Für ein stärkeres Miteinander aller Sparten
Publiziert in 5 / 2013 - Erschienen am 13. Februar 2013
Mit interessanten Empfehlungen für die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe im Vinschgau wartet eine neue Studie auf.
Vinschgau - Vier Monate lang haben sich sechs Studenten des MCI (Management Center Innsbruck) mit den regionalen Wirtschaftskreisläufen im Vinschgau befasst. Sie sammelten Daten aus allen Wirtschaftssparten, analysierten den Ist-Zustand in der Landwirtschaft, im Tourismus, im Handel, im Handwerk und in weiteren Bereichen und führten Interviews mit Landwirten, Bäckern, Hoteliers, Regionalentwicklern und anderen Akteuren. Herausgekommen ist eine in dieser Form neuartige Studie, in der die Studenten David Abentung, Maximilian Graf, Tobias Hartmann, Vera Kadletz, Paul Langsteger und Alexander Zoller auch klare und mutige Empfehlungen aussprechen. Angeregt hatte die Studie, die im Rahmen der Lehrveranstaltung „Projektmanagement & Praxisprojekt“ am MCI erstellt wurde, die Kornkammer Vinschgau, sprich der Regionalentwickler Konrad Meßner. Ziel sollte es sein, aufzuzeigen, wie die mit der Globalisierung einhergehenden Nachteile für periphere Gebiete, wie es auch der Vinschgau ist, ausgeglichen werden können. Bei ihrer Arbeit stießen die Studenten auf eine Vielzahl von Konfliktfeldern: wachsender Obstanbau und damit verbundene Probleme (zum Beispiel Pestizide), Biolandwirtschaft, Unterschiede zwischen Groß- und Kleinbetrieben im Handel, im Handwerk und im Tourismus, Kapitalabwanderung infolge von Saisonarbeit im Obstbau und im Tourismus und weitere Problemfelder mehr.
„Gewisse Unstimmigkeiten“
Zu den wichtigsten Empfehlungen der Studenten gehört die Schaffung eine allgemeinen Bewusstseins für Regionalität. Besonders innerhalb der Landwirtschaft gebe es „gewisse Unstimmigkeiten“, die abzuschaffen sind, „um ein förderliches Miteinander zu gewährleisten.“ Den Vinschgern müsse klar gemacht werden, dass Teilbereiche wie Handel, Handwerk oder Landwirtschaft nicht mehr als solche angesehen werden können, „sondern unbedingt gemeinsam betrachtet werden müssen.“ Konkret schlagen die Studenten, die sich mit ihrem wirtschaftswissenschaftlichen Abriss an alle Vinschger wenden wollen, vor, dass sich Hoteliers, Händler, Bauern und andere Akteure gemeinsam an einen Tisch setzen. Auch die Idee eines „Siegels“ als Kennzeichen für Qualität, Regionalität und Nachhaltigkeit wird aufgeworfen, wobei man sich vom Begriff „Bio“ zunächst abtrennen sollte, um Nicht-Bio-Bauern nicht auszuschließen. Es gelte, Mitglieder zu finden, die ein gutes Verhältnis zum Boden haben. Eine sichtbare Folge des Siegels könnte ein „Vinschger Kistl“ sein, ein Warenkorb, der die Spezialitäten der Region vereint. Speziell Getreideprodukte sollten mit einfließen. Im Gegensatz zum Intensivobstbau weise der Getreideanbau eine viel geringere Gefährdung der Umwelt auf. Die Kornkammer ist ein gutes Beispiel dafür, wie man regionale Kreisläufe stärkt und die Zusammenarbeit zwischen Produzenten und Handwerkern verbessert. Auch in der Sanierung von Altbauten orten die Studenten brach liegendes Potential für eine Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe. Insgesamt gehe es darum, die Globalisierung positiv zu nutzen und den Grundgedanken der kleinen Kreisläufe im Kopf zu festigen und auch im Tun: „Der einzelne Tourist zahlt ja nicht nur für sein Hotelbett, sondern vor allem für die Region. Und zur Region zählt ja nicht ausschließlich der einzelne Bäcker mit seinem Laib Brot; hier zählt alles dazu. Der Bäcker, der das Frühstück herstellt, genau so wie der Bauer, der das Getreide anbaut, der Arbeiter, der es erntet, der Hotelier, der das Frühstück serviert und auch die Umgebung und das Aussehen der Region, die der Gast beim Frühstück genießt.“

Josef Laner