„Wir kämpfen bis zuletzt“
Oberländer Gletscherbahn gibt sich nicht geschlagen
Sie erwarten sich eine baldige und positive Entscheidung der Landesregierung (v.l.): Paul Jakomet, Josef Thöni, Magnus Blaas, Thomas Federspiel, Peter Oberhofer und Hans Moriggl
Das negative Vorgutachten des Amtes für Landesplanung sorgte bei den Aktionären der Oberländer Gletscherbahn AG für Enttäuschung, Unverständnis und Kritik.
Josef Thöni, Andrea Frank, Paul Jakomet und Hans Moriggl im Vorfeld des „Hintergrundgesprächs“.

Jetzt ist die Politik am Zug

Entscheidung über Zusammenschluss Langtaufers-Kaunertal naht. Auch Vorgutachten des Amtes für Landesplanung fiel negativ aus.

Publiziert in 24 / 2017 - Erschienen am 4. Juli 2017

Graun - Aktionärsversammlungen finden in der Regel hinter verschlossenen Türen statt. Dass die Oberländer Gletscherbahn AG zur Versammlung am 28. Juni auch die Medien eingeladen hatte, war ein deutliches Zeichen dafür, dass die Gesellschaft öffentlich für ein Vorhaben Druck machen will, von dem sie nach wie vor voll überzeugt ist. Von der Landesregierung, die in Kürze über den Zusammenschluss der Skizonen Langtaufers und Kaunertal befinden soll, erhofft sich die Oberländer Gletscherbahn eine positive Entscheidung, obwohl zusätzlich zu einem negativen Umweltgutachten vom Februar 2017 kürzlich auch ein negatives Vorgutachten des Amtes für Landesplanung eingetroffen ist.

Zweimal negativ begutachtet

Wie der Präsident und der Geschäftsführer der Oberländer Gletscherbahn AG, Josef ­Thöni und Paul Jakomet, bei einem „Hintergrundgespräch“ im Vorfeld der Aktionärsversammlung vor der Presse übereinstimmten, habe das negative Vorgutachten des Amtes für Landesplanung für Verwunderung, Unverständnis und Enttäuschung unter den über 200 Aktionären gesorgt. Um die Umwelteingriffe möglichst gering zu halten, habe die AG bereits im Vorfeld des Gutachtens des Umweltbeirates auf die Pistenvariante vom Karlesjoch verzichtet und sich auf die Variante vom Weißseejoch konzentriert. Vorgesehen sind zwei Kabinenbahnen, die von der Talsohle in Langtaufers über eine Länge von 4,5 km und einer Höhe von 1.200 Metern hinauf zum Karlesjoch am Kaunertaler Gletscher führen.

„Alle würden profitieren“

Von der Anbindung von Langtaufers an den Kaunertaler ­Gletscher würden alle profitieren, gaben sich Jakomet und Thöni überzeugt und verwiesen auf eine Reihe wirtschaftlicher Vorteile: Stärkung von Langtaufers, das zu den strukturschwächsten Gebieten in Südtirol zählt; Schneesicherheit infolge der Gletscheranbindung für die ganze Region Obervinschgau; Saisonverlängerung um mindestens 3 Monate; zusätzliche Wertschöpfung auf Südtiroler Seite allein durch zusätzliche Nächtigungen im Ausmaß von ca. 5,8 Millionen Euro pro Jahr; rund 70 neue Arbeitsplätze; neue Perspektiven für die Jugend im Tal. Die Vizebürgermeisterin Andrea Frank bestätigte, dass der Gemeinderat die Machbarkeitsstudie im Mai 2016 mit einer guten Zweidrittelmehrheit genehmigt hat. „Für die Gemeinde haben die Skigebiete Schöneben und Haider Alm Priorität. Das Projekt Langtaufers-Kaunertal wird aber nicht als Konkurrenz gesehen.“ Die zwei Vorhaben seien getrennt zu behandeln. Hans Moriggl vom Wirtschaftsring wertet den Zusammenschluss Langtaufers-Kaunertal als große Chance für die Wirtschaft dies- und jenseits der Grenze, und zwar weit über die betroffenen Gemeinden hinaus. Außerdem wäre dieses Projekt ein konkretes Zeichen einer Gesamttiroler Zusammenarbeit: „Den vielen schönen Worten würden endlich Taten folgen.“

