Kaum konträr und wenig Pfeffer
Publiziert in 31 / 2008 - Erschienen am 10. September 2008
Schlanders – Einwanderung, Kaufkraftschwund, Verkehr, Energie und direkte Demokratie. Diese fünf Themen hatte „Der Vinschger“ für die politische Podiumsdiskussion vorgegeben, zu der am Freitagabend über 300 Bürgerinnen und Bürger in das Schlanderser Kulturhaus gekommen sind. Am Podium saßen 10 Landtagskandi-daten/innen aus dem politischen Bezirk Vinschgau. Der von Maren Schöpf (Südtirol Journal) und Friedrich Haring (Kulturforum Vinschgau) moderierte Diskussionsabend verlief großteils sachlich, kaum konträr und „fast zu friedlich,“ wie einige Teilnehmer den Abend im Nachhinein kommentierten.
Zum Auftakt gaben die Gesprächsteilnehmer am Podium kurze Statements zu den genannten Themen ab. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der Wortmeldungen.
Oswald Angerer (Frei-
heitliche): Der Strom muss für die Bürger billiger werden; in Sachen Energie hat anstelle des Staates leider das Land über seine SEL AG eine Monopolstellung eingenommen; die steigende Zahl der Einwanderer - derzeit sind es rund 34.000 – wird zu einer großen Herausforderung; bei der Integration hat Südtirol die Chance, aus Fehlern anderer Länder zu lernen; die Familienzusammenführung ist einzuschränken; straffällige Einwanderer sind auszuweisen; die direkte Demokratie sollte nicht parteipolitisch missbraucht werden.
Peppi Stecher (Freiheitliche): Für verkehrsbelastete Wohngebiete und Ortschaften im Vinschgau braucht es Umfahrungen; allerhöchste Priorität haben hier Kastelbell und Tartsch; um die Finanzierungen zu sichern, sollten Umschichtungen im Landeshaushalt möglich sein; eine großräumige Umfahrung sollte neu überdacht werden; auch über eine Bahnverbindung nach Zernez und Landeck ist nachzudenken; dem Kaufkraftschwund ist mit einer angemessenen Lohnpolitik zu begegnen; um die Situation der Familien und Wirtschaft zu verbessern, braucht Südtirol die absolute Steuerhoheit.
Rudolf Maria Maurer (BürgerListeCiviche): Wir versuchen mit unserer Liste, die öko-sozial ausgerichteten Kräfte zu bündeln; in Sachen Energie braucht es ein Konzept, wobei die Einsparung und Effizienz im Vordergrund stehen müssen; erneuerbare Energiequellen sind zu nutzen, aber immer mit Rücksicht auf die Natur; das Land nutzt seine Stellung als Konzessionsgeber über die SEL AG voll aus; der Kaufkraftschwund hat die Landesregierung zum Handeln gezwungen; hoffentlich sind die kürzlich beschlossenen Maßnahmen mehr als nur kurzfristige Versprechen; die direkte Demokratie sollte zu einer Selbstverständlichkeit werden; das derzeit geltende Gesetz wurde dem Volk vom Land aufgezwungen.
Waltraud Plagg (BürgerListeCiviche): Zum Thema Einwanderung gibt es noch immer viel Unwissen, viele Vorurteile und oberflächliche Einschätzungen; viele ausländische Arbeiter tragen mit ihren Steuern zu unserem Wohlstand bei; wer heute gegen Einwanderer hetzt, grundlos Fremdenhass schürt und die Bevölkerung in Aufregung bringt, sollte daran denken, dass seine Rente morgen auch mit Steuern von Ausländern bezahlt werden wird; hoffentlich handelt es sich bei den Maßnahmen gegen den Kaufkraftverlust nicht nur um „Wahlzuckerlen“; ruhig geworden ist es in Sachen Nachtfahrverbot und Kampf gegen die so genannten Briefkastenfirmen.
Christine Taraboi Blaas (Union für Südtirol): Der Vinschgau ist das zweitgrößte Durchzugsgebiet in Südtirol; aus den Dorfzentren ist der Verkehr zu verbannen; für Vorhaben, die es wirklich braucht, findet der Landeshauptmann kein Geld; der Brennerbasistunnel kommt 25 Jahre zu spät; das Thema der Einwanderung darf man weder durch die rosarote noch durch die grüne Brille sehen; der Kaufkraftschwund treibt viele Familien an den Rand des sozialen und gesellschaftlichen Abstiegs; Maßnahmen der Union gegen den Kaufkraftschwund und für die Stärkung der Familien werden von der SVP oft abgekupfert.
