Bitte unter die Erde!
Albrecht Plangger: „Verhandeln ist der beste Weg“
Am Podium saßen (v.l.): Peter Ortler, Gerald Burger, Udo Thoma, Werner Egger, Karl Bernhart, Annegret Rück und Alfred Theiner.
Gastreferent Albrecht Plangger
Der Dorfchronist Ludwig Veith (Bildmitte) wurde im Rahmen der Bürgerversammlung geehrt. Links die Kulturreferentin Annegret Rück, rechts BM Karl Bernhart.

Energiegeladene Bürgerversammlung

Potenzierung der Hochspannungsleitung bereitet Sorgen. Prader Gemeindeverwalter blicken zurück und nach vorne.

Publiziert in 22 / 2017 - Erschienen am 13. Juni 2017

Prad am Stjilfserjoch - Die Bürgerversammlung, zu der die Prader Gemeindeverwaltung am 9. Juni in das Nationalparkhaus geladen hatte, war im wahrsten Sinne des Wortes energiegeladen. Das Hauptthema war nämlich die Hochspannungsleitung, die von Glurns über Agums und Stilfs auf das Stilfser Joch führt und potenziert werden soll. Das Vorhaben ist im Zusammenhang mit dem geplanten Bau der sogenannten „Interconnector-­Linie“ im Abschnitt von Reschen bis Glurns zu sehen. Für den Bau dieser Linie haben das Land, der Stromnetzbetreiber Terna und die Gemeinden Mals und Graun schon vor einiger Zeit eine Vereinbarung unterzeichnet. Die Leitung Reschen-Glurns soll zur Gänze unterirdisch verlegt werden. Die Kosten des ca. 70 Millionen Euro teuren Vorhabens tragen rund 80 Großunternehmen in der Lombardei, die im Gegenzug dafür günstigen Strom aus dem Ausland beziehen können. Über diese und weitere Hintergründe des Vorhabens informierte der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger. Bürgermeister Karl Bernhart hatte vorausgeschickt, dass sich die Verwaltung bereits seit dem Herbst 2015 mit diesem Thema auseinandersetze: „Für uns ist klar, dass es speziell für Agums und Stilfs Maßnahmen braucht, falls die bestehende Hochspannungsleitung potenziert wird.“

Was geschieht in Agums und Stilfs?

Dass das Vorhaben umgesetzt wird, steht laut Plangger fest. Mit dem Bau der unterirdischen Leitung könnte bereits 2019 im Oberland begonnen werden. Im Zuge von Verhandlungen zwischen Land, Gemeinden und Terna sei es gelungen, die unterirdische Trasse teilweise abzuändern, um die Beeinträchtigungen für Land und Leute möglichst niedrig zu halten. In Graun wird ein Teil der innerörtlichen Freileitung unterirdisch verlegt und das Umspannwerk außerhalb des Dorfes angesiedelt. Einen Teil der Kosten dafür tragen das Land und die Gemeinde Graun. Auch den Gemeinden Prad und Stilfs hat Plangger geraten, den Verhandlungsweg einzuschlagen und nicht partout auf stur zu schalten. Verhindern lasse sich das Vorhaben nicht. Man könne es höchstens mit Prozessieren um einige Jahre hinauszögern. Außerdem seien das Land und die Terna in vielen Punkten aufeinander angewiesen. Plangger nannte etwa den Bau des Umspannwerks in Goldrain (siehe Bericht auf den Seiten 6 und 7). Klar sei aber auch, dass die bestehende Leitung von Glurns bis auf das Joch potenziert wird und dass die damit einhergehenden Belastungen erheblich steigen werden.

„Technischer Tisch“ eingerichtet

Bei einem Treffen in Bozen, an dem kürzlich hohe Terna-Vertreter, Albrecht Plangger, Landesrat Richard Theiner sowie Vertreter der Gemeinden Prad und Stilfs und der E-Werke Prad und Stilfs teilgenommen haben, sei ein „technischer Tisch“ eingerichtet worden. Plangger: „Jetzt wird verhandelt. Das Ziel ist es, in 6 Monaten zu einer technischen Lösung zu kommen.“ Vorstellbar seien u.a. eine teilweise unterirdische Verlegung der Leitung in Agums und eine Verlegung von Masten in Stilfs. Auch eine Erhöhung der Masten sei eine Option. „Wie schon im Oberland wird man auch hier zu Abstrichen bereit sein müssen“, so Plangger. Geld sei seitens der Terna nicht zu erwarten, sodass möglicherweise auch Land und Gemeinden in den sauren Apfel werden beißen müssen. Unbedenklich sei auch eine unterirdische Leitung nicht, „denn sie ist wie eine Straße unter der Erde.“ Dennoch riet Plangger davon ab, von „Skandal“ zu reden: „Leben kann man damit. In Bormio oder Lana zum Beispiel führen solche unterirdische Leitungen mitten durch die Dörfer.“ Ein bestimmter Verhandlungsvorteil könnte sich aufgrund der Tatsache ergeben, dass die Leitung durch das Gebiet des Nationalparks führt und dass für die Verwaltung des Südtiroler Parkanteils nunmehr das Land zuständig ist. Bei der Diskussion wurde gefordert, dass die Leitung in Wohngebieten und in unmittelbarer Nähe davon unbedingt unteririsch verlegt werden sollte. Höhere Masten seien keine Lösung. Um das Thema der Strahlenbelastung zu vertiefen, wurde angeregt, eine öffentliche Veranstaltung mit Experten zu organisieren. Der Bürgermeister sicherte zu, dass die Gemeindeverwaltung weiterhin am Ball bleiben werde. Es sei aber auch die Mithilfe des gesamten Gemeinderates und der Bevölkerung gefragt.

