Die Schließung wäre ein großer Verlust
Die Schülerinnen und Schüler mit den Lehrern Gudrun Moriggl (ganz links), Gianfranco Marandola und Elisabeth Gögele (ganz rechts).

Die Schule in Schlinig ist wie eine Familie

Publiziert in 22 / 2009 - Erschienen am 10. Juni 2009
Das Schuljahr endet an diesem Samstag, 13. Juni, so auch in der Bergschule in Schlinig. Im Herbst wird es sie noch geben, vermutlich zum letzten Mal… „Der Vinschger“ hat die sechs Schülerinnen und Schüler und zwei Lehrerinnen vor einigen Wochen in Schlinig besucht. von Daniela di Pilla Stocker (dany) Die Lehrerinnen Gudrun ­Moriggl aus Mals und Elisabeth Gögele aus Schlanders unterrichten erst seit diesem Schuljahr in Schlinig: Moriggl überhaupt zum ersten Mal nach dem Studium in Brixen, und zwar die Fächer „GGN“: Geschichte, Geographie und Naturkunde sowie Englisch, ­Musik und ­Turnen. Gögele ist die Schul­leiterin und unterrichtet Deutsch, Mathematik, Kunst und Technik. Sie vertritt die langjährige Lehrerin Andrea Vidal aus Taufers im Münstertal, die in Mutterschaft ist. Fünf Mädchen besuchen die vierte Klasse: Julia Angerer, ­Tamara Habicher, Nicole Peer und die Zwillinge Vanessa und Sarah Theiner; der einzige Bub, Björn Angerer, besucht die zweite Klasse. Gianfranco Marandola heißt der Italienischlehrer und Eugen Jörg ist der Religionslehrer. Das Schulgebäude ist gut erhalten, es stehen genügend Klassenräume zur Verfügung. Es wurde 1990 errichtet. „Unsere Schule ist wie eine Familie“; sagen die beiden Lehrerinnen. Das spürt man auch. Die Kinder, es sind eben nur sechs, gehören einfach zusammen. „Ja, es ist auch schön, wie sie sich gegenseitig helfen“, merken die Lehrerinnen an. Anders würde es gar nicht gehen, da sich in diesen kleinen Bergschulen mehrere Klassen in einem Raum befinden. Zudem sei die Schule ein fester Bestandteil des Dorfes und besonders des Dorflebens. Davon ist auch Pfarrer Pater Peter fest überzeugt. „Wenn es irgendwo möglich ist, soll die Schule nicht geschlossen werden. Es wäre ein großer Verlust für Schlinig, aber auch für die kirchlichen Feiern, an denen sich die Schulkinder aktiv beteiligen.“ Seit 1986 ist Pater Peter Pfarrer von Schlinig. Stefania Angerer, die Mutter der Grundschülerin Julia, meint dazu: „Ich würde es sehr bedauern, wenn die Schule geschlossen würde. Es würde etwas im Dorf ­fehlen, und die Kinder müssten bereits zur Grundschule nach Burgeis fahren. Es reicht doch noch, wenn sie nach Mals in die Mittelschule mit dem Bus fahren müssen. Alle Eltern im Dorf wünschen sich, dass sich die Prämajurer zu Schlinig bekennen.“ Vor einem Jahr habe es ein Treffen gegeben, auch mit den Eltern von Prämajur. Sie wollen ihre Kinder nicht nach Schlinig schicken, sondern lieber nach Burgeis, wie es schon seit langem der Fall ist. Einige Kinder, die nun nach Schlinig gehen sollten, besuchten bereits den Kindergarten in Burgeis und gehen mittlerweile dort zur Schule. Da müssten diese wieder „herausgerissen“ werden und nach Schlinig wechseln. So sagt zum Beispiel ein betroffenes Elternteil aus Prämajur: „Unsere Kinder haben sich nun nach dem Kindergartenbesuch in Burgeis zurechtgefunden und sind dort integriert. Es wäre sicher nicht sinnvoll, diese aus ihrer gewohnten Umgebung herauszureißen, um in Schlinig neu zu beginnen. Es ist auch nicht fair, uns Prämajurern die ganze Verantwortung für die eventuell bevorstehende Schließ­ung der Schule in die Schuhe zu schieben. Vielleicht gibt es noch andere Möglichkeiten die Schule in Schlinig zu retten, indem man beispielsweise einer auswärtigen Familie mit Kindern die leerstehende Lehrerwohnung kostenlos überlässt.“ Andreas Bordiga ist der Direktor des Schulsprengels Mals. Er hat sich beim Land dafür eingesetzt, dass die Schule in Schlinig noch zumindest für das Schuljahr 2009/2010 erhalten bleibt, berichtet er auf Anfrage dem „Vinschger“. „Wenn die Zahlen so rückläufig sind, dann kann die Schule nicht erhalten bleiben. Fünf Schüler ist die allerkleinste Zahl, darunter geht dann nichts mehr.“ 2010/2011 würde voraussichtlich ein Kind die erste Klasse besuchen und eines die vierte, also nur zwei. Offenbar sei besonders in jenem Jahr ein Engpass gegeben, in den darauffolgenden Jahren kommen laut Bordiga stärkere Jahrgänge nach. Sicher sei auch eines, sagt der Direktor, wenn die Schule einmal geschlossen werde, würde sie nie mehr aufgesperrt. Bürgermeister Ulrich Veith und die zuständige Referentin ­Sibille Tschenett versichern, dass sie sich für den Erhalt einsetzen wollen. Dies auch deshalb, weil bei der Bürgerversammlung in Schlinig vor den Wahlen „ein ganz klares Signal von der Bevölkerung gekommen ist, damit die Schule erhalten bleibt“, betont Veith. Landtagsabgeordneter Josef Noggler und ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Mals, berichtet diesbezüglich: „Wenn es die Schliniger wirklich ­wollen, so ist hauptsächlich die Gemeindeverwaltung gefordert. Vor Jahren hatten wir eine ähnliche Situation in Planeil, und die Gemeinde hatte sich für den Erhalt dahintergeklemmt, mit Erfolg.“ Ein Vorteil sei es gewesen, dass Noggler damals auch Mitglied des Landesschulrates gewesen war. Heinrich Moriggl war selbst Lehrer und vor der Rente stellvertretender Direktor des Schulsprengels Mals. Zudem ist er der Vater der Lehrerin ­Gudrun Moriggl, ist aus Schlinig und hat dort in den 60er Jahren die achtjährige Volksschule besucht. Er erzählt dem „Vinschger“: „Über 30 Schüler  wurden in einem Raum von einer Lehrperson unterrichtet. Der Unterricht von acht Abteilungen war für die Lehrpersonen eine große Herausforderung. Für uns Schüler war es interessant und spannend den Unterricht der ‚Großen’ zu erleben, besonders abwechslungsreich empfanden wir das Verhalten der undis­ziplinierten Schüler.“ Weiters merkt er an: „Eine Bergschule ist der Dreh- und Angelpunkt für das Dorf. Den Lehrpersonen ist es immer wieder gelungen, alle Generationen bei den Schulfeiern und  Veranstaltungen zusammen zu führen. Die Schule als Bindemittel und als Treffpunkt der Dorfgemeinschaft verdient große Wertschätzung. Leider ist es nicht gelungen, die Eltern von Amberg zu bewegen, die Schüler nach Schlinig zu ­schicken, damit die Schule weiterhin bestehen kann. Eine Schule mit weniger als fünf Schülern in verschiedenen Abteilungen gestaltet sich für den Lernprozess problematisch. Kinder lernen auch von Kindern.“
Daniela di Pilla
Daniela di Pilla

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