Blick ins Schnalstal
Pläne und Herausforderungen: BM Rainer im Interview
Schnalser Bürgermeister Karl Josef Rainer
Bürgermeister Karl Josef Rainer

Ein Tourismustal blickt nach vorne

Gefahrenzonen und touristische Entwicklung, Investitionen und Abwanderung: Der Schnalser Bürgermeister Karl Josef Rainer im Interview.

Publiziert in 38 / 2018 - Erschienen am 6. November 2018

Karthaus - Rund 1.240 Einwohner zählt das Schnalstal. Am meisten davon leben in Unser Frau. Das Rathaus befindet sich im historischen Ort Karthaus. Dort hat der Vinschger den Schnalser Bürgermeister Karl Josef Rainer an einem Unwetter-Tag Anfang vergangener Woche zum Interview getroffen.

der Vinschger: Herr Bürgermeister, Steinschläge und Muren im ganzen Land. Muss man sich Sorgen auf den Schnalstaler Straßen machen?

Karl Josef Rainer: Freilich, wir sind ein Hochgebirgstal mit vielen Kilometern Straße. Landesstraßen,
Gemeindestraßen und Hofzufahrten befinden sich teils an steilen Hängen. Natürlich gibt es eine bestimmte Steinschlaggefahr, Hangrutschungen und querliegende Baumstämme, wenn es derartige Regenfälle gibt. Hie und da kann schon mal ein Stein herunterfallen, eine vollständige Garantie, dass nichts passiert, gibt es wohl nicht. Aber wir sind bestens gerüstet gegen solche Unwetter sowie gegen die Lawinen im Winter. Es hat sich in den vergangenen Jahren in dieser Hinsicht einiges getan. Viele kritische Stellen oberhalb der Straßen wurden mit vom Land errichteten Steinschlagschutzzäunen sowie Schutzgalerien weitgehend entschärft.

Wie steht es um den Gefahrenzonenplan, wie es ihn bereits in vielen Südtiroler Gemeinden gibt?

Dieser wird derzeit ausgearbeitet. Der Plan gibt dann Aufschluss, wo große, wo mittlere und wo geringere Gefahren sind. 2019, spätestens 2020, soll dieser fertig gestellt sein. Dann müssen weitere Maßnahmen, die zur Sicherheit beitragen, in Angriff genommen werden. Dies muss in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bevölkerungsschutz geschehen, eine Gemeinde allein kann das nicht bewältigen, sei es was die Kosten, als auch was das „Know-How“ betrifft. Hier ist das Subsidiaritätsprinzip notwendig.

Wohin geht die touristische Entwicklung des Tals?

Schnals ist zweifelsfrei eine Tourismusgemeinde. Seit vor mehr als 40 Jahren die Schnalstaler Gletscherbahnen ihren Betrieb aufgenommen haben, hat sich der Tourismus stark entwickelt. Bis um die Jahrtausendwende lief das Skigebiet als Ganzjahresskigebiet sehr gut. Mittlerweile hat sich der Skibetrieb auf Herbst und Winter verlagert, in den Sommermonaten stellt das Schnalstal aber ein beliebtes Wandergebiet dar, verbunden mit einem reichhaltigen Kulturangebot. Die Hotels haben derzeit eine gute Auslastung. Im Sommer waren in den letzten Jahren Zuwächse zu verzeichnen, im Winter stagniert die Gästezahl, weil es nicht mehr Betten gibt. Damit das Skigebiet und alle gut
arbeiten können, die Anlagen profitabel sind, braucht es natürlich zusätzliche Betten. Es gibt derzeit über 2.000 Betten im Schnalstal, aber vor allem im Winter braucht es in Kurzras um einige mehr.

Sind neue Hotels geplant?

