"Wir werden für diese 30 Millionen Euro kämpfen"
Die außerordentliche Instandhaltung des Auslaufkanals in Glurns ist laut Albrecht Plangger ebenfalls eine Maßnahme, die nicht mit Geld aus dem Umweltplan finanziert werden sollte.

Gemeinden kämpfen um 30 Millionen

Publiziert in 13 / 2005 - Erschienen am 7. Juli 2005
Rund 30 Millionen Euro sollen in die Umsetzung des Umweltplanes in den Gebieten der acht Vinschger Ufergemeinden in einem Zeitraum von 25 Jahren investiert werden. Dies jedenfalls hat die Landesregierung im November 2002 im Zuge der Vereinbarung zur Streitbeilegung im Zusammenhang mit der Reschenstauseekonzession beschlossen. Von einer Mitsprache der Ufergemeinden, wie sie ebenfalls vereinbart wurde, ist aber laut dem Grauner Bürgermeister Albrecht Plangger und dem Bezirkspräsidenten Josef Noggler wenig zu spüren. Von Sepp Laner „Das Land und die Sel-Edison gehen eigene Wege und wollen das Geld vor allem für Maßnahmen an den Kraftwerksanlagen von Glurns und Kastelbell verwenden“, ärgert sich Albrecht Plangger, und nicht zu Gunsten des Territoriums der Anrainergemeinden (Vertrag Gemeinde Graun - Autonome Provinz Bozen 26. 11. 2002: „l'obbligo di realizzare con mezzi finanziari della societá Sel-Edison S.p.a. stessa un piano per il miglioramento ambientale a favore del territorio dei comuni rivieraschi per un impegno finanziario pari a Euro 30 milioni da realizzarsi entro 25 anni dalla data del rilascio del provvedimento definitivo e in ogni caso entro l'anno 2030"). Die Mitarbeit am Projekt der Sel-Edison sei unmöglich gewesen. Bis zur vollständigen Projekterstellung, Mitte Februar 2005, habe Bürgermeister Plangger nicht einmal eine Inhaltsangabe der Maßnahmen erhalten, geschweige denn substantiell mitarbeiten können. Alle Abmachungen sehen aber einen „accordo" bzw. eine Abstimmung mit den Gemeinden vor. Der Umweltplan, welcher mittlerweile bereits einer Umweltverträglichkeitsprüfung durch die Landesämter unterzogen wird, wurde mit Ausnahme von Graun und Mals, den betroffenen Anrainergemeinden nicht einmal vorgestellt. Wo bleibt Abstimmung mit den Gemeinden? Den Gemeinden Mals und Graun wurde der Umweltplan von der Sel-Edison Mitte Februar vorgestellt, diese haben aber die Sel-Edison schriftlich ersucht, den Umweltplan zusätzlich zu den Gemeinden Graun und Mals dringlichst auch den Anrainergemeinden Glurns, Schluderns, Laas, Schlanders, Latsch sowie Kastelbell-Tschars vorzustellen. Plangger beanstandete, sich persönlich mit der Arbeit nicht identifizieren zu können. Knackpunkte waren und sind die von der Sel-Edison vertretene Position des Kausalzusammenhanges der Maßnahmen mit den Kraftwerksanlagen sowie die Nichtbeachtung der vertraglichen Grundlagen für den Umweltplan und der Abmachungen vom November 2002 zwischen Gemeinde Graun, Sel AG und Land. Dies hat die Gemeinden dann leider bewogen, einen eigenen Vorschlag zu präsentieren. Laut Bürgermeister Plangger sind einzige Rechtsgrundlage für den Umweltplan und für die Investition dieser 30 Mio. Euro nicht irgendwelche nachträglich erlassenen Landesgesetze, sondern einzig und allein die außergerichtlichen Vereinbarungen zwischen der Gemeinde Graun und der Südtiroler Landesregierung, der Sel AG und den übrigen Anrainergemeinden im Vinschgau. „Es braucht zur Zeit kein UVP-Verfahren“ Daher brauche es zur Zeit kein Umweltverträglichkeitsverfahren und keine Plan-UVP, sondern einzig und allein eine Einigung mit den Gemeinden über die anstehenden Drei-Jahrespläne. Für Umweltverbesserungsmaßnahmen, die erst in 20 bis 25 Jahren durchgeführt