„Besser verhandeln statt prozessieren“
Im „Überlassungsvertrag“ (1910) der Baronin Giovanelli heißt es wörtlich: „d) jede andere Widmung ist ausgeschlossen, widrigenfalls Frau Baronin Giovanelli oder deren Rechtsnachfolger im Besitze des Ansitzes Stachelburg berechtigt wären, die ganze gegenständliche Realität um den ursprünglichen Bauwert in ihr Eigentum zurückzunehmen. Dieser Bauwert wird auf K/14.000.- festgesetzt.“ Mit „gegenständlicher Realität“ ist die Feuerwehrhalle in Partschins gemeint (Bild links).

„Ein langwieriger Prozess bringt uns nicht weiter“

Publiziert in 21 / 2006 - Erschienen am 4. Oktober 2006
Partschins – Als die Baronin Giovanelli, die frühere Eigentümerin der Stachelburg in Partschins, im fernen Jahr 1910 der Gemeinde Partschins ein Grundstück schenkte und diese Schenkung mit Auflagen verband, mag sie an vieles gedacht haben, sicher aber nicht daran, dass die Schenkung fast 100 Jahre nachher noch einen Einfluss auf gemeindepolitische Entscheidungen haben würde. Dem ist aber tatsächlich so, denn ihr „Überlassungsvertrag“ hängt jetzt mit der Errichtung der Schwebebahn auf den Sonnenberg zusammen und wirkt sich auch insofern auf die Gemeindepolitik aus, als Baron Sigmund Kripp, Giovanellis Rechtsnachfolger, wahrscheinlich aus dem Gemeinderat ausscheiden wird. Nun aber der Reihe nach: Giovanelli hat der im Jahr 1910 amtierenden Gemeindeverwaltung das Grundstück geschenkt, damit die Gemeinde dort ein Gebäude bauen kann, um im Erdgeschoss die Feuerwehr, im ersten Stock den Kindergarten und im Obergeschoss kirchliche Geräte unterzubringen. Als Auflage ist im „Überlassungsvertrag“ festgeschrieben, dass die Gemeinde keine Umwidmungen oder Zweckentfremdungen vornehmen darf. Wenn sie das macht, sind Giovanelli bzw. ihre Rechtsnachfolger berechtigt, das Gebäude für den ursprünglichen Bau­kostenwert, der sich damals auf 14.000 Kronen belief, zurückzunehmen. Zu einer „zwingenden“ Zweckentfremdung kam es 2004, als der Kindergarten auszog und in den Neubau übersiedelte. „Zwingend“ deshalb, weil das Land für eine Weiterführung des Kindergartens im Feuerwehrgebäude keine Genehmigung mehr erteilt hätte. Rechtsnachfolger von Giovanelli ist Baron Sigmund Kripp, der als Vertreter der Liste „Bürgerinnen Partschins“ im Gemeinderat sitzt. Aufgewertet auf heute entspricht der Betrag von 14.000 Kronen gemäß einschlägiger Tabellen einer Summe von rund 30.000 Euro. Geht man davon aus, dass der „Überlassungsvertrag“ aus dem Jahr 1910, der übrigens im Grundbuch angemerkt ist, noch immer Rechtsgültigkeit hat, müsste die Gemeinde dem Baron Sigmund Kripp das gesamte Gebäude für „lächerliche“ 30.000 Euro abtreten. Wie Bürgermeister Robert Tappeiner bei der jüngsten Ratssitzung informierte, haben sich sowohl Sigmund Kripp als auch die Gemeinde rechtlich beraten lassen. Die Anwälte von Kripp vertreten die Meinung, dass der Vertrag von 1910 noch immer gültig sei. Die Rechtsberater der Gemeinde hingegen argumentieren, dass das italienische Recht „ewige“ Belastungen der Art, wie sie im Vertrag festgeschrieben sind, nicht kenne. Außerdem geben sie zu bedenken, dass die Gemeinde de facto gezwungen war, mit dem Kindergarten auszuziehen, weil dieser nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften entsprach. Diese Argumentation teilt auch ein anerkannter Universitätsprofessor aus Triest, bei dem sich die Anwälte der Gemeinde ein Gutachten eingeholt haben. Rein vom rechtlichen Standpunkt her hätte die Gemeinde daher laut dem Bürgermeister keine schlechten Karten in der Hand, um vor Gericht zu gewinnen. Weil ihm aber grundsätzlich nichts daran liege, zu prozessieren und sich auf einen langwierigen Rechtsstreit einzulassen, habe er mit Sigmund Kripp bei einem Gespräch unter vier Augen einen Tausch vorgeschlagen: Kripp überlässt der Gemeinde ein Grundstück zum Bau des Parkplatzes und der Talstation der geplanten Schwebebahn auf den Sonnenberg und die Gemeinde überlässt Kripp die Feuerwehrhalle. „Ich bestehe aber auf eine beeidete Schätzung beider Liegenschaften. Wenn eine davon mehr wert ist, muss der andere Vertragspartner die Differenz zahlen,“ sagte Robert Tappeiner vor dem Gemeinderat. „Besser verhandeln statt prozessieren“ sei schon seit jeher seine Devise gewesen. Auf die Schätzung bestehe er, weil damit die Gewähr eines gerechten Tausches gegeben sei. Gerüchten, wonach die Gemeinde das Feuerwehrgebäude für wenig Geld verscherbeln würde, werde so von vorneherein der Wind aus den Segeln genommen. Auf gemeindeeigenem Grund in der Nähe des neuen Friedhofs – wie dies ursprünglich gedacht war - kann die Talstation laut Tappeiner nicht errichtet werden, „weil wir uns dort in landwirtschaftlichem Banngebiet befinden.“ Kripp ist bereit, Grundflächen jenseits der Zielbaches neben dem untersten Damm bereitzustellen. Auf rund 2.000 Quadratmetern unterhalb der Zielstraße könnte der Parkplatz gebaut werden und auf etwa 500 Quadratmetern oberhalb der Straße die Talstation. Mit dem Landesamt für Landschaftsökologie ist bereits ein Lokalaugenschein vorgenommen worden, der positiv verlaufen ist. Auch seitens der Wildbachverbauung sind keine ernsten Bedenken zu erwarten. Die Schwebebahn samt Bergrestaurant soll dem Tourismus in Partschins zu neuem Aufschwung verhelfen. Die geschätzten Gesamtkosten bezifferte der zuständige Referent Hans Weiss – er ist die treibene Kraft des Projekts – mit 4 bis 4,5 Millionen Euro. 45 Prozent davon erwarte man sich vom Land. Der Rest soll über Betriebe, private Aktionäre, über die Gemeinde und mit der Aufnahme von Darlehen aufgebracht werden. Die Gesellschaftsgründung stehe bevor, an den Statuten werde bereits gearbeitet. Sigmund Kripp sagte, dass er aus Gründen der Unvereinbarkeit als Gemeinderat sofort ausscheiden wird, sobald es zur konkreten Verhandlungsphase bzw. zum Tauschvertrag kommt. Der Vizebürgermeister ­Sebastian Bernhart, seines Zeichens auch Feuerwehrkommandant, meinte, dass Sigmund Kripp kein „schlechtes Geschäft“ ins Haus stünde. Kripp verwies darauf, dass zusätzlich zum reinen materiellen Wert auch der Wert zu sehen sei, der zugunsten des Fremdenverkehrs entstehe, zumal mit dem Tausch ja der Weg für den Bau der Schwebebahn geebnet werde. Die Freiwillige Feuerwehr wird wohl solange in den bisherigen engen Räumen ausharren müssen, bis ein neuer Standort gefunden und ein neue Halle gebaut ist.
Josef Laner
Josef Laner

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