Drei Knackpunkte

Vor den rund 100 versammelten Aktionären aus dem Vinschgau und aus Nordtirol führte Paul Jakomet in die Details des negativen Vorgutachtens des Amtes für Landesplanung ein. Es gehe im Wesentlichen um 3 Punkte: Umwelt, Auswirkung auf andere Skigebiete und Wertschöpfung. In punkto Umwelt beziehe sich das Amt zum Großteil auf das negative Gutachten des Umweltbeirates, wobei bereits bei diesem mehr auf die ursprüng­liche Pistenvariante eingegangen worden sei und weniger auf die neue, die viel geringere Eingriffe vorsehe. Nicht stichhaltig seien die im Vorgutachten geäußerten Befürchtungen, wonach sich der Zusammenschluss negativ auf Schöneben und die Haider Alm auswirken könnte. Laut Jakomet sei dieser Aspekt bereits in der Machbarkeitsstudie genau analysiert worden. Es sei demnach davon auszugehen, dass die Auswirkungen auf die umliegenden Winterskigebiete dank der Saisonverlängerung voraussichtlich positiv sein werden. Zum Punkt Wertschöpfung heißt es im Vorgutachten, dass für die Skizone Kaunertal mehr Wertschöpfung zu erwarten sei als für die Skizone Langtaufers. Laut Jakomet sollte die Bewertung nicht alleine auf die Skizone reduziert werden. Der Großteil der Nächtigungen würde im Obervinschgau generiert.

Stellungnahme innerhalb 8. Juli

Bis zum 8. Juli hat die Oberländer Gletscherbahn noch Zeit, zum negativen Vorgutachten Stellung zu nehmen. „Wir können alle negativ bewerteten Punkte entkräften und werden dies auch mit aller Gewissenhaftigkeit tun", sagte Jakomet. „Uns ist es wichtig, dass in der Gesamtbewertung des Projektes alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden.“ Zu den Aspekten der Auswirkungen auf andere Skigebiete und zur Steigerung der Wertschöpfung wurde der international anerkannte Seilbahnexperte Roland Zegg beauftragt, ein Gutachten zu erstellen.. „Auch ein Treffen mit den zuständigen Landesräten wollen wir noch organisieren“, kündigte Jakomet an.

Wie steht die Politik zum Vorhaben?

Bei der Diskussion drehten sich viele Fragen um die Ein­stellung der Landesräte und speziell des Landeshauptmannes zum Vorhaben. Hans Moriggl meinte, dass der Landeshauptmann und etliche weitere Landesräte dem Zusammenschluss positiv gegenüberstünden. Eine Art Schlüsselrolle dürfte der Vinschger Landesrat Richard Theiner spielen. In der Öffentlichkeit hielt sich Theiner mit seiner Position bisher zurück. „Klar ist, dass es jetzt um eine politische Entscheidung geht. Wir hoffen, dass sie bald fällt und wir sind zuversichtlich, dass sie positiv ausfällt“, so Jakomet. „Wir werden kämpfen bis zuletzt.“ Einige Aktionäre gaben zu befürchten, dass ein positiver Entscheid angesichts zweier negativer Gutachten schwierig werden dürfte. Zum Teil harsch kritisiert wurden die zuständigen Landesämter. „Bestimmte Aussagen bzw. Feststellungen sind ganz einfach fachlich falsch“, sagte ein Aktionär aus Nordtirol. Ein weiterer Aktionär meinte, „dass es Leute geben muss, die den Zusammenschluss im Hintergrund mit aller Kraft verhindern wollen.“ Oft zu hören war, dass es in Langtaufers keine Alternative zum Tourismus gibt, „und dass wir mit einem so genannten sanften Tourismus nicht weiterkommen.“ Das habe die Vergangenheit zur Genüge bewiesen. Auch auf den Umstand, dass 80% der Lang­tauferer Bevölkerung Aktionäre sind und Kapital eingezahlt haben, wurde mehrfach verwiesen. Die Grundstimmung lässt sich so zusammenfassen: Was wir hier wollen, ist eine gute Sache für die Zukunft unseres Tals und die Umgebung dies- und jenseits der Grenze. Was man sich daher von der Landesregierung erwartet, dürfte auf der Hand liegen. Finanziert werden soll der ca. 26,38 Mio. Euro teure Zusammenschluss mit öffentlichen Beiträgen im Ausmaß von 45%, mit Eigenkapital in Höhe von rund 5 Mio. Euro sowie mit Fremdkapital.

Rekurse von beiden Seiten möglich

Sollte die Landesregierung das Vorhaben befürworten, ist mit einem „Sturmlauf“ und mit Rekursen seitens von Umwelt- und Heimatschutzverbänden zu rechnen, und zwar dies- und jenseits der Grenze. Wird das Projekt versenkt, kann theoretisch auch die Oberländer Gletscherbahn rekurrieren. An Spannung jedenfalls fehlt es im Oberland nicht.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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