Nicht alles wird glänzen
Der neue Zug passiert den Bahnhof in Kastelbell, bei dem noch Arbeiten im Gang sind

Nicht alles wird glänzen

Publiziert in 8 / 2005 - Erschienen am 29. April 2005
116 Millionen Euro an Steuergeld, 230 Milliarden der alten Lira, hat die neue Vinschger Bahn gekostet. Sie kommt also auf goldenen Schienen daher. Wenn der Zug ab dem 5. Mai wieder fährt, dann in erster Linie deshalb, weil ihn viele Vinschgerinnen und Vinschger wollten. Nun rollt sie an, die Bahn. Sie ist hochmodern, schnell und bequem. Alles wird zu Beginn aber sicher nicht glänzen. Das ist auch normal. Etwas hapern dürfte es anfangs mit den Zubringerdiensten. Auch die Bahnhöfe werden nicht alle in Glanzuniform dastehen. Eines ist vorauszusehen: wenn der Zug nur in Mals ankommt und nicht auch bei den Leuten, fährt er auf verlorenem Posten. Verhindern lässt sich dies nur, wenn mit der Bahn auch gefahren wird. ”Dass zu Beginn alles wie geschmiert laufen wird, ist einfach unrealistisch, und wir müssen das den Leuten auch klar sagen“, ist Markus Pircher, der im Bezirksausschuss für die Bahn zuständig ist, überzeugt. In der ersten Phase, das heißt ab dem 6. Mai bis zum Herbst (Beginn des Schuljahres 2005/2006) verkehrt der Zug im Stundentakt, wobei sämtliche SAD-und Buslinien aufrecht bleiben. Mit Schulbeginn allerdings wird die Bus-Hauptlinie eingestellt. Ab diesem Zeitpunkt soll die Bahn im Halbstundentakt verkehren, wobei auch schnelle Züge, die nicht mehr überall anhalten, eingeschoben werden. Die Bus-Seitenlinien (Vinschgauer Oberland, Taufers im Münstertal, Stilfs, Martell, Schnals usw). bleiben erhalten und sollen auf den Zugfahrplan abgestimmt werden. Die Anrainergemeinden entlang der Zugstrecke Meran-Mals hingegen müssen Zubringerdienste einrichten. Das Konzept für die Gemeinde Latsch etwa sieht vor, dass der bestehende Gästebus, der im Zeitraum zwischen Mai und dem Spätherbst fährt, so ausgeweitet wird, dass auf Gemeindeebene ein ganzjähriger Zubringerdienst zu den Bahnhöfen Latsch und Goldrain gewährleistet wird. Für Tarsch gibt es derzeit keine öffentliche Busanbindung Die Gemeinde Schlanders musste ihr ursprüngliches Zubringerdienst-Konzept (ein größerer Bus und mehrere Kleinbusse) kurzerhand aufgeben, weil der Zugfahrplan für die Anfangszeit (Stundentakt und nicht mehr Halbstundentakt) kurzfristig abgeändert worden war. Für Schlanders ergibt sich nun das besondere Problem des Zubringerdienstes für die Oberschüler. Zumal sich die Züge bis zum Herbst in Latsch kreuzen, stimmen die Ankünfte mit den Schulanfangszeiten nicht reibungslos überein. Die Gemeinde Schlanders bemüht sich jetzt um einen provisorischen Zubringerdienst mit Kleinbussen. Im Herbst soll dann laut Bürgermeister Johann Wallnöfer der endgültige Zubringerdienst mit der Berücksichtigung des ganzen Gemeindegebietes auf die Beine gestellt werden. Landesrat Thomas Widmann habe versprochen, dass sich die Züge ab Herbst am Bahnhof in Schlanders kreuzen werden. Das Konzept für die Zubringerdienste bezeichnet Markus Pircher, der in der Bezirksgemeinschaft für die Eisenbahn zuständig ist, zwar als „insgesamt gut“, doch es gelte noch an manchen Details zu feilen. Wie schon bei der neuen Bahn insgesamt seien auch bei den Zubringerdiensten Erfahrungswerte notwendig. Wenngleich das Land einen finanziellen Beitrag für die Zubringerdienste in Aussicht gestellt hat, dürften die Kosten dieser Dienste die Kassen mancher Gemeinden dennoch schwer belasten. Nicht überall werden sich die vorgesehenen Fahrraddepots ab dem 5. Mai in ihrer endgültigen Ausstattung präsentieren. An sechs Bahnhöfen auf der Linie Meran-Mals soll es laut Thomas Widmann, dem Landesrat für Mobilität, Fahrradverleih-Stützpunkte geben. Klagen darüber, dass ein Fahrradtransport nur in sehr begrenztem Ausmaß möglich sein wird, gibt es schon seit einiger Zeit. „Die Radfahrer wollen ihr eigenes Rad benützen, auch Radtouristen kommen mit dem eigenen Rad“, ist etwa Helmut Werth vom Verein für Kinderspielplätze und Erholung überzeugt. Helmuth Morder , der Projektleiter der Vinschger Bahn, hatte unlängst erklärt, „dass wir einen Personen- und nicht einen Güterzug gebaut haben“. Die Stimmung zugunsten der Bahn ist trotz allem weitgehend positiv, mittlerweile auch in Wirtschafts- und Tourismuskreisen. Skeptiker aber gibt es noch immer. Was für alle gut gehen müsste, ist es, die Bahn einfach kommen zu lassen und am dreitägigen Eröffnungsfest vom 5. bis zum 8. Mai teilzunehmen (siehe Kasten Seite 9). An diesen Tagen ist die Bahnfahrt kostenlos, danach gelten die üblichen Bustarife. Landesrat Thomas Widmann hat sich jüngst hin oft als glühender Verfechter der Bahn gezeigt. Er konnte sozusagen zur Blütezeit zusteigen. Zu jenen, die vorab starke Wurzeln gepflanzt haben, zählen unter anderem Wolfgang Platter (ehemals Vorsitzender des Bahnkomitees), der ehemalige Bezirkspräsident Kristian Klotz, der Naturnser Bürgermeister und Eisenbahn-Freak Walter Weiss und nicht zuletzt Landesrat Richard Theiner, der während der vergangenen Landtagsperiode viel Überzeugungsarbeit geleistet hat.
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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