Für mehr Ausgleich zwischen Berg und Tal
Publiziert in 13 / 2014 - Erschienen am 9. April 2014
Bauern im Oberland haben viele Probleme und große Sorgen. Landesrat Arnold Schuler kündigt Neuausrichtung der Förderungen an.
Pedroß - Die Liste der Sorgen, Probleme und Nöte der Bauern in der Gemeinde Graun, und nicht nur dort, ist lang. Deutlich gezeigt hat sich das am 2. April bei einer gut besuchten Informations- und Diskussionsveranstaltung im Vereinshaus Pedroß in Langtaufers. Der für Landwirtschaft zuständige Gemeindereferent Peter Eller zeichnete vor Vertretern der Politik, des Bauernbundes und vieler Bergbauern aus dem gesamten Gemeindegebiet ein ziemliches düsteres Bild der derzeitigen Lage: „Die Erlöse gehen weiter zurück, das Verhältnis zwischen Einnahmen und Kosten stimmt schon lange nicht mehr überein, die Sicherheitsvorschriften sind übertrieben und die Bürokratie ist auch für die Bergbauern unerträglich geworden.“ Das, was ein Talbauer pro ha erwirtschaftet, sei mit dem, was ein Bergbauer herausholt, nicht vergleichbar. „Wir sind froh, dass es den Talbauern gut geht, aber unsere Situation muss verbessert werden“, sagte Eller. Auch die Pachterlöse seien im Oberland verschwindend niedrig und ein Quadratmeter Grund sei nur einige wenige Euro wert. Zusätzliche Schwierigkeiten bereiten den Bergbauern Trocken- und Wildschäden, das schwierige Arbeiten und der Umstand, dass die von den Bauern erbrachte Landschaftspflege nicht angemessen honoriert werde, wenngleich der Tourismus davon profitiere. Die Umsetzung von Projekten sei so gut wie unmöglich, „denn es gibt nicht einmal das Geld, um Projekte überhaupt zu erstellen.“ Vollerwerbsbauern gebe es so gut wie keine mehr: „Auf vielen Höfen wird nur mehr aus Verbundenheit zur Heimat weitergearbeitet. Rein wirtschaftlich gesehen wären viele Betriebe bankrott“, so Eller.
„Vollständiger Ausgleich
nicht möglich“
Landesrat Arnold Schuler sagte, dass es in der Vergangenheit speziell im Bereich der Einzelförderungen bereits Verschiebungen zugunsten der Berglandwirtschaft gegeben habe. An der Grundausrichtung „weniger für den Obst- und Weinbau und mehr für die Bergbauern“ werde festgehalten. Trotzdem werde es nie einen vollständigen Ausgleich zwischen Tal und Berg geben, „denn unsere Landwirtschaft ist vielfältig und unterschiedlich, auch innerhalb der Berglandwirtschaft. Ein großer Viehbauer aus dem Wipptal kann zum Beispiel nicht mit einem kleinen Bergbauer in Langtaufers verglichen werden.“ Während im Obst- und Weinbau vor allem strukturelle Förderungen, gespeist mit EU-Mitteln, zum Tragen kommen, soll die Berglandschaft anderweitig gefördert werden. Es müsse gelingen, die Förderpolitik seitens der EU, des Staates und des Landes insgesamt zu vereinfachen und neu auszurichten. Speziell bei EU-Förderungen sei der bürokratische Aufwand gewaltig. Auch die Art der Beiträge sei zu überdenken. Bei der Maschinenförderung sei es teilweise so, dass der Maschinenhersteller am Ende mehr von der Förderung profitiert als der Bauer. Aufgrund der hohen Zahl von Förderungsansuchen habe sich die Landesregierung für einen einstweiligen Förderstopp ausgesprochen, auch im Bereich der Landwirtschaft, um bisherige Ansuchen bewältigen, sprich finanzieren zu können. Der Rotationsfonds bleibe weiterhin offen. Über die Schiene „ländliche Entwicklung“ werde in den nächsten 7 Jahren etwas mehr EU-Geld fließen. „Die Leader-Gebiete werden neu abgegrenzt, wobei auch der Vinschgau berücksichtigt werden soll“, informierte Schuler. Der Grundsatz, über die Flächen mehr Geld zu bekommen, sei richtig. Zumal die Lebensmittelpreise weltweit steigen, etwa der Getreidepreis, könne er sich eine vermehrte Umstellung von Vieh auf Getreide vorstellen.
