Golden-Preise unter den Erwartungen
Publiziert in 18 / 2012 - Erschienen am 9. Mai 2012
Vinschgau – Die Preise für die Apfelsorte Golden Delicious liegen unter den Erwartungen. Laut Sepp Wielander wird der Golden vermutlich zum Verlierer der heurigen Verkaufssaison. „Wir werden unsere Qualitäts-, Ernte- und Auszahlungsrichtlinien neu überdenken müssen,“ kündigt der VI.P-Direktor an.
„Der Vinschger“: Herr Wielander, in der Nacht auf den Ostermontag kam es zu Frostschäden. Wo sind die Schäden am größten und mit welchen Einbußen ist zu rechnen?
Sepp Wielander: Wir müssen leider feststellen, dass mehr oder weniger im gesamten Einzugsgebiet der VI.P Schäden zu beklagen sind. Von unseren 5.000 ha an Obstbaufläche haben wir rund 2.000 ha unter Frostberegnung, wo sich die zu erwartenden Schäden hoffentlich einigermaßen in Grenzen halten. Bei den restlichen 3.000 ha jedoch gibt es sehr viele Abschnitte, die es wirklich arg erwischt hat. Eine genaue Aussage zur Ernteverminderung bzw. zu den Qualitätseinbußen aufgrund dieses „Osterfrosts“ kann erst im Laufe des Monats Juni getroffen werden.
Hat der Frost auch den Marillen zugesetzt?
Bei der Marille ist wegen des früheren Blütestadiums sicher mit dem Schlimmsten zu rechnen. Es gibt Bäume, an denen heute schon klar sichtbar ist, dass sehr wenige Blüten der Kälte trotzen konnten.
Im Jahr 2011 wurden im Einzugsgebiet der VI.P 362.595 Tonnen Äpfel von den Bäumen geholt, wobei die Bio-Ware nicht inbegriffen ist. Wie viele Äpfel lagern noch in den Kühlzellen?
Die hier genannte Menge umfasst die gesamte Produktion unseres Einzugsgebietes, also auch die Bioware. Wir sind mit dem Abbau der Menge nicht zuletzt dank der über 30 Länder, in denen wir unsere Äpfel verkaufen, eigentlich zufrieden und somit im gewünschten Abbauplan drinnen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben wir runde 65% der angelieferten Menge an unsere Konsumenten gebracht. Das entspricht ziemlich genau unserem strategischen Ziel. Leider aber liegen wir mit den erwirtschafteten Erlösen vor allem bei der Sorte Golden Delicious ziemlich unter unseren Erwartungen. Wir können nur hoffen, dass wir - nicht zuletzt dank der extrem guten Haltbarkeit unseres heurigen Golden - nun noch in den verbleibenden 4 Monaten etwas an Boden gut machen können.
Konkrete Zahlen nennen Sie zwar ungern, aber wie sieht es derzeit mit den Preisen aus, speziell im Vergleich zu 2011 und 2012?
Das lässt sich heute wie heute tatsächlich nicht genau quantifizieren, denn erstens haben wir noch 35% der Ware in unseren Zellen, und zweitens hatten wir heuer sehr viel Hagelware, was Vergleiche zu vorherigen Jahren nahezu unmöglich macht. Eines kann ich trotzdem sagen, nämlich dass wir bisher mit den allermeisten roten Sorten weniger von diesem deprimierenden wirtschaftlichen Umfeld quer durch alle Länder zu spüren bekamen und somit zufriedenstellende Preise erzielen konnten. Wenn sich jetzt nicht noch schlagartig etwas ändert, dann wird der Golden der eindeutige Verlierer der heurigen Saison sein.
66% der geernteten Äpfel sind Golden. Wird dieser starke Anteil nicht so langsam zu einem Hemmschuh auf dem Markt?
