Kompatscher in Taufers
Im Bild links (v.l.): Karl Christandl, Luis Hellrigl, Hans Peter Spiess, Roselinde Gunsch Koch und Arno Kompatscher; rechts ein Blick in das Publikum.

Klare Worte zu vielen Themen

Publiziert in 2 / 2016 - Erschienen am 20. Januar 2016
Landeshauptmann schlägt Anlaufstelle für Grenzpendler im Vinschgau vor. Debatte über Gesundheit, Energie, Wirtschaft und andere Bereiche. Zusammenarbeit mit dem Val Müstair intensivieren. Taufers i.M. - Neben großen landesweiten Themen kamen bei der Bürgerversammlung mit Landeshauptmann Arno Kompatscher, die am 15. Jänner in Taufers i.M. stattfand, auch viele Anliegen und Probleme zur Sprache, die speziell die Grenzgemeinde bzw. den ganzen Vinschgau betreffen. Im Vorfeld der gut besuchten Versammlung hatten die Gemeindeverwalter gemeinsam mit dem Landeshauptmann derzeit laufende und geplante Vorhaben und Projekte erörtert. „Kompatscher sicherte uns dabei zu, dass das zweite Baulos der Umgestaltung der Staatsstraße in das Bauprogramm des Landes aufgenommen wird. Wir können somit hoffen, dass das zweite Baulos im nächsten oder übernächsten Jahr umgesetzt wird,“ freute sich Bürgermeisterin Roseline Gunsch Koch. Das erste Baulos befinde sich derzeit in der Ausschreibungsphase, sodass die Arbeiten im heurigen Sommer beginnen können. Neu hinzugenommen wurde im Zuge des Projektes die Sanierung des Dorfwaals. Umbau des Rathauses Zügig voranbringen will die Verwaltung auch den Umbau des Rathauses. Gunsch Koch: „Wir haben uns nach einer Aussprache mit der Musikkapelle geeinigt, das Musikprobelokal sowie Zusatzräume doch im Rathaus zu integrieren.“ Auch ein Musikpavillon wird errichtet. Der neue Ratssaal soll auch für andere Zwecke genutzt werden, zum Beispiel für Veranstaltungen. Die Gesamtkosten des Vorhabens belaufen sich auf 1,32 Mio. Euro, wobei die Einrichtung nicht inbegriffen ist. Die Gemeindeämter und die Musikkapelle müssen während der Bauphase ausgesiedelt werden. Der Vizebürgermeister Hans Peter Spiess informierte u.a. über die geplante Neugestaltung der Stiegen zum Friedhof und die Errichtung eines Ossariums sowie einer Aschennische. Die Referenten Luis Hellrigl und Karl Christandl berichteten über die Behebung von Unwetterschäden, Projekte im Bereich des ländlichen Wegenetzes, über bisher durchgeführte und noch geplante Erneuerungen der öffentlichen Beleuchtung und über weitere konkrete Vorhaben. Zusammenarbeit mit dem Val Müstair Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Val Müstair will die Gemeindeverwaltung laut der Bürgermeisterin intensivieren. Die Verwaltungen beider Gemeinden haben sich bereits zweimal getroffen, um über mögliche gemeinsame Anliegen und Vorhaben zu diskutieren. Konkret nannte Gunsch Koch z.B. das Thema Maut auf der Stilfserjochstraße oder die Schaffung eines gemeinsamen Themenweges. „Wir wollen mit unseren Nachbarn in der Schweiz nicht nur leere Diskussionen führen, sondern konkrete Möglichkeiten der touristischen und wirtschaftlichen Entwicklung dies- und jenseits der Grenze ausloten, obwohl das nicht leicht ist, weil die Schweiz nicht zur EU gehört“, so Gunsch Koch. Man wolle die EURAC für eine beratende Mitarbeit gewinnen. Es soll in Zukunft regelmäßige Treffen der Verwaltungen von Taufers und des Val Müstair geben. Vermieden werden sollte in Zukunft, dass Taufers bei grenzüberschreitenden Kultur- und Tourismusprojekten zwischen dem Val Müstair und der Gemeinde Mals außen vor bleibt. Auch auf große Themen, über die im Rahmen einer Klausur des Gemeinderates im August 2015 diskutiert worden war und für die es keine kurzfristigen Lösungen geben wird, ging die Bürgermeisterin ein. Sie nannte u.a. die Entwicklung des Tourismus und der Landwirtschaft, die Potenzierung der Stromproduktion und die Zukunft der Rifairer Alm. Beratungsstelle für Grenzpendler? In seinen Ausführungen zu den spezifischen Anliegen von Taufers bzw. des Vinschgaus schlug der Landeshauptmann vor, angesichts der derzeitigen großen Unsicherheiten im Zusammenhang mit steuerlichen und anderweitigen Neuerungen für die Grenzpendler eine fixe und kompetente Anlauf- bzw. Beratungsstelle im Vinschgau einzurichten: „Ich denke nicht an ein Landesamt, sondern an einen Beraterdienst im Vinschgau, der unter Freiberuflern ausgeschrieben werden sollte.