medien angeprangert. Hat Naturns ein Problem in dieser Richtung?  

Ich denke nicht, dass Naturns in dieser Hinsicht ein größeres Problem hat als andere Gemeinden. Schon seit vielen Jahren wird Präventionsarbeit geleistet. Sei es mit dem Jugendzentrum sowie dem Jugenddienst oder durch allerlei weitere Sensibilisierungsarbeit: Es hat sich in Naturns viel getan, viel wurde in diese Richtung gearbeitet. Ein reales Problem sehe ich heute in diesem Bereich nicht. Einzelne volljährige Personen kann man mit Präventionsarbeit und Streetwork aber wohl nicht mehr erreichen. Solche Vorfälle, wie eben die Verbreitung von neonazistischen Gedankengut, wobei es sich jedoch um Einzelfälle handelt, sind dann strafrechtlich relevant. Hierbei können nicht mehr Gemeinde oder Jugendeinrichtungen verantwortlich gemacht werden. 

Sie sind seit 13 Jahren Bürgermeister, wurden 2015 im Amt bestätigt. Welches Resümee ziehen Sie? 

Es war eine spannende und intensive Zeit mit vielen Höhen und Tiefen. Es gab viele Erfolge, aber auch Enttäuschungen. Das Amt erfordert ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft. Man muss moderieren, motivieren, überzeugen, zuhören, kontrollieren und Initiativen anstoßen. Auch wenn ich mich in zwei Jahren der Wahl nicht mehr stellen werde, bin ich voll aktiv und werde mich bis zum letzten Tag für meine Gemeinde einbringen. Es wurde viel vorangebracht. Es ist uns zudem gelungen, den Gemeindehaushalt zu konsolidieren. 2005, als ich die Gemeinde übernommen habe, betrug der Schuldenberg noch, sicherlich auch aufgrund der vielen sinnvollen Investitionen davor, noch 27 Millionen Euro. Am Ende des Jahres betragen die Schulden 8,5 Millionen. Die geplanten Großprojekte können ohne neue Schulden verwirklicht werden. Ich denke, das Resümee fällt deshalb für mich durchaus positiv aus. 

Was wollen Sie noch verwirklichen? 

Es gilt, die „Vision Naturns 2030+“ voranzubringen und gute Voraussetzungen für die Zukunft zu schaffen. Was es mittelfristig noch braucht, sind einige einschneidende Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, ortsnahe Auffangparklätze und Einbahnregelungen, sowie sichere Wege für Fußgänger und Radfahrer, um dem Individualverkehr entgegenzuwirken. Auch dafür gibt es bereits eine eigene Arbeitsgruppe, die schon einige interessante Vorschläge erarbeitet hat. 

Was gefällt Ihnen an Naturns?  

Naturns ist meiner Meinung nach eine Gemeinde, in der die Menschen gerne wohnen und arbeiten. Wir haben an öffentlichen Einrichtungen und Freizeitangeboten viel zu bieten, sind wirtschaftlich gut aufgestellt und sozial aufgeschlossen. Deshalb ist Naturns als Wohnort sehr gefragt und begehrt. 

Bleiben Sie der Politik nach 2020 in irgendeiner Form erhalten? 

Nach 15 Jahren als Bürgermeister werde ich das Geschehen sicherlich weiterhin interessiert mitverfolgen. Aber stets passiv. Aktiv mitwirken in der Politik werde ich dann nicht mehr. Die Mandatsbeschränkung ist sehr sinnvoll. Ich habe viele Hobbys, denen ich nachgehen werde, und ich möchte auch mit meiner Familie mehr Zeit verbringen. Darauf freue ich mich.

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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