„Wir werden das Wahlprogramm abarbeiten“

Dass sich in der Gemeinde Prad seit dem Amtsantritt der neuen Verwaltung einiges getan hat, ging aus den Kurzberichten des Bürgermeisters (Gemeinsam für Prad), des Vizebürgermeisters Werner Egger (SVP), der Gemeinsam für Prad-Referenten Annegret Rück und Udo Thoma sowie der SVP-Referenten Gerald Burger und Peter Ortler hervor. Lang ist aber auch die Liste der Vorhaben, die in den nächsten 3 Jahren umgesetzt bzw. in Angriff genommen werden sollen. Hier nur einige davon: Neugestaltung des Viehmarktplatzes, Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung entlang der Haupt­straße, Konzept für die Seniorenstruktur (24-Stunden-Betreuung), Ladestation für Elektro-Autos, Trinkwasserversorgungs-Studie, Kinderspielplätze in Prad und Lichtenberg, Citybus, strukturelle Aufwertung der Sportzone, Nutzung alter Bausubstanz in Lichtenberg, Neubau der Feuerwehrhalle in Lichtenberg, Sanierung der Mittelschule, Renovierung des Kalkofens und viele weitere Vorhaben. Auch über Bemühungen und Aktionen für eine Weiterentwicklung der Gemeinde in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Sport, Marktwesen und Tourismus wurde informiert. Der Bürgermeister gab sich überzeugt, dass es gelingen wird, „das Wahlprogramm Schritt für Schritt abzuarbeiten.“ Es brauche aber alles seine Zeit. Er erinnerte mehrfach daran, dass das Programm von allen 3 Ratsfraktionen erarbeitet worden ist. Mit am Podium saß daher auch Alfred Theiner von der Süd-Tiroler Freiheit. Er informierte über Anträge und Anfragen, die für die Verwaltung zum Teil auch „unbequem“ gewesen seien. Seine Fraktion bemühe sich, sinnvolle Vorhaben mitzutragen, verzichte aber nicht auf Kontrolle und kritisches Hinterfragen.

Kritik und Anregungen

Bei der Diskussion wurde u.a. beanstandet, dass die Verwaltung zu wenig Druck für den Bau eines Altersheims ausgeübt habe. Udo Thoma meinte hierzu, dass es seitens des Landes aufgrund der bestehenden Kriterien keine Finanzierung dafür gibt. Man konzentriere sich daher auf das Modell der 24-Stunden-Betreuung. Angeregt wurde der Bau einer Fußgängerbrücke über die Etsch, um eine Verbindung zum Bahnhof in Spondinig herzustellen. Laut dem Bürgermeister sei man diesbezüglich bereits am Ball.Geklagt wurde u.a. auch darüber, dass in Prad immer wieder organisierte Gruppen von Bettlern unterwegs seien. Nicht nachlassen sollte die Verwaltung in den Bemühungen, das Altdorf weiter zu verschönern und aufzuwerten.

Umfrage-Ergebnisse vorgestellt

Viele Themen, die bei der Diskussion zur Sprache kamen, sind auch in den Ergebnissen der Umfrage zur Ortsentwicklung zu finden. Über 300 Bürgerinnen und Bürger aus dem gesamten Gemeindegebiet hatten sich an einer Umfrage der Kommission für Ortsentwicklung beteiligt. Peter Pfeifer stellte die markantesten Ergebnisse vor. Was den Umfrageteilnehmern am meisten fehlt, sind mehr Restaurants und Bars sowie ein Altersheim, ein Citybus und mehr Einzelhandelsgeschäfte. Auf die Frage, was sie am Dorfbild ändern möchten, antworteten die meisten: Gestaltung Hauptplatz, geschlossenes Dorfzentrum, Sanierung von Altbauten und Verkehrskonzept. Am liebsten halten sich die Prader im Fischerteich auf, im Kulturwald und in der Prader Sand. Wie der Bürgermeister informierte, werde die Verwaltung nun die Stärken und Schwächen aus den Befragungs-Ergebnissen herausarbeiten, konkrete Ziele definieren und die Umsetzung derselben ins Auge fassen. Mehrfach gedankt haben die Verwalter den vielen Vereinen und allen Freiwilligen, die sich in verschiedensten ­Bereichen ehrenamtlich für das Allgemeinwohl engagieren.

Ludwig Veith geehrt

Die Bürgerversammlung, zu der rund 80 Personen gekommen waren und die von der Gemeinderätin Michaela Platzer gekonnt moderiert wurde, nahm die Gemeindeverwaltung auch zum Anlass, einen besonderen Prader zu ehren. Es ist dies der Dorfchronist Ludwig Veith. Annegret Rück würdigte ihn als Ansprech­partner für alle im Dorf. Bereits 1979 begann Veith mit der Erforschung seiner Ahnen. 1982 legte er eine systematische Sammlung privater sowie gerichts- und gemeindeamtlicher Schriften an. Es entstand ein richtiges Archiv. „Erst ein Familienarchiv und seit 2015 ein historisches Gemeinde-Archiv, das sich in einem feuerfesten Schrank im Rathaus befindet und wahre Schätze birgt“, so Rück. Außerdem hält Veith schon seit Jahren sämtliche Ereignisse im gesamten Gemeindegebiet in Bild und Text fest und sammelt sie für die Jahreschroniken. Ludwig Veith bedankte sich bei der Gemeindeverwaltung und vor allem auch bei seiner Frau Hilda.

Josef Laner
Josef Laner

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