Soziale Landwirtschaft
Was hat es mit diesem neuen Gesetz auf sich?
Seniorenbetreuung am Bauernhof; „Mit Bäuerinnen lernen - wachsen – leben“
Landtagsabgeordnete Maria Hochgruber Kuenzer
SBO-Landessekretärin Verena Niederkofler

„Eine Chance für viele“

Maria Kuenzer: „Für die bäuerlichen Betriebe und die Gesellschaft insgesamt.“

Publiziert in 43 / 2018 - Erschienen am 12. Dezember 2018

Kortsch - „Die Möglichkeiten, die das neue Gesetz zur Sozialen Landwirtschaft eröffnet, sind eine Chance für die bäuerlichen Betriebe und zugleich ein Mehrwert für die Gesellschaft.“ So umschrieb die Landtagsabgeordnete Maria Hochgruber Kuenzer am 4. Dezember an der Fachschule für Hauswirtschaft und Ernährung in Kortsch den Sinn des Gesetzes, das der Landtag im heurigen Frühjahr verabschiedet hatte. Es war der Bezirk Vinschgau der Südtiroler Bäuerinnenorganisation, der zur Vorstellung des neuen Gesetzes und zugleich zur Präsentation des neuen Buches „Lebendige Bräuche in Südtirol“ eingeladen hatte (siehe eigenen Bericht). Die Bezirksbäuerin Ingeborg Rainalter Rechenmacher erinnerte eingangs daran, dass die Bäuerinnenorganisation seit über 10 Jahren am Thema Soziale Landwirtschaft arbeitet, und freute sich, neben der Landtagsabgeordneten auch die Landessekretärin Verena Niederkofler begrüßen zu können. Kein Verständnis bringt Hochgruber Kuenzer für die jüngsthin mehrfach geäußerte Kritik auf, „wonach es uns nur darum gehen würde, zusätzliche bezahlte Betreuungsleistungen zu übernehmen.“ Sie erinnerte daran, dass das Landesgesetz auf einem Staatsgesetz fußt, das bestimmte soziale Dienstleistungen als Teil der landwirtschaftlichen Arbeit anerkennt. Der Kern der Sozialen Landwirtschaft bestehe darin, „dass Betreuungsleistungen organisiert, bezahlt und von ausgebildeten Bäuerinnen und Bauern erbracht werden.“ Die Soziale Landwirtschaft sei eine große Chance, und zwar nicht nur für die bäuerlichen Betriebe und die Landwirtschaft, sondern für die Gesellschaft allgemein, „denn Menschen mit besonderen Bedürfnissen wie Senioren, Kinder oder Personen mit Beeinträchtigung brauchen besondere Beachtung.“ Der Bauernhof könne für diese Menschen eine Möglichkeit sein, „um eigene Talente, Fähigkeiten zu entdecken oder zu fördern oder einfach angenommen zu werden.“

In vielen Bereichen bereits aktiv

Den Bäuerinnen und Bauern wird die Möglichkeit geboten, den landwirtschaftlichen Betrieb für besondere Bedürfnisse zu öffnen, „um damit eigene Fähigkeiten und Stärken zum Wohle der Gesellschaft und des Betriebes zu entfalten.“ In vielen Tätigkeitsbereichen der Sozialen Landwirtschaft sei man in Südtirol bereits aktiv. Hochgruber Kuenzer nannte etwa die Seniorenbetreuung, die Schule am Bauernhof, die Wissensvermittlung und Bewusstseinsbildung (Bäuerinnen als Botschafterinnen, Referentinnen oder Hof- und Gartenführerinnen) oder die 110 Tagesmütter der Sozialgenossenschaft „Mit Bäuerinnen lernen – wachsen – leben“, die landesweit auf Bauernhöfen Kinder betreuen. Die Landtagsabgeordnete sieht im neuen Gesetz auch eine Chance neuer Arbeitsmöglichkeiten für Frauen im ländlichen Raum. Als unabdingbare Voraussetzungen nannte sie die Fähigkeit, die Ausbildung und die Motivation, soziale Dienstleistungen zu erbringen und in erster Linie eine individuelle Betreuung zu gewährleisten. Was das Thema Ausbildung betrifft, sei derzeit noch einiges im Aufbau. Auf diesen Aspekt verwies auch Verena Niederkofler. Das neue Gesetz, das Niederkofler als „Kind“ von Maria Hochgruber Kuenzer bezeichnete, sei auch als Zusatzangebot für Frauen und Männer zu werten, die es vorziehen, auf dem Hof tätig zu werden anstatt auswärts einer Arbeit nachzugehen.

Drei Angebote im Aufbau

Derzeit im Aufbau seien im Besonderen drei Angebote: Arbeiten mit Jugendlichen, die den Pflichtschulabschluss nicht geschafft haben, wobei mit dem Schulamt zusammengearbeitet wird; Arbeiten mit Menschen mit Beeinträchtigung, wobei vor allem an Freizeitaktivitäten und Urlaubsangebote im Sommer gedacht wird; gestützte Interventionen mit Tieren und Pflanzen (z.B. Garten). „Alle Dienstleistungen beginnen mit der Ausbildung“, unterstrich Niederkofler. Das übergeordnete Motto der Sozialen Landwirtschaft sei die gesundheitsvorsorgende und gesundheitsfördernde Tätigkeit für Menschen mit Hilfe von Tieren, Pflanzen und Natur. Ziel sei es, das soziale, geistige und pädagogische Wohlergehen von betreuten Menschen zu unterstützen und zu verbessern. Das Arbeitsfeld Landwirtschaft eigne sich dafür gut. Zumal die sozialen Tätigkeiten am Bauernhof zur landwirtschaftlichen Arbeit gerechnet werden, eröffnet sich auch eine Einkommensperspektive für bäuerlichen Familien. Im Mittelpunkt stehe der Bauernhof als Arbeitsort, Bildungsort und Gesundheitsort. Als Konkurrenz zu bestehenden Angeboten soll die Soziale Landwirtschaft laut Hochgruber Kuenzer nicht verstanden werden, sondern als Ergänzung. Auf die Zusammenarbeit mit anderen sozialen Dienstleistungen lege man großen Wert.

Josef Laner
Josef Laner

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