Abänderungen des Bauleitplans in Kurzras wurden seitens der Gemeinde gemacht und auch seitens des Landes genehmigt. Ein gut durchdachtes Verkehrskonzept ist Voraussetzung, damit Kurzras in Zukunft zur begehrten Tourismusdestination wird, Vorbilder könnten verkehrsfreie Schweizer Tourismusorte sein. Nun müssen die Durchführungspläne vorgelegt werden, dann kann man über das endgültige Projekt sprechen. Die Gletscherbahnen mit der Athesia-Gruppe als Hauptaktionär haben bereits angekündigt, ihre Tourismusaktivitäten im Tal zu erweitern und vor allem auch in den Hotel- und Gastronomiebereich zu investieren. Für uns als Gemeinde und das Schnalstal ist es sehr positiv, dass es sich um heimische Investoren handelt, die uns auch eine gewisse Sicherheit geben können, mit denen die Zusammenarbeit funktioniert. Es braucht alle, damit der Tourismus funktioniert, die Gletscherbahnen, die Hotelbetriebe, die Skischulen, die Gemeinde, Arbeiter und die Bevölkerung im Tal. Eine gute Partnerschaft ist wichtig, dann sehe ich auch eine rosige Zukunft für alle. Die Rahmenbedingungen für neue Hotels sind jedenfalls geschaffen, jetzt hängt es von den Investoren ab. Bereits in den kommenden Jahren könnte es soweit sein.

Welche Rolle spielt der 2001 eröffnete archeoParc heute für den Tourismus?

Dieser ist aus dem Sommertourismus nicht mehr wegzudenken. Deshalb wurde in den vergangenen Jahren auch weiter kräftig investiert. Die Gemeinde hat dazu in den letzten drei Jahren 500.000 Euro investiert, weitere 600.000 Euro kamen vom Land. Die Struktur wurde im Innen- und Außenbereich erweitert sowie qualitativ verbessert. Der Park kommt sehr gut an, sowohl bei einheimischen Gästen, als auch bei Urlaubern. Viele tausende Besucher zeugen davon. Wir haben im archeoParc mit Johanna Niederkofler als Museumsleiterin eine optimale Führung gefunden. Sonderausstellungen und Wettbewerbe wie das Bogenschießen erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Archäologiepark ist somit auch kulturell sehr wertvoll für unser Tal und ein wichtiges Zeugnis der Geschichte des Schnalstals.

Als Seitental ist auch Schnals von Abwanderung betroffen. Was kann die Gemeinde dagegen tun?

Die Bevölkerung nimmt nicht zu, das stimmt. In den vergangenen Jahren gab es einen leichten Rückgang. Das hat natürlich mehrere Gründe. Zum einen bieten wir als Berggemeinde zwar eine tolle Landschaft, aber nicht so viele Möglichkeiten. Die großen Industriebetriebe fehlen hier, deshalb gibt es auch kaum Zuwanderung. Möglichkeiten für junge Leute zu bauen gäbe es hingegen im Tal durchaus. Zwar fehlt in Karthaus und Katharinaberg eine Erweiterungszone bzw. geförderter Baugrund, doch steht ausreichend Baugrund in Unser Frau zur Verfügung. Einen Bauboom gab es hierbei aber nicht. Junge Menschen tun sich schwer zu bauen, die Förderpolitik des Landes ist nicht optimal, das ist aber ein anderes Kapitel. Hierbei wären zum Beispiel Sonderregelungen für den Wohnbau in Berggebieten gefordert, junge Familien sollten hier seitens des Landes mit höheren Beiträgen unterstützt werden. Eine schöne Landschaft und der Tourismus alleine sind keine Garantie dafür, der Abwanderung entgegenzuwirken.

Themenwechsel: Was macht die Arbeit als Bürgermeister schwierig?

