Was Latsch bewegt
Bürgermeister Mauro Dalla Barba im Interview
Bürgermeister Mauro Dalla Barba
Bürgermeister Mauro Dalla Barba - in Corona-Zeiten mit Maske, versteht sich - und das Werk des Latscher Künstlers Arthur Rinner Hornbacher.

Latsch wohin? 

Ein Leitbild, Projekte und Corona-Hindernisse: Spannende Zeiten in Latsch.

Publiziert in 2 / 2021 - Erschienen am 26. Januar 2021

LATSCH - Betritt man das Bürgermeisterzimmer in Latsch, sieht man unter anderem ein Gemälde des lokalen Künstlers Arthur Rinner Hornbacher. Ein Bild, welches weite Teile der Gemeinde Latsch zeigt. Ganz nach dem Geschmack des neuen Bürgermeisters Mauro Dalla Barba. „Ein Geschenk meiner Mutter“, wie er im Gespräch mit dem der Vinschger betont. Ohnehin fühlt sich Dalla Barba in der Latscher Gemeindestube rundum wohl – wenngleich es in den nächsten Jahren einige Herausforderungen in der Marktgemeinde zu meistern gilt. Herausforderungen, die der 42-Jährige in Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat bewältigen wolle. Unter anderem soll ein Leitbild für den künftigen „Latscher Weg“ erarbeitet werden.  

der Vinschger: Herr Dalla Barba, haben Sie Ihren Platz in der Gemeindestube bereits gefunden?  

Mauro Dalla Barba: Ich habe meinen Platz gefunden und fühle mich hier wohl. Aber freilich, für mich ist es nichts vollkommen Neues. Ich habe insgesamt acht Jahre lang als Referent gearbeitet und bin seit dem Jahre 2000 – mit einer vierjährigen Pause – Mitglied des Latscher Gemeinderats. Die vergangenen vier Monate waren eine Art weiterer Kennenlernphase, zwischen Gemeindemitarbeitern und Bürgermeister. Ich denke, ich bin hier recht gut angekommen und wir können nun durchstarten. 

Was war Ihnen bei der Zusammenstellung „Ihres“ neuen 6-köpfigen Gemeindeausschusses wichtig? 

Einerseits die Zusammenarbeit, andererseits die Kompetenzen. Aber natürlich auch der Wählerwille. Ich denke, wir haben eine gute Mischung aus Erfahrung und Neulingen. (Anm. der Redaktion: Neben dem Bürgermeister selbst arbeiten Vize-Bürgermeister Christian Stricker sowie die Referenten Irmgard Gamper, Gertraud Gunsch, Maria Kuppelwieser und Manuel Platzgummer im Ausschuss). 

Wie kann die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Parteien und Interessensgruppen im Gemeinderat gelingen? 

Diese wird gelingen. Wir wollen kein politischer Gemeinderat sein, sondern einer, der für das Wohl der Bevölkerung arbeitet. Jeder kann Vorschläge einbringen. 

Nicht alles war bisher eitel Sonnenschein. Für Aufsehen sorgte etwa das politische Aus von Sonja Platzer. Die ehemalige Vize-Bürgermeisterin galt sogar lange als eine ihrer Mitstreiterinnen. Wie kam es zu dieser Entscheidung? 

Es war eine Entscheidung, die mir persönlich sehr leid tut. Sonja Platzer hat ihre Arbeit als Vize-Bürgermeisterin und Referentin in den vergangenen Jahren mit sehr viel Einsatz und Fleiß gemacht. Leider gab es politisch gesehen keine andere Möglichkeit. Mit Sonja Platzer im Ausschuss hätte es keine stabile Mehrheit im 18-köpfigen Gemeinderat gegeben. Eine künftige konstruktive und effektive Zusammenarbeit aller Beteiligten wäre so schwierig bzw. nicht möglich gewesen. Daher sind die politischen Würfel so gefallen. Ich bedauere aber auch, dass sie deswegen aus dem Gemeinderat zurückgetreten ist. Auch hierbei kann man sich aktiv einbringen und mitarbeiten. Menschlich verstehe ich ihre Entscheidung jedoch. 

