„Der Luis hat sich viel traut“
EXPERIMENT GLURNS ERFOLGREICH UMGESETZT
Wegbegleiter und ehemalige und derzeitige Vertreter der hohen Politik: Franz Josef Pratzner, Träger der silbernen Ehrennadel, Sepp Noggler, Robert Kaserer, Richard Theiner, Christine Riedl, Referent Ignaz Niederholzer, Alois Riedl, Albrecht Plangger, Bürgermeister Alois Frank und Referent Armin Windegger (v.l.)
Zum klingenden Spiel der Stadtkapelle unter Kapellmeister Manfred Horrer wurden die Ehrengäste am Rathausplatz von den Vereinen empfangen.
In gewohnter Position: Alt-Bürgermeister Alois Riedl unter dem Stadtwappen
Letzte Absprachen zwischen Jubilar Alois Riedl, Frau Christiane und Tochter Ulrike (rechts). Dahinter von links Tochter Maria, Enkel Michael (3. v. l.), Enkelinnen Franziska, (abgewandt) Katharina und Sohn Franz.

Er hat Glurns lebenswert gemacht

Bürgermeister Alois Riedl war maßgeblich beteiligt, dass aus der Ackerbürgerstadt Glurns ein weit über die Landesgrenzen hinaus bekanntes und bewundertes Kulturdenkmal entstanden ist.

Publiziert in 37 / 2018 - Erschienen am 30. Oktober 2018

Glurns - Dass man verdienstvolle Verwalter mit Urkunde, Verdienstmedaille, Anstecknadel oder Ehrentitel auszeichnet, ist bekannt und vorstellbar. Dass man aber ein wissenschaftliches Symposium zur Rahmenveranstaltung einer Ehrung macht, ist bisher nur Bürgermeister Alois Frank und seinem Stadt- und Gemeinderat gelungen. Er, der Erste Bürger, hat zusammen mit seinem obersten Bildungsvermittler, Schulsprengeldirektor Herbert Raffeiner, und in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Kulturinstitut die Tagung „Glurns zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit“ ausgerichtet. Es sei nach 12 Jahren und 3 Tagungen des Kulturinstituts wieder Zeit, „einen konzentrierten Blick auf die Glurnser Geschichte zu werfen“, hatte Bürgermeister Alois Frank bei der Tagungseröffnung erklärt. 9 namhafte Referentinnen und Referenten, davon 3 aus dem Vinschgau, alle Experten ihrer Fachgebiete, stellten neue Erkenntnisse und Forschungsergebnisse vor. Die Ausführungen reichten vom Glurnser Stadtwappen über das Schicksal der Gotteshausleute und den Gerichtssitz Glurns bis zu einer überraschenden Interpretation des Mäuseprozesses. Es wurde nicht nur Albrecht Dürers Abstecher nach Glurns, sondern auch dessen Einfluss auf die Stadtanlage bewiesen. Man ging der Frage nach, was von einer mittelalterlichen Stadt geblieben oder vergangen ist, warf ein Auge auf die kirchliche Bautätigkeit in Glurns und ließ die Pfarrkirche deuten und besprechen. Alt-Bürgermeister Riedl verfolgte aufmerksam alle Vorträge im Rathaus-Saal. (Der der Vinschger wird auf die Tagung in der nächsten Ausgabe eingehen) 