Die Gesellschaft hat sich verändert, vieles scheint selbstverständlich zu sein, der gegenseitige Respekt ist oft verloren gegangen. Die Gesetze sind breiter und mehr geworden, undurchsichtiger. Oft habe ich den Eindruck, dass man ständig einen Rechtsberater an seiner Seite brauchen würde, auch Beamte haben vielfach Angst, etwas falsch zu machen. Durch die neuen digitalen Medien ist man zudem immer und überall erreichbar und auch Anfeindungen ausgesetzt.

Worauf legen Sie als Bürgermeister persönlich großen Wert?

Auf zielorientiertes Arbeiten. Eine Aneignung von Wissen und das Einholen von Informationen sind für einen Bürgermeister unerlässlich. Nur wenn man sich in die jeweiligen Sachthemen gut einliest, sich optimal darauf vorbereitet, dann kann man auch Lösungen finden. Aber auch die Bürgernähe war und ist mir nach wie vor wichtig. Durch die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in der Gemeinde versteht man, wo der Schuh drückt, welche Infrastrukturen es braucht.

Sie befinden sich in Ihrer zweiten Verwaltungsperiode. Was konnte verwirklicht werden?

Ein wichtiger Punkt ist die Digitalisierung. Die Hauptleitungen für das Glasfasernetz bis nach Kurzras wurden großteils fertig gestellt. Die „letzte Meile“ der Hauptleitung im hinteren Schnalstal soll noch bis 2019, spätestens 2020 realisiert werden. Dann sind die Voraussetzungen für das Glasfasernetz geschaffen. Zudem gilt es in einem Tal wie Schnals ständig in das Verkehrsnetz zu investieren. Straßen und Wege bleiben die wichtigste Lebensader für Hochgebirgsgemeinden. Die Gemeinde hat zusammen mit dem Land in den vergangenen Jahren viel investiert, und wird auch in Zukunft noch viel investieren müssen: Hofzufahrten, Gehsteige, Sicherungsarbeiten, Parkplätze und vieles mehr wurden realisiert und sind Dauerthemen. In der Handwerkerzone „Hof am Wasser“ können nun Betriebe angesiedelt werden, das Freilichtmuseum in Unser Frau wird 2019 eröffnet werden.

Was steht noch an?

Das zweite Baulos vom Gehsteig nach Karthaus ist noch zu vergeben. Der Recyclinghof wird derzeit in Zusammenarbeit mit dem Land umgebaut und erneuert. Das Vereinshaus in Karthaus und die Feuerwehrhalle werden momentan energetisch saniert und umgebaut. In Katharinaberg konnten die Sanierungsarbeiten am Vereinshaus bereits in der vorherigen Verwaltungsperiode realisiert werden. 2019 soll das Zivilschutzzentrum mit der Feuerwehrhalle in Unser Frau mit Nebengebäuden für die Musikkapelle Schnals und neuen Räumen für die Bergrettung fertig umgebaut werden. Viele Trinkwasserleitungen wurden bereits erneuert, weitere sollen in nächster Zeit folgen. Schrittweise erneuert werden soll auch die öffentliche Beleuchtung. Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft das Wasserkraftwerk. 60 Prozent des E-Werks sind bereits in Gemeindebesitz, noch Mitte November wollen wir den Anteil der Alperia, also die restlichen 40 Prozent, übernehmen. Das ist unsere Investition in die Energie und in die Zukunft. Für uns als Gemeinde wird sich das nachhaltig profitabel auswirken. Es gibt jedoch auch Pläne, die noch nicht realisiert werden konnten, wie der Bau von Parkplätzen in Katharinaberg und Vernagt, die Langlaufloipe in Unser Frau oder die Liste für den Ensembleschutz.

Werden Sie 2020 wieder kandidieren?

Das wird sich ergeben und hängt zum einen von der persönlichen Situation, Familie und Gesundheit, ab. Zum anderen ist es auch eine Voraussetzung, dass die Bevölkerung hinter mir steht. Fest steht, ich mache meine Arbeit mit großer Freude und es gibt noch einiges zu tun.

Michael Andres
Michael Andres

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