Den Wählern das Wort
In den Bildern (v.l.): Karl Zeller, ­Albrecht Plangger, Karl Trojer, Pius Leitner, Sigmar Stocker, Cristina Kury und Florian Kronbichler.

Kandidaten stehen Rede und Antwort

Publiziert in 6 / 2013 - Erschienen am 20. Februar 2013
Von Politikverdrossenheit war bei der parteiübergreifenden P­odiumsdiskussion am Aschermittwoch in Schlanders wenig zu spüren. Schlanders - Rund 280 Personen aus dem ganzen Tal waren auf Einladung der Bezirkszeitung der Vinschger in das Kulturhaus gekommen, um sich die Statements von Parlamentskandidaten der Freiheitlichen (Pius Leintner und Sigmar Stocker), der SVP ­(Albrecht Plangger und Karl ­Zeller), der Demokratischen Partei PD (Karl Trojer) und der Grünen/Sinistra Ecologia Libertà (Cristina Kury und Florian Kronbichler) anzuhören und mit ihnen zu diskutieren. Laut Cristina Kury, die im Senatswahlkreis Burggrafenamt-Vinschgau antritt, sollten die Südtiroler nicht vergessen, was sich in Südtirol in den vergangenen 5 Jahren abgespielt hat. Sie erinnerte an den SEL-Skandal und an den Fall „Kaufleute Aktiv“. Die Verdienste der SVP in früheren Zeiten wolle sie damit nicht in Frage stellen. Verwunderlich sei, dass die SVP jetzt vor den Wahlen zum Zusammenhalt aufrufe, „gerade jene Partei, die ihre eigenen Kollegen austrickst, wie uns der Fall Arnold Schuler gezeigt hat.“ Dank des Bündnisses SEL-Grüne hätten die Grünen dieses Mal eine echte Chance, mit Florian Kronbichler einen Vertreter in die Kammer zu entsenden, der nicht der SVP angehört. Die SVP habe offensichtlich Angst, die Wahlhürde von 40% auf Landesebene nicht zu schaffen und somit in der Kammer nicht mehr vertreten zu sein. Komme es tatsächlich soweit, „kann es trotzdem einen Südtiroler Vertreter in der Kammer geben, nämlich Florian Kronbichler.“ „Ich wurde nicht von oben eingesetzt, sondern von unten, von der Basis“, sagte Albrecht Plangger, der SVP-Spitzenkandidat für die Kammer. Er wolle den großen Vertrauensvorschuss, den er bei den Vorwahlen bekommen hat, nicht enttäuschen. Wie schon als Bürgermeister von Graun, wolle er auch in Rom als „gerader Michl“ arbeiten, „der nicht nachtragend ist, in der Sache aber immer knallhart.“ Der wichtigste Punkt sei der Schutz und Ausbau der Autonomie. Plangger verteidigte das Abkommen SVP-PD-PATT. Pier Luigi Bersani, der Premierkandidat des Mitte-Links-Bündnisses, sei ein Freund der Autonomie, des Landes Südtirol und der Gemeinden. „Er hat das schon mehrfach bewiesen und uns zum Beispiel bei der Reschensee-Konzession geholfen,“ so Plangger. Im Gegensatz zu anderen Parteien „werden wir in Zukunft von den Wählern zur Rechenschaft gezogen.“ „Wir sind die zweitstärkste Partei Südtirols und die einzige, die blockfrei ist und kein Bündnis mit staatlichen Parteien eingegangen ist,“ betonte Pius Leitner, der Spitzenkandidat der Freiheitlichen für die Kammer. Italien stehe am Rande des Bankrotts. Der scheidende Ministerpräsident Mario Monti habe die Südtiroler Autonomie wiederholt verletzt. „Ich sah in Monti immer einen kommissarischen Verwalter der EU,“ so Leitner. In Südtirol gehe es darum, „ob überhaupt und welche Zukunft Südtirol im Staat Italien hat.“ Einen Ausbau der Autonomie begrüße er, „aber für uns ist die Autonomie nicht das Ende der Geschichte.“ Es gebe auch ein Nachher und in diesem Sinne sei die Freistaat-Vision zu sehen. Äußerungen, wonach die Freiheitlichen als Schuldige dastehen würden, falls die SVP die 40%-Hürde in Südtirol nicht schafft, wies Leitner zurück: „Wir leben in einer Demokratie. Die Menschen sollen eine Auswahl haben und wir sind eine Alternative.