Ein Schatz im Schatz
Klosterbibliothek und Archiv in neuen Räumen
Abt Markus (ganz links) „schwebt“ zu den Ehrengästen im Herrengarten, unter dem der Neubau errichtet wurde.
Ein seltenes Bild (v.l.): Die ehemaligen Landeshauptmänner von Tirol, Herwig van Staa und Wendelin Weingartner, der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, Johannes Graf Trapp und Kompatschers Vorgänger Luis Durnwalder.
Allgemeines Stauen in der neuen Bibliothek
Peter Waldner
„Claustrum sine armario quasi castrum sine armamentario“, steht hier geschrieben („Ein Kloster ohne Bibliothek ist wie ein Schloss ohne Rüstkammer“).
Architekt Werner Tscholl
Abt Markus Spanier

In „uno volumine“

Neue Heimstatt für den Marienberger Bücherschatz und das Archiv

Publiziert in 21 / 2019 - Erschienen am 12. Juni 2019

Schlinig - Mit der offiziellen Eröffnung und Segnung fand am 31. Mai ein Werk seinen krönenden Abschluss, an dem mehrere Jahre lang gearbeitet worden war. Es ist dies der unterirdische Neubau der Bibliothek des Klosters Marienberg mit dem Lesesaal in der ehemaligen romanischen Ägidiuskirche und den Archivräumen im historischen Wehrturm. Eine große Schar an Ehrengästen aus Kirche, Politik und Wirtschaft aus Südtirol, Nordtirol und darüber hinaus konnte Abt Markus Spanier im neuen Lesesaal zur Eröffnung begrüßen. Er erinnerte daran, dass sich die Klostergemeinschaft nach eingehenden Überlegungen darauf geeinigt hatte, den umfangreichen Buchbestand einerseits für die Nachwelt zu erhalten und andererseits für Interessierte öffentlich zugänglich zu machen, nachdem sich die Bibliothek bisher im Klausurbereich befunden hatte. Die Alternative wäre gewesen, den Buchbestand einer externen Bibliothek zu übergeben. Ein erster wichtiger Meilenstein für die Projektfinanzierung konnte bei einer Aussprache des Abtes und des Malser Bürgermeisters Ulrich Veith mit dem früheren Landeshauptmann Luis Durnwalder gesetzt werden. Letzterer sicherte eine finanzielle Beteiligung seitens des Landes in Höhe von einer Million Euro zu. Veith erklärte sich bereit, den Landesbeitrag über die Gemeinde Mals auszuzahlen. 

Beiträge, Spenden und Eigenmittel

An der Finanzierung des Projektes beteiligten sich auch das Land Tirol und die Landesgedächtnisstiftung des Landes Tirol mit dem Präsidenten Herwig van Staa. Zudem hatte sich der Verein „Goswin“ unter der Leitung von Johannes Fragner-Unterpertinger auf die Suche nach Stifterinnen und Stiftern gemacht. So konnte laut dem Abt rund die Hälfte der Baukosten mit Beiträgen und Spenden gedeckt werden, während für die andere Hälfte das Kloster aufkam. Der Abt dankte allen, die zur Verwirklichung dieses für den Vinschgau und darüber hinaus wichtigen Projektes einen finanziellen, organisatorischen und beratenden Beitrag geleistet hatten. Besonders hervorgehoben hat er auch die Leistung der Mitarbeiter des EHB (Erschließung Historischer Bibliotheken in Südtirol). In einer Zeit von 6 Jahren haben Benjamin Santer und Walter Garber unter der Leitung von P. Bruno Klammer den über 100.000 Bücher umfassenden Bestand der Klosterbibliothek (ca. 136.000 Titel) inventarisiert und digitalisiert sowie den gesamten Bestand von den alten in die neuen Räume transferiert. Finanziell unterstützt hatte diese Erschließungsarbeit die Stiftung Südtiroler Sparkasse. 