Manfred Niederl (Union für Südtirol): Die Energiepolitik muss dazu führen, dass die Energiepreise sinken, ein gutes Beispiel dafür ist die Gemeinde Prad, wo es ein lokales und für die Bürger und Betriebe günstiges Versorgungssystem gibt; Solaranlagen sollten auch in jenen Gemeinden gefördert werden, wo es Fernheizwerke gibt; die Wirtschaft leidet derzeit unter einem schlechten Gemisch vieler Faktoren: seit Jahren stagnierendes Lohnniveau, Steuerbelastung und Bürokratie; die Betriebe müssen den Großteil des Gewinns als Steuern abführen; hätte die SVP nicht mit der früheren Regierung Prodi gestimmt, wären Änderungen zu Gunsten der Klein- und Mittelbetriebe möglich gewesen.
Josef Noggler (SVP): Der Bezirk Vinschgau steht voll hinter dem Verkehrskonzept von Hermann Knoflacher und will das Konzept auch umsetzen; die große Mehrheit der Bevölkerung hat sich klar gegen große Umfahrungen ausgesprochen; wir sind froh, dass die Vinschgerbahn wieder fährt; die Busanbindung nach Zernez funktioniert gut, jene nach Nauders ebenso und für eine Verbesserung der Linie bis nach bis Landeck werden wir weiter kämpfen; in der Energiefrage hat der Vinschgau nach zehnjährigem Kampf einige Erfolge erreicht, unser Ziel ist weiterhin, dass der Vinschger Strom in Vinschger Hand kommt, wobei wir auf 3 Ebenen kämpfen: Beteiligung an Großkonzessionen, neue Kleinkraftwerke und Stromverteilung als Netzeigentümer und nicht im Konzessionsweg.
Richard Theiner (SVP): Die Landesregierung hat viele Maßnahmen beschlossen und bereits teilweise umgesetzt, um die Kaufkraft zu stärken und auch dem Mittelstand unter die Arme zu greifen; das Gesundheitsticket wurde abgeschafft, Gratis-Abos für Senioren und Schüler wurden eingeführt, den Familien wird verstärkt geholfen; warum kann man positive Maßnahmen nicht einfach als solche hinnehmen, anstatt auch diese zu kritisieren?; in der Frage der Zuwanderung wird die SVP an ihrer klaren, christlich-sozial ausgerichteten Linie festhalten; den von einigen Parteien hochgespielten Fremdenhass lehnt die SVP ab; es sollten nicht mehr Einwanderer ins Land geholt werden, als es unbedingt braucht; wer zu uns kommt, muss unsere Gesetze und unsere Lebensweise akzeptieren; die SVP steht zur Form der direkten Demokratie.
Bruno Pileggi (Demokratische Partei/Partito Democartico): Der Kaufkraftschwund macht immer mehr Menschen zu schaffen; vor allem Rentner, Billigverdiener und Menschen mit Behinderungen tun sich schwer, mit dem niedrigen Einkommen bis zum Monatsende auszukommen; nicht wenige Menschen schämen sich und verstecken die Armut; was die Energie betrifft, so ist es zwar gut, dass die Gemeinden einen Teil des Erlöses aus der Wasserkraftnutzung bekommen, wichtig aber ist, dass sich das auch in niedrigeren Gebühren, also in der Brieftasche niederschlägt; für die Bezinpreise in Grenznähe gebe es zwar Begünstigungen, doch im Obervinschgau ist keine Tankstelle anzutreffen; ein großes Einkaufszentrum in Bozen ist begrüßenswert, die große Masse der Leute will und braucht ein solches Einkaufszentrum.
Reinhold Ladurner (Süd-Tiroler Freiheit): Nicht die Energie ist das Problem, sondern der Einkauf der Energie; seit zehn Jahren wird über die Energie diskutiert, wo aber ist der Strom zum halben Preis, wie dies seinerzeit angekündigt wurde?; was die Einwanderung angeht, so ist die Verantwortung dafür dem Staat zuzuschreiben; ob Südtirol bzw. der im Land geltende Proporz die Einwanderer, deren Zahl stetig steigt, aushält, ist fraglich; die Politik soll weitere Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft setzen, damit die Leute wieder im Tal einkaufen können und nicht außer Landes fahren müssen; bei der Demokratie geht es weniger um eine direkte und indirekte, sondern um eine bessere; die Vinschgerbahn allein wird die Verkehrsproblematik insgesamt kaum ändern.
Sepp Laner

Josef Laner