„So nicht, liebes Land!“
Viel zu wenig Trockenzonen vorgesehen
Dieses Bild entstand Ende April 2007 am Sonnenberg in Schlanders.
Der Vinschgau ist das größte Trockental Südtirols. Wenn es zu Trockenperioden kommt, ist es vor allem der Sonnenberg, der darunter leidet, aber nicht nur. Dieses Bild entstand Ende April 2007 am Sonnenberg in Schlanders.

Mehr Mitsprache beim Wasser gefordert

Breite Front gegen den Vorschlag zur Ausweisung von nur zwei Trockengebieten. Dringender Appell an die Landesregierung.

Publiziert in 13-14 / 2021 - Erschienen am 15. April 2021

Vinschgau - Oft heißt es, dass die Vinschger nicht imstande wären, zusammenzuhalten. Das mag manchmal zutreffen, ist aber nicht die Regel. Jedenfalls dann nicht, wenn es ans Eingemachte geht. Man denke etwa an den sogenannten Stromstreit oder den geballten Einsatz für den Erhalt aller wesentlichen Dienste im Krankenhaus, besonders der Geburtenabteilung. Seit jeher hochsensibel ist die Bevölkerung des größten Trockentales in Südtirol, wenn es um das Thema Wasser geht. Wie ernst es dem Bezirk im Zusammenhang mit dem Gewässerschutzplan und der bevorstehenden Ausweisung von sogenannten Trockenzonen ist, geht aus einem Schreiben an Landeshauptmann Arno Kompatscher und an die Landesräte Arnold Schuler und Giuliano Vettorato hervor, in dem davor gewarnt wird, einen „Wasserstreit“ vom Zaun zu brechen. Unterschrieben haben den Appell der Kammerabgeordnete und SVP Bezirksobmann Albrecht Plangger, der Präsident Bezirksgemeinschaft Vinschgau, Dieter Pinggera, der Präsident und der Direktor des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau, Paul Wellenzohn und Gottfried Niedermair, der Landtagspräsident Sepp Noggler, der Bezirksobmann des Bauernbundes, Raimund Prugger, und der frühere Bezirkspräsident Andreas Tappeiner. Auch die Bürgermeister des Tales haben ein ähnliches Schreiben an die Landesregierung geschickt und ihre Verhandlungsführer namhaft gemacht. 

Nur zwei Trockenzonen vorgesehen

Der unmittelbare Anlass des Protestschreibens ist der vom Amt für nachhaltige Gewässernutzung ausgearbeitete Vorschlag für die Ausweisung sogenannter Trockenzonen. Im Gewässerschutzplan ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Landesregierung Zonen festlegen kann, die durch Trockenheit bzw. wiederholte Engpässe in der Wasserversorgung gekennzeichnet sind. In diesen Zonen kann für die landwirtschaftliche Nutzung eine Abweichung von der Mindestrestwassermenge von 2 Sekundenlitern pro Quadratkilometer vorgesehen und ein geringerer Abflusswert festgelegt werden. Nicht wenig erstaunt war man im Vinschgau, als der Entwurf für den Trockenzonenplan kürzlich eintraf und zwar bereits in Form einer Beschlussvorlage für die Landesregierung. „Wir wurden weder in die Ausarbeitung des Planes miteinbezogen, noch gab es im Vorfeld Ortsaugenscheine oder Aussprachen“, so der Grundtenor. Im Vorschlag seien lediglich zwei Trockenzonen am Sonnenberg in den Gemeinden Laas und Kastelbell-Tschars vorgesehen: „Das ist viel zu wenig. Dieser Vorschlag geht an der Realität vorbei. Würde er in dieser Form genehmigt, ist der Weiterbestand vieler bergbäuerlicher Betriebe gefährdet,“ lautet die Kritik aus dem Vinschgau. Beanstandet wird auch die Tatsache, dass im Plan von Bächen und Wasserläufen die Rede ist, „die es nicht einmal gibt und die wir gar nicht kennen.“ Außerdem gehe es nicht an, dass verbaute Bach-Abschnitte, die de facto Wasserkanäle sind, natürlichen Wasserläufen gleichgestellt werden. An vielen Wasserläufen im Vinschgau fehlt heute schon in 9 von 10 Jahren Wasser für die Landwirtschaft, trotz vieler Investitionen zum Wassersparen. 