Heiße Themen
Neben der laufenden Debatte rund um die Immobiliensteuer IMU bzw. GIS für die Betriebe, die Urlaub auf dem Bauernhof anbieten, sprach der Landesrat noch weitere heiße Themen an. So sei in der Frage der Schlachthöfe, zu der es unterschiedlichste Standpunkte gibt, ebenso eine Entscheidung zu fällen wie beim Thema der Tierzuchtverbände. „Es ist über eine Zusammenlegung zu reden, über die Finanzierung der Verbände und die zukünftige Entwicklung“, so Schuler.
„Es wird noch schwieriger“
Der Landtagsabgeordnete Sepp Noggler sagte, dass die Berglandwirtschaft mit gewaltigen Problemen zu kämpfen hat, „und die Lage wird sich weiter verschlechtern.“ Er sieht im Getreideanbau keine Alternative: „Ökologisch kann das zwar gut sein“, aber realistisch gesehen sei das angesichts der kleinen Flächen kein Ausweg. Wovor speziell junge Leute einen „Grausen“ hätten, seien die vielen Vorschriften und bürokratischen Auflagen. Bestimmte Unterschutzstellungen seien etwas zu lockern. Viele Gemeinden im Vinschgau hätten mit der Abwanderung zu kämpfen. Der Bauernbundbezirksobmann Raimund Prugger sagte, dass er sich der Probleme der Berglandwirtschaft, die ihm am Herzen liegt, bewusst sei. Der Bauernbund bemühe sich um Problemlösungen im vorpolitischen Raum. Bürgermeister Heinrich Noggler informierte über Bemühungen, im Bereich des „Schotterlochs“ in St. Valentin eine Kompostierungsanlage zu errichten, nachdem sich der Bau einer Biogasanlage wegen zu langer Zufahrtswege und relativ geringen Interesses als unrentabel herausgestellt hatte. Noch heuer begonnen werden soll mit dem Bau einer Beregnungsanlage in Außerlangtaufers zwischen Malsau und Padöll. Die Gemeinde unterstütze dieses Projekt, das mit Gesamtkosten von knapp 1 Mio. Euro veranschlagt ist, mit insgesamt 160.000 Euro, aufgeteilt auf zwei Jahresbeiträge.
Der Schuh drückt
an vielen Stellen
Die „katastrophale“ Bürokratie war nur eines der Probleme, die bei der Diskussion auf den Tisch kamen. Kritisiert wurde u.a. auch die Förderpolitik. Das Prinzip der Förderung über die Flächen sei richtig, aber es müsse auch endlich berücksichtigt werden, was ein ha im Tal und ein ha am Berg abwirft. Dringend gebraucht werde eine Beregnung auf der Oberen Malser Haide. Nicht viel mehr als ein Wort sei die viel gepriesene Stärkung der kleinen Kreisläufe. Auch die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Tourismus gebe es in diesem Sinn so gut wie nur auf dem Papier. Beanstandet wurden auch Verspätungen bei der Auszahlung der Beiträge für die Almen. Umständlich und zeitraubend seien weiters die Behördengänge nach Schlanders bzw. Bozen. Kümmern sollten sich die Politiker auch um das Problem jener Bauern, die Grundflächen in Österreich besitzen bzw. bewirtschaften. Dort gebe es kaum Förderungen. Angesprochen wurden auch die niedrigen Landwirtschafts-Renten und weitere Anliegen. Sepp
Josef Laner