Die Zeit drängt
„Meliorierungskonsortium Oberes Vinschgau“ startet neu durch. Ansuchen um staatlichen Zuschuss für 10 Millionen-Euro-Projekt.
Mals/Graun - Man muss kein Bauer sein, um zu bemerken, wie es auf den ausgedehnten Grünlandflächen im oberen Teil der Malser Haide, bei Planeil, in Ulten, Alsack, auf Plawenn, in St. Valentin und oberhalb von Burgeis ausschaut, wenn es längere Zeit nicht regnet. Vor allem bei Trockenperioden im Frühjahr sieht es jeder Laie: hier gibt es keine Beregnung. Für die Bauern bedeutet das weniger Heu, weniger Milch, weniger Ertrag. Und die allgemein bekannten Schwierigkeiten und Probleme, mit denen die Viehlandwirte ohnehin zu kämpfen haben, kommen noch hinzu.
Seit 2012 ohne Beregnung
Eine Beregnungsanlage hatte es in den genannten Gebieten zwar gegeben, aber 2012 musste der Betrieb der veralteten Anlage wegen untragbarer Riskiken eingestellt werden. Beiträge seitens der Mitglieder hob das „Meliorierungskonsortium Oberes Vinschgau“ seither keine mehr ein. In der Hoffnung und Erwartung eines Neubaus der Anlage wurden die konsortialen Organe, sprich Delegiertenrat, Verwaltungsrat, Präsidentschaft und Rechnungsprüfer, nicht mehr erneuert. Das Konsortium wurde de facto handlungsunfähig, sodass eine kommissarische Verwaltung notwendig wurde.
Neuer Delegiertenrat
Heuer im Sommer kam endlich wieder Bewegung in die Geschichte. Erstmals seit 2010 wurden die Mitglieder des Konsortiums zu einer Vollversammlung eingeladen. Wie der komissarische Verwalter Zeno Moriggl bei der Versammlung im Kulturhaus in Burgeis informierte, wurde am Projekt für den Neubau der Beregnungsanlage mit finanzieller Unterstützung der Gemeinden Mals und Graun weitergearbeitet. Je 65.000 Euro haben die 2 Gemeinden zur Verfügung gestellt. Das Projekt habe laut Moriggl den nötigen Reifegrad erreicht, um einen Zuschuss des Staates beantragen zu können. Möglich sei das aber nur, wenn das Konsortium handlungsfähig ist, sprich wenn die Organe eingesetzt sind. Die Neubestellung sei dringend, mahnte Moriggl. Wie der Malser Bürgermeister Josef Thurner kürzlich dem der Vinschger bestätigte, war es nicht einfach, genug Kandidaten für den Delegiertenrat zu finden. Am Ende konnten zusätzlich zu bestehenden Kandidaten noch weitere für eine Kandidatur motiviert werden. Nach der Auszählung der knapp 80 Stimmzettel - das entspricht einer Beteiligung von ca. 20% der 418 Mitglieder - stand der 9-köpfige Delegiertenrat fest: Lukas Haringer, Engelbert Fliri, Ernst Patscheider, Arnold Peer, Oswald Waldner, Lukas Punter, Peter Paul Telser, Werner Plangger und Otto Jochberger. Zum Präsidenten wurde zu einem späteren Zeitpunkt Lukas Punter aus Mals bestimmt. Laut Punter ist es höchst an der Zeit, dass die Beregnungsanlage neu gebaut wird, denn es handelt sich um einen wichtigen Schritt für den Weiterbestand bzw. die weitere Entwicklung der viehwirtschaftlichen Betriebe im Einzugsgebiet.