Die ganze Welt hat derzeit noch mit der Coronavirus-Krise zu kämpfen. Was bedeutet dieses Virus für eine Gemeinde wie Latsch? Welche absehbaren Schäden gibt es? 

Es ist natürlich für die Wirtschaft und alle Bereiche eine Katastrophe. Aber: Wir haben in unserer Gemeinde wirtschaftlich gesunde Unternehmen, die dem Virus lange trotzen konnten. Jedoch weiß niemand, wie es weitergeht. Ich hoffe, die Pandemie in dieser Form geht bald zu Ende. Sonst könnten einige in kritische Situationen geraten. Zudem wagt in solchen Zeiten kaum jemand den Schritt in die Selbstständigkeit, vor allem was die schwer getroffenen Bereiche wie Gastronomie und Handel betrifft. Dies wirkt sich natürlich auf das ganze Dorf aus. Nichtsdestotrotz ist es unsere Aufgabe, die Gemeinde in den nächsten Jahren attraktiv zu gestalten, für Unternehmer und Selbstständige sowie für alle, die sich dafür entscheiden, Latsch als Standort zu wählen. Denn grundsätzlich haben wir einen guten Standort. 

Wie hoch sind die finanziellen Verluste der Gemeinde selbst? 

Auch hier gibt es große Verluste. Unsere Einnahmequellen wie die Seilbahn St. Martin, aber auch die Sportanlagen, insbesondere Sauna und Schwimmbad, haben weniger Einnahmen generiert. Um die Pächter zu unterstützen, haben wir zudem in mehreren Einrichtungen die Mieten reduziert. Dies war richtig und wichtig sowie eine moralische Unterstützung. Ich hoffe, das ist auch ein positives Beispiel für die Privatwirtschaft. Neben den direkten Einnahmeverlusten fehlen uns durch die reduzierten Tätigkeiten während der Lockdowns auch Einnahmen aus Müll, Wasser und weiteren Bereichen. Insgesamt kann man laut derzeitigem Stand coronabedingt bereits von rund einer Million Euro an Mindereinnahmen sprechen. Einen Teil davon können wir decken, etwa durch Landesgelder. Aber natürlich bekommt eine Gemeinde wie Latsch die Auswirkungen dieser Krise stark zu spüren.

In der nächsten Verwaltungsperiode steht so einiges auf dem Programm. Was sind die wichtigsten Projekte? 

Für mich als Bürgermeister ist jedes Projekt wichtig, egal in welcher Größenordnung. Einige Projekte haben natürlich Priorität und müssen früher angegangen werden. Vieles, was in den nächsten fünf Jahren gemacht wird, hängt natürlich auch von der Finanzierung an. Und hier haben wir aufgrund von Corona, wie angesprochen, schon jetzt große Verluste. Dennoch wollen wir das, was wir uns vorgenommen haben und wie wir es auch vor den Wahlen mittels Programm kommuniziert haben, verwirklichen. 2021 starten wir mit dem Leitbild der Gemeinde Latsch. 

Worum geht es hierbei? 

Wir wollen ausarbeiten, wohin sich die Gemeinde Latsch entwickelt. Dies geht Hand in Hand mit dem Raumentwicklungskonzept, da es viele Berührungspunkte gibt. Das Leitbild und das Raumentwicklungskonzept sollen uns bei zukünftigen Entscheidungen unterstützen. Wir werden schauen, wo die Gemeinde Latsch steht und wo wir hinwollen. 

Was gibt es noch für konkrete größere Projekte? 