„Taube“ Ämter und Landesräte

Diese und ähnliche Anliegen werden auch im genannten Schreiben auf den Punkt gebracht. Mit dem Entwurf des Gewässerschutzplanes hatten sich die Vinschger Gemeinden, Verbände, Beregnungs- und Bonifizierungskonsortien sowie der Bauernbund und nicht zuletzt der SVP Bezirk bereits vor einiger Zeit intensiv befasst und eine fundierte Stellungnahme abgegeben. Das Hauptanliegen war die Einrichtung eines „technischen und politischen Tisches“, um die vorgeschlagenen Planänderungen vor der definitiven Beschlussfassung spezifisch zu diskutieren. Auch die Kriterien für die Ausweisung der Trockengebiete sollten transparent diskutiert werden, um für Trockenzonen für ausgewählte Gewässer auf der Sonnenseite und auf der Schattenseite ohne Gletscher Modell-Management-Pläne zu erstellen, „damit die Landwirte in diesen Zonen wissen, was auf sie zukommt.“ Rückmeldungen seitens der zuständigen Landesämter und Landesräte gebe es leider keine, „und jetzt liegt sogar schon ein entsprechender Beschlussentwurf vor, der bald auf die Tagesordnung der Landesregierung gesetzt werden soll.“ Die ausgewiesenen Trockenzonen „sind viel zu eng bemessen und fehlen auf der orographisch rechten Talseite völlig.“ Die Kriterien für die Ausweisung seien nicht schlüssig und müssten ergänzt werden. Auch müsste die massive Verbauung vieler Gewässer im unteren Bereich oder in Siedlungsgebieten durch den Sonderbetrieb für Wildbachverbauung berücksichtigt werden. Diese Verbauung mache es unmöglich, bestimmte Qualitätskriterien zu erreichen.

Alte Wasserrechte nicht beschneiden

Auf keinen Fall zustimmen möchten die Vinschger dem Artikel 4, in dem die Pflichten für Wasserableitungen außerhalb der Trockenzonen festgeschrieben sind. Gemäß diesem Artikel würden schon innerhalb eines Jahres rund 200 alte Wasserrechte im Vinschgau beschnitten, obwohl die Konzessionen meistens noch eine Laufzeit bis 2029 haben. Im Schreiben wird eine dringende Aussprache auch mit den zuständigen Landesämtern gefordert, „bevor der Gewässerschutzplan oder der Plan für die Ausweisung der Trockengebiete endgültig beschlossen wird.“ Ein Treffen mit Landesrat Vettorato hat Mitte März stattgefunden. Vettorato zeigte sich für die Einrichtung eines politischen und technischen Tisches bereit. Auf Bezirksebene wurde vereinbart, dass sich jetzt vor allem die Bürgermeister an forderster Front einbringen und entsprechend engagieren. Es sind dies in erster Linie der Schlanders Bürgermeister Dieter Pinggera und seine Amtskollegen aus Mals (Josef Thurner) und Kastelbell-Tschars (Gustav Tappeiner). Die Forderungen sind klar: mehr Mitspracherecht, politischer und technischer Arbeitstisch sowie Modell-Management-Pläne für Gewässer auf der Sonnenseite und Gewässer auf der Schattenseite ohne Gletscher.

Ausnahmeregelungen gefordert

Bereits in der Stellungnahme zum Gewässerschutzplan hatte der SVP Bezirk Vinschgau gefordert, dass der Plan vorab die Trockengebiete im Vinschgau festlegen müsse. Hierfür müsste dringend vor Ort eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Landwirtschaftsassessorates eingesetzt werden, „das sich um die Ausweisung dieser Trockengebiete kümmert.“ In Bezug auf die Umweltziele waren in der Stellungnahme Ausnahmeregelungen für folgende Fließgewässer gefordert worden: Schlandraunbach, Allitzerbach, Laaserbach, Tanaserbach und Tschenglsbach. Auch für den Haidersee sollte es eine Ausnahmeregelung geben.

Josef Laner
Josef Laner

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