werden sollen, brauche es heute sicherlich noch keine Umweltverträglichkeitsprüfung. Wohl aber müssten sich die Landesämter mit den Vorschlägen für das neue Auflagenheft zu den Kraftwerken Glurns und Kastelbell befassen. Die Anrainergemeinden haben im März selbst Vorschläge ausgearbeitet und den Landesämtern übermittelt, in welchen alle Probleme (Restwasser, Restwassermengen, Sunk und Schwall, Auen, Beregnung, Fischtreppen, Sicherheitsmaßnahmen u.s.w.) berücksichtigt wurden. Leider wurde bisher über diese Vorschläge laut Bürgermeister Plangger noch keine Diskussion begonnen. Bezüglich des Umweltplanes haben die Gemeinden mittlerweile ihre Vorschläge gemacht und der Gegenentwurf zum Umweltplan der Sel-Edison sollte innerhalb Mitte Juli diskussionsreif sein. Ein Schweizer Unternehmen ist mit der Endformulierung beauftragt. Gegenentwurf zum Umweltpan der Sel-Edison „Wir wollten den Gegenentwurf schon viel früher präsentieren, sind aber durch die Wahlen in den letzten Monaten leider behindert worden“, so Plangger. Ein Vorentwurf dieses Umweltplanes der Gemeinden wurde mittlerweile den zuständigen Stellen übermittelt, und nun werde sich zeigen, ob die schriftlichen Vereinbarungen vom Herbst 2002 mit dem Landeshauptmann und dem damaligen Sel-Präsidenten, Landesrat Laimer, Gültigkeit haben. Zu direkten Vereinbarungen mit der Sel-Edison ist es damals nicht gekommen, daher hatten damals die Landesregierung und die Sel AG die Garantie für die Umweltverbesserungsmaßnahmen zu Gunsten der betroffenen Gemeindeterritorien übernommen. Einen großen Knackpunkt in der Interpretation der Vereinbarungen wird der Kausalzusammenhang zwischen den Umweltmaßnahmen und den Kraftwerksanlagen bzw. das Planungsgebiet darstellen. Für Bürgermeister Plangger ist das Planungsgebiet das gesamte Gemeindegebiet der acht Anrainergemeinden („a favore del territorio dei comuni rivieraschi“). Die Maßnahmen zur Umweltverbesserung beschränken sich daher nicht unmittelbar auf die Kraftwerksanlagen, sondern sollen auch nicht mehr wiedergutmachbare Schäden ausgleichen und die betroffenen Gebiete aufwerten und requalifizieren bzw. Ausgleichsmaßnahmen für gebietsmäßige Umweltdefizite darstellen. Für Plangger war damals die Ausrichtung einer Vereinbarung Staat/Regionen vom September 2002 ausschlaggebend, welche von Ausgleichsmaßnahmen und Umweltaufwertung sprach („misure di compensazione e riequilibrio ambientale“). Die Gemeinden ihrerseits haben bereits im Jahr 2004 die Umweltdefizite an den Kraftwerksanlagen und den Grad der Belastung der Gemeinden im Einzugsgebiet durch die Kraftwerksanlagen ermittelt, um später eine ausgeglichene Verwendung der Gelder in den einzelnen Gemeinden zu gewährleisten. Berücksichtigt wurden die Anzahl der Fassungen, die Länge der Restwasserstrecken und der Druckleitungen, die Länge der Hochspannungsleitungen, Umspannwerke, die Beeinträchtigung der Beregnung, Schwall- und -Sunksituationen, Stauräume, Probleme mit dem Geschiebe, Auslaufkanäle, Aushubdeponien u.s.w. Umweltdefizite schon 2004 ermittelt Die Vereinbarungen mit der Landesregierung und die diebezüglichen Beschlüsse sehen Dreijahrespläne für die Umsetzung vor. In diesem Sinne haben sich die Gemeinden logischerweise auf die Dreijahrespläne 2004/2006 und 2007/2009 beschränkt. Darüber hinaus wäre es nicht sinnvoll, die Maßnahmen jetzt schon zu bestimmen, da ganz wichtige Untersuchungen zum Auenschutz und zur Sunk- und Schwallproblematik angestellt werden müssen (Beschluss Landesregierung 4437 vom 25.11.2002 "soweit gefordert, werden die einzelnen Investitionen