“ Im Vinschgau deshalb, weil es nur im Vinschgau Gemeinden gibt, die an einen Nicht-EU-Staat angrenzen. Eine große Chance für Taufers bzw. den Vinschgau insgesamt sieht Kompatscher in der eigenständigen Verwaltung des Südtiroler Nationalpark-Anteils: „Staatspräsident Sergio Mattarella hat die entsprechende Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut gestern unterschrieben. Die richtige Arbeit beginnt aber erst jetzt.“ (siehe eigenen Bericht auf Seite 6). Als nächsten Schritt kündigte er das Parkreglement an, wobei die Parkgemeinden bzw. die Bevölkerung vor Ort zur Mitsprache und Mitarbeit aufgerufen seien. Ziel müsse es sein, „einen Nationalpark zu haben, der nicht als von oben aufgedrückt empfunden wird, sondern der als große Chance gesehen wird, vor allem für die touristische Entwicklung.“ Keinen Zweifel ließ Kompatscher aber auch daran, dass der Nationalpark weiterhin Nationalpark bleiben wird, dass weiterhin übergeordnete Grundregeln gelten werden und es sicher nicht so sein wird, „dass man in Zukunft überall alles tun kann.“ Bestimmte Aufweichungen sollte es für Dauersiedlungsgebiete sowie für Flächen geben, die landwirtschaftlich intensiv genutzt werden. „Nur Mals-Scuol ist realistisch“ Bei der Diskussion kamen unter anderem auch die Themen Gesundheit, Energiekosten, Jagd, Wohnungsbau und Bahnverbindungen zur Sprache. Spätere Entwicklungen wolle er zwar nicht ausschließen, aber als einzige realistische Zugverbingungs-Variante kommt für Kompatscher nur ein Eisenbahntunnel zwischen Mals und Scuol in Frage. Von Südtiroler Seite wären für dieses Vorhaben ca. 250 Mio. Euro aufzubringen. Eines der Probleme ortet er derzeit darin, dass sich das Interesse der Schweiz an dieser Zugverbindung etwas in Grenzen halte, „aber wir sind zuversichtlich, eine Möglichkeit zu finden, damit auch die Schweiz mitmacht.“ Er habe über die große Vision einer Bahnverbindung mit der Schweiz bereits mit Jean-Claude Juncker, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, eingehend gesprochen. „Kein Krankenhaus wird geschlossen oder ausgeblutet“ Wie schon bei Bürgerversammlungen in anderen Gemeinden versicherte der Landeshauptmann auch in Taufers, „dass es nie die Absicht der Landesregierung war, auch nur eines der 7 Krankenhäuser zu schließen oder ausbluten zu lassen.“ Die Leistungsprofile für die Krankenhäuser sollen innerhalb Februar, spätestens innerhalb März genehmigt werden. Fest stehe, „dass wir mehr Ärzte brauchen werden, auch am Krankenhaus Schlanders.“ Mit dem Modell „1 Krankenhaus – 2 Standorte“ werde grundsätzlich darauf abgezielt, „nicht mehr überall alles zu machen, sondern jeweils spezifische Leistungen anzubieten, wobei die Grundleistungen weiterhin überall angeboten werden.“ Es werde spezielle Leistungen geben, für welche die Vinschger nach Meran fahren müssen, aber es wird auch Angebote in Schlanders geben, für welche die Burggräfler nach Schlanders fahren müssen. De facto Zwei-Klassen-Medizin Die Feststellung aus dem Publikum, dass man mit Geld schneller zu Terminen im Gesundheitswesen kommt und dass wir derzeit de facto eine Zwei-Klassen-Medizin haben, vermochte Kompatscher nicht zu entkräften. Er räumte ein, „dass wir im öffentlichen Bereich noch immer kein landesweites, funktionierendes Vormerksystem haben.