“ Karl Zeller, SVP-Senatskandidat im Wahlkreis Burggrafenamt-Vinschgau, meinte, dass es für andere Parteien leicht sei zu kritisieren, „während wir als SVP Mandatare in Rom seit jeher versuchen, das Beste für unser Land zu tun.“ Er erinnerte an mehrere Leistungen, etwa an die Heimholung der Energiekompetenz. Was sich diesbezüglich im Land zugetragen hat, sei ein anderes Kapitel. Speziell seit dem Antritt Montis stehe die Autonomie stark unter Beschuss. Bersani sei der einzige Spitzenpolitiker, „mit dem wir glaubwürdig vereinbaren konnten, die Autonomie auszubauen - angefangen bei der Finanzautonomie - und alle Neuerungen auch international zu verankern.“ In der Kammer-Kandidatur der Freiheitlichen sieht Zeller nur einen Probegalopp für die Landtagswahl: „Die Freiheit­lichen nehmen damit in Kauf, dass Südtirol in der Kammer nicht mehr vertreten sein wird.“ Die Forderung nach einem Freistaat sei völlig unrealistisch. „Wir Freiheitliche kandidieren aus vollster Überzeugung. Stimmen für uns sind keine verlorenen Stimmen. Der Souverän ist das Volk,“ sagte Sigmar Stocker, Senatskandidat der Freiheitlichen im Wahlkreis Burggrafenamt-Vinschgau. Würden die Freiheitlichen nicht kandidieren, „hätten wir sicher viele Nicht-Wähler.“ Es stimme, dass der Freistaat eine Vision sei, ja ein Traum, „aber jede Vision beginnt mit einem Traum. Seinerzeit träumte Südtirol von der Autonomie.“ Wenn sich Südtiroler Parteien mit Staatsparteien zusammentun, werde der Minderheitenschutz in Frage gestellt: „Südtirol hat nur deshalb eine Autonomie, weil es hier eine deutsch- und ladinischsprachige Minderheit gibt,“ so Stocker. Das Land Südtirol habe den Staat in vielen Bereichen überholt: „Wir müssen uns von diesem Staat friedlich lösen. Wenn wir das nie fordern, werden wir es auch nie bekommen.“ Florian Kronbichler, Kammerkandidat des Bündnisses SEL/Grüne, sagte, dass Autonomie und Freistaat zwei verschiedene paar Schuhe seien. Die Autonomie sei eine große Errungenschaft und ein Wert für sich, sodass sich die Frage nach dem Nachher für ihn nicht stelle. „Falls wir den Sprung nach Rom schaffen, werden wir dort nicht nur Hampelmännchen sein.“ SEL-Listenführer Nichi ­Vendola sei kein Ideologe, sondern ein programmatischer und undogmatischer Politiker. Die Bezeichnung „Sinistra Ecologia Libertà“ bringe die Kernpunkte des Programms auf den Punkt: links und sozial, ökologisch und frei, sprich mehr Bürgerbeteiligung. „Uns und mir persönlich geht es nicht um irgendwelche leere Versprechungen. Wir haben dieses Mal eine wirkliche Chance,“ so Kronbichler. Er wolle ein aufmerksamer, ehrlicher und bescheidener Volksvertreter in Rom sein und sehe sich selbst sowie die Grünen als Mehrwert für Südtirol. „Der PD ist in Südtirol die Demokratische Partei. Eine Partei, die für alle hier lebenden Menschen offen ist, die für ein Miteinander und einen gegenseitigen Respekt einsteht,“ sagte Karl Trojer, Senatskandidat des PD im Wahlkreis Burggrafenamt-Vinschgau. Der PD gehöre in Europa zu einem Lager, „das in Zukunft führend sein wird.“ Eine lebenswerte Umwelt für die künftigen Generationen sei ebenso wichtig wie eine Regelung der Finanzmärkte durch die Politik: „Heute ist es noch die Politik, die den Märkten nachläuft anstatt sie zu regeln.“ In einem Freistaat sieht Trojer nur einen Traum, „der keine Chance hat, irgendwann Wirklichkeit zu werden.“ Wer mit nicht umsetzbaren Träumen daher komme, führe die Menschen bei der Nase herum. Das Südtirol von heute sei nicht mehr jenes von 1919: „Heute haben wir es mit einem komplexen Gebilde mehrerer Volkgruppen zu tun, eingebettet in der EU.“ Aufgabe der Politik sei es, Probleme konkret zu lösen.
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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