und die Zeiträume zur Umsetzung der einzelnen Maßnahmen alle drei Jahre mit den betroffenen Gemeinden abgestimmt......."). Angesichts der voraussichtlichen Konzessionsverlängerung, höchstens 30 Jahre, vom 11.05.1998 bis 11.05.2028, und der vertraglich vorgesehenen Durchführung des Durchführungsplanes innerhalb 2030, sei es höchst an der Zeit, dass mit den Maßnahmen auf dem Territorium der Gemeinden begonnen wird. Als zwei Beispiele von „Umweltmaßnahmen“ im Sinne der Sel-Edison nennt Plangger eine längst überfällige Instandsetzung des Auslaufkanals beim Kraftwerk Glurns sowie die Behebung von Ufererosionsschäden im Bereich des alten Grauner Kirchturms. Laut Plangger war der wahre Grund dieser Schäden die außerordentliche Stauhöhe in den Jahren 2002 und 2003, speziell im Bereich des Karlinbachs, sodass es sogar zu einem Sicherheitsrisiko gekommen ist. „Und für solche, selbst verursachte Schäden wird Geld aus dem Umweltplan verwendet“, ärgert sich der Grauner Bürgermeister. Dasselbe gelte für die außerordentliche Instandhaltung des Auslaufkanals in Glurns. „Instandhaltungen jahrzehntelang verschleppt“ Jahrzehntelang sei jegliche Instandhaltung verschleppt worden. Die Oberflächenabdichtung sei längst undicht und die angrenzenden Bauern hatten große Schäden auf ihren Feldern auf Grund der Sickerwasseraustritte. Diese Sanierungsmaßnahme, sowie die Abdichtung des Ausgleichsbeckens und die Geschiebeentnahme seien längst fällige Instandhaltungsarbeiten, die der Betreiber zu tragen hat. Gegen diese beispiellose Nachlässigkeit der Betreiber hätten die Gemeinden im Auflagenheft klare Vorschriften und Termine vorgeschlagen. Das Ausgleichsbecken und der Auslaufkanal jedoch werden laut Plangger bleiben und sie werden weiterhin einen groben Eingriff in die Landschaft und das Landschaftsbild darstellen, daher brauche es eben als „Kompensation“ für diese bleibenden Umweltdefizite Alternativmaßnahmen im übrigen Gemeindegebiet. „Für einige Instandhaltungsmaßnahmen hätten wir uns sicher nicht die Füße ausgerannt und einer Verlängerung der Reschenseekonzession zugestimmt, dies versteht sich von selbst", so die Bürgermeister Albrecht Plangger und Josef Noggler (Mals). Umweltdefizite mit Maßnahmen „kompensieren“ Die Vorschläge der Gemeinden zielen somit darauf ab, bestehende Umweltdefizite zu beheben (wie zum Beispiel Aufschüttung am Reschensee gegen Staubplage, Maßnahmen gegen Verlandung Haidersee, Fischtreppen, Instandhaltung Waale und Waalwege, Behebung Geschiebeprobleme in den Bewässerungen, Umgestaltung Ausgleichsbecken Glurns/Schluderns in Naherholungszone, Einhausung Umspannwerk, Verlegung oder Erdverkabelung Mittel- und Hochspannungsleitungen) bzw. mit „alternativen“ Maßnahmen die bleibenden Umweltdefizite zu kompensieren (zum Beispiel touristische Nutzung Stausee, Maßnahmen zu Gunsten der Landwirtschaft als „Landschaftsgärtner“, Verkehrsberuhigungen, Schadsstoffreduktionen durch Fernwärmeprojekte, Sanierung von durch Kraftwerksbau betroffenen Trinkwasserleitungen, Landschaftspflegemaß- nahmen u.s.w.). Auch würden die Gelder für die notwendigen Untersuchungen für Maßnahmen zur Schwall- und Sunkreduzierung nach dem Ausgleichsbecken bzw. bezüglich Fischtreppen und Auenpflegemaßnahmen zweckgebunden, welche dann in einem späteren Jahresplan einer Lösung zugeführt werden könnten. Auch müssen die Vorschläge von Sel-Edison bezüglich des geplanten E-Werkes zwischen Glurns und Laas als Sunk- und Schwall-Problemlösung erst bewertet werden.
Josef Laner
Josef Laner

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