Experiment Stadtsanierung

Die Tagung setzte sich in der Pfarrkirche zum Hl. Pankratius fort. Nach der Festmesse mit Stadtpfarrer Paul Schwienbacher und Pater Pius von Marienberg, feierlich umrahmt durch Kirchenchor und Bläsergruppe, begrüßte Bürgermeister Frank den Jubilar, dessen Familie, die Abordnungen der Vereine und die Stadtgemeinde. „Der feierliche Gottesdienst ist der Beginn der Ehrung von Alois Riedl und gleichzeitig der Abschluss der Tagung durch die Ausführungen des Kunsthistorikers Leo Andergassen“, meinte der Bürgermeister. Der Dauerregen verhinderte zwar den Zug von Musikkapelle, Feuerwehr, Schützen, Chor und Ehrengäste zur Stadthalle, aber einen wirklichen Strich durch die Feierlaune der Glurnser vermochte er nicht zu ziehen. Bürgermeister Frank eröffnete den Festakt mit dem einstimmigen Beschluss des Stadtrates, „dich, lieber Luis, für deine Verdienste um unsere Stadt zu ehren“. Landeskonservator a.D. Helmut Stampfer erinnerte in seiner viel beachteten Festrede an den Ausgangspunkt des „Experiments Glurns“. Er führte die untragbaren, zum Teil ungesunden Wohnverhältnisse und den Mangel an Arbeitsplätzen mit der Gefahr der Abwanderung an. Damals sei der Spruch: „Innerhalb der Mauern lässt uns der Rasmo und außerhalb der Mauern der Benedikter nicht bauen.“ Für die jüngeren Gäste im Saal folgte die Erklärung zum gestrengen Trientner Denkmalschützer Nicoló Rasmo und den konsequenten Landschaftsschützer und „Raumordner“ Alfons Benedikter. Nach knappem Verweis auf den angehenden Konditor Alois Riedl als „Gastarbeiter“ in der Schweiz und dessen Plan, in Amerika weiterzulernen, skizzierte Stampfer den politischen Werdegang des späteren Bürgermeisters. Ob der Auftritt Riedls bei einer SVP-Landesversammlung zum Erlass von „Maßnahmen zur städtebaulichen Sanierung“ durch die Landesregierung im Jahr 1970 geführt habe, könne man annehmen, aber nicht eindeutig beweisen. 

Immer an Glurns geglaubt

Riedl selbst, inzwischen Bürgermeisterstellvertreter, sah sich einer skeptischen Glurnser Bevölkerung gegenüber. Stampfer zitierte einen älteren Glurnser, der ihm 1975 „allen Ernstes“ empfohlen habe: „Nicht sanieren, sondern bombardieren sollte man Glurns.“ „Aber Riedl, seit 1978 Bürgermeister, glaubte unerschütterlich an die Zukunft von Glurns“, erzählte Helmut Stampfer, „und leistete unbezahlbare Überzeugungsarbeit, indem er immer wieder darauf hinwies, dass es sich lohnt, die alten Häuser zu sanieren, zu bewohnen und dadurch wiederzubeleben.“ Das Experiment Glurns habe vor 45 Jahren begonnen und seither nichts an Aktualität verloren, sagte Stampfer. Je globaler und gleichförmiger die Architektur, desto mehr steige der Wert regional geprägter Städte, Dörfer und Kulturlandschaften. Alois Riedl zeigte sich gerührt und dankte vor allem „jenen Glurnser Bürgerinnen und Bürger, die den Mut hatten mitzumachen und sich auf die Sanierung einzulassen.“ Er erwähnte den Förderverein „Celko“ und nannte nach Landesrat Benedikter, den Architekten Fingerle und von Klebelsberg und den Glurnser Künstler Paul Flora auch Martin Fliri-Dane aus Taufers i.M. als Pionier und Zuständigen für das improvisierte Sanierungsbüro im Hotel „Grüner Baum“.  In seiner Laudatio bescheinigte Bürgermeister Alois Frank Altbürgermeister Riedl Weitsichtigkeit und Zielstrebigkeit. „Dazu braucht es den Glauben an die eigene Kraft, den Willen zur Zusammenarbeit, die Überzeugungskraft und hin und wieder eine Portion Naivität“, meinte er. „Dafür, dass aus Glurns ein lebenswerter Wohn- und Aufenthaltsort geworden ist und dass du unsere Stadt zu dem gemacht hast, was sie heute ist, wollen wir dir herzlich danken.“ Landeshauptmannstellvertreter Richard Theiner übergab das von Carmen Müller künstlerisch gestaltete Ehrendiplom mit der Widmung: „Die Stadtgemeinde Glurns verleiht Alois Riedl, Bürgermeister in Glurns von 1978 bis 2000 in Anerkennung seiner Verdienste um unsere Stadt die Ehrennadel in Gold. Glurns, am 28. Oktober 2018“. Chorleiter Martin Moriggl und seine singenden Männer stimmten an: „Und im Stadtl wor oaner, der hot sich viel traut, holreidi ho.“

Günther Schöpf
Günther Schöpf
Vinschger Sonderausgabe

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