Ja, wie soeben gesagt, ist es bereits eine Tatsache, dass wir nur mit den allerbesten Golden noch anständige Preise erzielen können. Mittelmäßige Ware wird nicht mehr gewinnbringend aufgenommen. Wir werden auch unsere Qualitäts-, Ernte- und Auszahlungsrichtlinien neu überdenken an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen.
Also neue Herausforderungen für die Produzenten?
Ich bin überzeugt, dass unsere Produzenten dieses Signal längst wahrgenommen haben und auf unseren Aufruf auch entsprechend reagieren werden. Sei es mit dem vermehrten Anpflanzen von roten Sorten, sei es mit der Hebung vor allem der inneren Qualität bei der Sorte Golden durch gezielte technische Maßnahmen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass, wenn das gemeistert wird - was ich nicht bezweifle -, wir im Vinschgau zwar nicht weiterhin mit 70% Golden vor unsere Kunden treten werden, aber Mengen zwischen 50 und 60% werden sicher gewinnbringend zu vermarkten sein.
Eine Frage zur Immobiliensteuer IMU können wir uns nicht verkneifen: Sollen die Gemeinden die Genossenschaften zur Kasse bitten oder nicht?
Sehen Sie, bei dieser Frage wurde den Bauern sehr viel Unrecht getan. Kein Bauer hat jemals eine Steuer nicht bezahlt, die gesetzlich vorgesehen war. Dass auch ein Bauer für sein Wohnhaus, für den Urlaub auf den Bauernhof, für die Erntehelferwohnungen zu zahlen hat oder eben die IMU zu entrichten ist, stellte selbst der Bauernbund nie in Abrede. Die Rede war immer von den Wirtschaftsgebäuden, also von Städeln und Schupfen, die nicht der Steuer unterworfen werden sollten, auch weil dies ja vorwiegend den Bergbauer treffen würde. Aber unerklärlicherweise - und wie schon gesagt zu Unrecht - wurde der Bauer einfach dahingestellt als „Steuerdrückeberger“, was einfach nicht der Wahrheit entspricht und schon einer eigenartigen Hetzkampagne gegen den Bauernstand nahekommt.
Interview: Sepp Laner
„Osterschock“ für die Marillen
Vinschgau – Erst kürzlich so richtig gezeigt haben sich die Frostschäden, die in der Nacht auf den Ostermontag in den Marillenanlagen im Vinschgau entstanden. „Bei uns hier am Schlanderser Nördersberg wurden in der Frostnacht minus 4 Grad gemessen“, sagt Robert Vent vom Wiebenhof, der Obmann des Vereins Vinschger Marillenanbauer. Er schätzt, dass die heurige Erntemenge nur rund ein Drittel der üblichen Mengen ausmachen wird. Westlich von Schlanders in Richtung Laas, Tschengls, Eyrs, Prad und anderen Gebieten sei es in der Nacht auf Ostermontag noch kälter gewesen. Zwei Tage nach dieser Frostnacht war es erneut ziemlich kalt, wobei noch die relativ hohe Feuchtigkeit erschwerend dazukam. Viele Marillenanbauer sind laut Vent mittlerweile gegen Frostschäden versichert. Einen Einfluss auf die tatsächliche Erntemenge wird auch der so genannte Junifall haben. Es handelt sich um eine Art natürlicher Auslese, wobei in der Zeit von Anfang bis Mitte Juni ein Teil der Früchte zu Boden fällt.
Im Vorjahr beliefen sich die Erntemengen bei den Marillen im Einzugsgebiet der VI.P auf rund 284 Tonnen. 2010 waren es 325 Tonnen gewesen, im Jahr vorher 374. Im Vinschgau werden von rund 120 Bauern im Nebenerwerb auf einer Gesamtfläche von ca. 70 Hektar Marillen angebaut, wobei es sich beim Großteil um die berühmten Vinschger Marillen handelt. Kam es in den 80er Jahren zu einem Einbruch, so befindet sich der Marillenanbau im Vinschgau seit dem Beginn der 90er Jahre wieder im Aufwind.

Josef Laner