“ Der Ärztemangel sei europaweit groß und in Südtirol komme erschwerend dazu, dass die private Tätigkeit öffentlich angestellter Ärzte stark eingeschränkt ist. Das trage mit dazu bei, dass Ärzte nur ungern nach Südtirol kommen. Außerdem sei das öffentliche Gesundheitswesen zum Teil überlastet: „Mehr private Tätigkeit würde zu einer Entlastung führen.“ Wenngleich es in Südtirol viele Privatversicherte gebe, werde fast von allen die öffentlichen Leistungen genutzt. „Hausaufgaben gemacht“ In seinem Bericht über die Tätigkeit der Landesregierung, der er seit dem 9. Jänner 2014 als Landeshauptmann vorsteht, verwies Kompatscher auf mehrere Bereiche, in denen die Landesregierung „ihre Hausaufgaben gemacht hat.“ So habe die Landesregierung maßgeblich dazu beigetragen, die Wirtschaft in Südtirol zu beleben. Zahlen würden das ebenso belegen wie Aussagen von Unternehmern. Es sei u.a. gelungen, Steuern zu senken. Auch Beiträge seien gesunken. Im Gegenzug zu vielen Miniförderungen, die mit großem bürokratischem Aufwand vergeben wurden, versuche man nach wie vor, den Wirtschaftstreibenden und Bürgern so viel Geld wie möglich in der Tasche zu lassen. Sehr positive Entwicklungen habe es im Energiesektor gegeben: „Tatsache ist, dass nach dem Schwindel im Zusammenhang mit Konzessionsvergaben jetzt keine einzige Schadensersatzklage gegen das Land mehr vorliegt.“ Zusätzlich zu den Kraftwerks-Anteilen des ENEL sei es gelungen, auch die Edison-Anteile heimzuholen, „sodass jetzt alle Kraftwerke in Südtirol in Südtiroler Hand sind.“ Auch auf die Gründung des neuen Energieunternehmens Alperia (Fusion zwischen SEL und AEW) ging Kompatscher ein. Als positiv für das Land und die Gemeinden wertete er die völkerrechtlich abgesicherte Finanzregelung mit dem Staat. Bezüglich der Verfassungsreform, über die im Herbst 2016 staatsweit abgestimmt werden soll, hielt Kompatscher fest, dass die Reform für Südtirol erst dann greift, wenn das Autonomiestatut überarbeitet und ein Einvernehmen zwischen Italien und Österreich erzielt ist. Wird der Strom billiger? Auf die Frage, ob und wann der Strom für die Bürger in Südtirol billiger wird, meinte Kompatscher, dass der derzeitige Tarif für die normalen Haushalte (ausgenommen sind die Gemeinden, wo die Stromversorgung über Genossenschaften erfolgt) bereits jetzt unter dem EU-Durchschnitt liegt. Würde der Tarif generell gesenkt, würden vor allem jene profitieren, die am meisten Strom verbrauchen. Eine generelle Senkung sei sozial und ökologisch nicht sinnvoll, zumal ja ein beträchtlicher Teil der Gewinne aus den Stromgesellschaften in den Landeshaushalt und in die Gemeindekassen fließt und somit indirekt allen Leuten zugute kommt. Sollte der Haushaltsanschluss italienweit von 3,5 auf 4,5 KW angehoben und der Tarif gesteigert werden, werde sich Südtirol darum bemühen, den niedrigen Tarif bis 4,5 beibehalten zu können. Zur Anregung, die Energiekosten für Unternehmen zu senken, damit diese wettbewerbsfähig bleiben können, meinte Kompatscher, dass dieser Spielraum eng ist, „denn die Steuern auf Energie sind Staatsgesetz.“ Um mehr Autonomie wolle sich das Land in Sachen Jagd bemühen: „Mittlerweile haben auch Beamte im zuständigen Ministerium in Rom verstanden, dass die Jagd bei uns gut funktioniert und dass es in Südtirol um Fauna und Flora nicht schlecht bestellt ist.“ Keinen Zentimeter abrücken will Kompatscher vom großen Credo seiner Vorgängers Luis Durnwalder, dem stets eine Politik für den ländlichen Raum ein großes Anliegen war: „Nur dadurch gelingt es, die Leute vor Ort zu halten und ihnen eine entsprechende Lebensqualität zu gewährleisten. Wird der ländliche Raum vernachlässigt, bekommen das auch die Städte zu spüren, also das ganze Land.“ Pater Albert Obexer informierte den Landeshauptmann über die Vielfalt von Kirchen in Taufers und ersuchte um weitere Unterstützung seitens der zuständigen Landesstellen. Sepp
Josef Laner
Josef Laner

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