„Architektonische Meisterleistung“

Dem Architekten Werner Tscholl bescheinigte der Abt, dass ihm eine „einzigartige architektonische Meisterleistung“ gelungen sei. Tscholl verstehe es vortrefflich, historisches Mauerwerk mit modernen Elementen wie Beton, Glas und Stahl zu verbinden. Der Grundgedanke des Neubaus war es laut Tscholl, „Raum zu schaffen für die fachgerechte Aufbewahrung der umfangreichen Marienberger Bibliothek und sonstiger für das Kloster wichtiger Archivalien, ohne die weit ins Land strahlende, weiß leuchtende Silhouette des Barock zu verändern.“ Die Bibliothek und das Musikarchiv wurden in einem zweigeschossigen, unterirdischen Neubau unter dem Herrengarten untergebracht, das Archiv im bestehenden barocken Turm in der Umfassungsmauer. Die profanierte Ägidiuskirche beherbergt jetzt den Lesesaal, der jeden Mittwoch und Donnerstag von jeweils 14 bis 17 Uhr für interessierte Besucher zugänglich ist (Feiertage ausgenommen). Die Bibliothek ist nicht öffentlich zugänglich. Dank der Digitalisierung ist der Buchbestand durchsuchbar. Interessierte können die gewünschten Bücher an einem Computer auswählen. Dann ist es der Bibliothekar, der die Bücher zum Lesen in den Lesesaal bringt. An der Decke des doppelgeschossigen Bibliotheksraums wurde der Einleitungstext aus dem Registrum des Abtes Goswin aus dem 14. Jahrhundert in den Beton integriert. Wie Tscholl ausführte, wollte Goswin in „uno volumine“ alles Wichtige seiner Zeit für das Kloster aufschreiben und bewahren, um damit gleichzeitig die Vorfahren zu ehren und die Nachfolger zum Weitermachen anzufeuern. Im selben Geiste habe Abt Markus diese Aufgabe nun mit seiner Idee neu aufgenommen, „in ‚uno volumine’, diesmal als Baukörper verstanden, alles Wichtige für das Kloster aufzubewahren und dieses in die Zukunft zu führen.“ Als weiteres Merkmal der neuen Bibliothek nannte Tscholl den weitestmöglichen Verzicht auf moderne Technik zur Klimatisierung: „Dank eines einfachen mechanischen Systems können mittels natürlicher Konvektion die Temperatur und die Feuchtigkeit durch einfache Luftklappen gesteuert werden.“

Bedeutung für Gesamttirol

Landeshauptmann Arno Kompatscher bezeichnete die Klosterbibliothek und das Archiv als einmaligen Kulturschatz und hob dessen Bedeutung für den Vinschgau, für Südtirol, Tirol und darüber hinaus hervor. Er würdigte den Bibliotheksneubau als vorbildhafte Tätigkeit, Wertvolles zu bewahren und gleichzeitig aufzuwerten. Landesrat Philipp Achammer sprach von einem „Kulturjuwel“ und zitierte Cicero: „Wenn du einen Garten und dazu noch eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen.“ Über den Wert und die Besonderheiten der Klosterbibliothek und des Archivs ging David Fliri aus Taufers im Münstertal, Mitarbeiter im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien und Betreuer des Marienberger Archivs, in seinem Festvortrag ein. Als besonders wertvoll nannte der die „graue Literatur“. Es handelt sich dabei um Festschriften, Privatdrucke, Flugblätter, Gelegenheitsdrucke und dergleichen. Aus den Bücher- und Archivbeständen des Klosters gebe es noch viele Schätze zu heben. Als eines der Beispiele nannte Fliri zwei Bände mit Aufrufen und Schriften aus dem Revolutionsjahr 1848. 

Schaudepot geplant

In den Räumen der bisherigen Bibliothek, wo man sich am 31. Mai im Anschluss an die Eröffnung zum Umtrunk traf, soll in Zukunft ein Schaudepot eingerichtet werden. Es ist geplant, dass dort u.a. antike Handschriften, Bücher sowie Lehr- und Lernmittel des Humanistischen Gymnasiums in Meran, das einst vom Kloster geführt wurde, gezeigt werden. Der Museumsbeirat des Landes hatte dieses Projekt am 23. Mai  positiv begutachtet. Mit einer besonderen musikalischen Umrahmung wurden die viele Ehrengäste bei der Eröffnung von Peter Waldner überrascht. Er spielte an einem der 3 Clavichorde, die es in der Benediktinerabtei gibt, ausgewählte Stücke aus dem Musikarchiv des Klosters. Franz Gratl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum führte in die Stücke ein. Am 1. und 2. Juni wurden die Eröffnungsfeierlichkeiten mit einem offiziellen Dank an alle beteiligten Stifter/innen und Künstler/innen, der Segnung der neu errichteten Herz-Jesu-Kapelle im Herrengarten sowie mit Führungen, musikalischen Einlagen, einem Tag der offenen Bibliothekstür und weiteren Veranstaltungen fortgesetzt.

Josef Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.