Informationen zum Projekt
Romano Comunello und Luca Battan, beide vom Planungsbüro „Stratego snc“, warteten in Burgeis mit Details und Plänen zum Neubau-Projekt auf. Die bestehenden Konzessionen für die Wasserableitungen seien im Zuge der Projekt-Betreuung während der vergangenen Jahre angepasst bzw. erhalten worden. Man habe sogar neue Wasserableitungen hinzugewinnen können. Die zu bewässernde Fläche, die laut Projekt rund 536 Hektar umfasst, stehe im Einklang mit dem geltenden Wassernutzungsplan und könne vollständig mit 0,5 Sekundenlitern pro Hektar versorgt warden. Comunello verwies auf die Bedeutung der Beregnung für die Landwirtschaft im regenarmen Gebiet des oberen Vinschgaus. Anhand historischer Dokumente zeiget er auf, wie stark man sich bereits in viel früheren Zeiten um Wasser für dieses Gebiet bemüht hatte. Battan präsentierte den Lageplan der Ableitungen sowie der Haupt- und Nebenleitungen. In der Nähe von Plawenn ist ein Ausgleichsbecken zur Druckregulierung vorgesehen. Ferngesteuerte Ventile sollen einen flexiblen und günstigen Betrieb der Anlage sichern. Sowohl am Zerzerbach als auch an der Puni seien Vereinbarungen mit den E-Werksbetreibern getroffen worden, um im Sinne der Synergie einen Teil der Druckleitungen gemeinsam zu nutzen.
Fördermöglichkeiten
Der stellvertretende Direktor des Landesamtes für ländliches Bauwesen, Matthias Ladurner, informierte über staatliche Fördermaßnahmen im Bereich Landwirtschaft. Laut Ladurner seien die Förderungen des Staates für lnfrastrukturprojekte generell großzügig. Für den Bereich Bewässerung in der Landwirtschaft gebe es verschiedene Schienen der Förderung. Derzeit seien dies der Recovery-Fund (PNRR) und der nationale Entwicklungsplan für ländliche Gebiete (PSRN). Um überhaupt in die Rangliste zu kommen, müssen Beregnungsprojekte in die nationale Datenbank (DANIA) eingetragen werden. Für Beregnungsprojekte, die über den Recovery-Fund finanziert werden. Der Termin für die Eintragung (25. September 2021) ist mittlerweile abgelaufen. Wie der Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau, Gottfried Niedermair, kürzlich bestätige, werde man nun alles unternehmen, um das Beregnungsprojekt rasch in die nationale Datenbank einzutragen. Unter der Voraussetzung, dass alle Genehmigungen vorhanden sind, hält er es für realistisch, dass das Projekt zum nächsten Stichtag, sprich 15. November 2021, termingerecht zur Bewertung auf die Rangliste des nationalen Entwicklungsplanes für ländliche Gebiete gesetzt werden kann.
Plädoyers für den Neubau
Neben Niedermair hatte bei der Versammlung in Burgeis u.a. auch Martin Pazeller, der Direktor der Landesabteilung Landwirtschaft, ein Plädoyer für den Neubau der Anlage abgegeben. Die Finanzierung vieler Vorhaben würde leider an der Tatsache scheitern, dass Projekte zum Zeitpunkt, an dem Finanzierungsschienen geöffnet werden, nicht ausreichend ausgearbeitet sind. Das Bonifizierungskonsortium Vinschgau habe sich in diesem Bereich als besonders effizient erwiesen und in der Vergangenheit bereits viele Fördergelder in den Vinschgau geholt. Niedermair bekräftige vor den Versammelten die Bereitschaft des Bonifizierungskonsortiums, den Neubau der Anlage zu unterstützen und zu organisieren. Voraussetzung sei natürlich, dass die Mitglieder des Meliorierungskonsortiums die Umsetzung mehrheitlich beschließen. Zusätzlich zu dieser noch ausstehenden Abstimmung sind noch weitere Schritte zu setzen, so vor allem die Sicherung der Finanzierung bzw. der Förderungen und die Festlegung der finanziellen Mitbeteiligung der Grundeigentümer. Die Gesamtkosten des Neubaus der Anlage werden mit rund 10 Millionen Euro beziffert.