Die Planung in Sachen Sanierung und Umbauarbeiten beim Vereinshaus Goldrain stehen vor dem Abschluss. Noch heuer soll mit dem Bau begonnen werden, 2022 wollen wir das neue Vereinshaus eröffnen. Auch beim Kindergarten in Goldrain stehen noch Sanierungsarbeiten an. Heuer soll die Planung abgeschlossen werden. Auch eine Sanierung des Eisstadions ist nötig. Hier gilt es, eine erste Planung vorzunehmen und eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Was die Finanzierung betrifft, müssen wir schauen, dass das Stadion seitens des Landes als übergemeindliche Einrichtung bewertet wird, um nicht die Kosten alleine zu tragen. Das Stadion wird schließlich von Kindern und Jugendlichen aus dem ganzen Vinschgau und auch darüber hinaus genutzt. Wir als Gemeinde Latsch können aber die Kosten nicht auf Dauer alleine stemmen. Zudem soll der Schießstand Latsch saniert werden und künftig von Heimatpflegeverband und Schützen genutzt werden. Eine Machbarkeitsstudie wurde bereits beauftragt. Für Sanierungsarbeiten in der Turnhalle wird ebenfalls eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Dies sind nur einige Projekte von vielen, die in den nächsten Jahren angegangen werden sollen. Ein Dauerthema ist nach wie vor der Dorfkern. Es gilt, die Voraussetzungen für ein attraktives Dorf zu schaffen. Hier wird uns in erster Linie das Leitbild den Weg zeigen. Wir als Gemeinde müssen nicht nur für saubere Straßen sorgen, sondern auch Plätze und Räume schaffen, wo sich die Menschen wohl fühlen. Ein großes Thema sind hier auch die Parkplätze. Es gilt, Grund für Parkplätze zu gewinnen und gleichzeitig bestimmte Plätze komplett autofrei zu bekommen. Ein Beispiel dafür ist der Kirchplatz. Dieser soll langfristig autofrei und aufgewertet werden. 

Wäre eine Fußgängerzone eine Lösung? 

Nein, dies kann man ausschließen. Eine Fußgängerzone wird es in Latsch nicht geben. Das ist keine Lösung. Es gibt andere gestalterische Möglichkeiten, wie uns das Leitbild zeigen wird. Vor allem müssen die bestehenden Zonen aufgewertet werden. Verkehrsmäßig kann man etwa auf Einbahnregelungen und dergleichen setzen. Wir müssen schauen, was die Bevölkerung will und was möglich ist. Dann können wir nach bestem Wissen und Gewissen die optimalen Entscheidungen treffen. 

Wie steht es um das Projekt beim rund 10.000 Quadratmeter großen Ex-Ortler-Areal? 

Hier läuft derzeit ein Ideenwettbewerb. Dafür hat das Immobilienunternehmen Pohl in Absprache mit dem Noch-Eigentümer Mivor den Architekten Ulrich Weger beauftragt. Es soll kein zweiter Ortskern entstehen. Schrittweise soll Neues entstehen, die Möglichkeiten sind vielfältig. Wir als Gemeinde haben hierbei einen Platz in der Fachjury und ein Mitspracherecht. Dies war uns wichtig. Nun gilt es, ein Siegerprojekt bzw. Lösungen für dieses riesige Areal zu finden. 

Immer wieder kommt Kritik aufgrund des Leerstands im Dorf auf. Was kann die Gemeinde dagegen tun? 

Die Sanierung des Altbestandes und die Nutzung von Leerstand ist uns ein zentrales Anliegen. Hier tut sich einiges. So hat die Gemeinde bereits zwei alte Gebäude, in Tarsch und im Zentrum von Latsch, angekauft. Hier sollen neue Wohnungen entstehen. Wir als Gemeinde können aber immer nur so viel tun, wie der Eigentümer bereit ist zuzulassen. Es gibt Möglichkeiten, bestimmte Gebäude für das leistbare Wohnen zu erwerben. Hier gibt es eine Kostenschätzung seitens des Landes. Die Vorstellungen zwischen Verkäufer und Kostenschätzung liegen aber oft leider etwas auseinander. Zwingen zum Verkauf kann man niemanden. 

Spaziert man durch das Dorf, dann merkt man: baumäßig tut sich einiges. Auch in Sachen neue Wohnanlagen. Ist Latsch so beliebt? 

Ich bin froh, wenn neue Wohnungen entstehen. Wir müssen aufpassen, uns nicht zu einem Schlafdorf zu entwickeln. Aber hier habe ich keine großen Befürchtungen, denn wir haben einen attraktiven Standort. Das ist Fakt. Es gibt wirtschaftlich gesunde und eifrige Unternehmen, die den Standort für Arbeitnehmer attraktiv machen. Zudem können wir uns in Sachen Tourismus und Landwirtschaft sehen lassen. Latsch ist ein lebenswertes Dorf.

Michael Andres
Michael Andres

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