„Sonst hätten es halt andere gemacht“
„Anstatt sich über einen legalen und kontrollierten Spielsaal aufzuregen, sollten sich jene, die am lautesten schreien, zunächst um die Jugendlichen von 14 Jahren aufwärts kümmern, die sich an jedem Wochenende mit Alkohol zuschütten, Parkanlagen zerstören und randalieren“, sagt Luca Edi. Niemand sei befugt, ihm und seiner Frau irgendetwas von Moral zu erzählen.

Polemik um ersten Spielsaal im Vinschgau

Publiziert in 20 / 2007 - Erschienen am 31. Mai 2007
Prad – „Euroslot“ heißt der Spielsaal, der seit dem gestrigen Mittwoch in Prad geöffnet ist. Es ist dies der erste Spielsaal dieser Art im Vinschgau. Schon vor der Eröffnung hatte es Briefe besorgter Lehrer und Eltern an die Gemeinde gegeben. Auch die Liste „Für Prad“ ist entscheiden gegen den Spielsaal. Die Gemeindeverwalter verweisen darauf, dass die Lizenz vom Land vergeben wurde und dass man auf Kontrollen bedacht sei. Luca Edi, der Betreiber des Spielsaals, kann die Ängste und Sorgen nicht verstehen: „Der Spielsaal ist völlig legal. Wenn nicht ich diesen Saal eröffnet hätte, hätten es andere getan. Außerdem ist eine eigene Person für die Kontrolle und Aufsicht zuständig.“ Der Spielsaal befindet sich im Erdgeschoss des Einkaufszentrums in der Dorfmitte, und zwar neben der „Eurobar“, die Luca Edi gehört. Das Lokal ist rund 100 Meter groß. „Es gab viele Interessenten, die das Lokal gerne für die Einrichtung eines Spielsaals gemietet hätten. Wenn ich es nicht getan hätte, wären eben Leute aus Neapel, aus der Türkei oder von anderswo her gekommen“, sagt Luca Edi. Er lege großen Wert darauf, den Spielsaal auch räumlich in zwei Teile zu trennen. Der Teil, wo die 12 Geldspielautomaten stehen, soll für Besucher ab 18 Jahren reserviert bleiben. Der andere Teil ist für Jugendliche ab 16 Jahren vorgesehen. Dort gibt es keine Geldautomaten, sondern andere Spiele: Billard, Darts, Tischfußball, Flipper, Automat für Sportwetten, Photo Play. Auch ein Internet-Service ist zu finden und ein Alkohol-Tester. Jugendliche unter 16 Jahren haben keinen Zutritt. „Zusätzlich zur räumlichen Abtrennung ist auch eine eigene Person mit der Kontrolle beauftragt“, sichert Luca Edi zu. Er bringt für die Polemik rund um den Spielsaal kein Verständnis auf: „Auch in anderen Gemeinden werden solche Spielsäle kommen, etwa in Schlanders, in Naturns oder in Reschen. Manche Leute sind offensichtlich gegen alles, was neu und fortschrittlich ist.“ Ganz andere Töne haben besorgte Lehrer und Eltern bereits im Vorfeld der Eröffnung angeschlagen. Die Lehrpersonen der Mittelschule hatten ihre Sorgen bereits am 1. März 2007 in einem Schreiben an den Bürgermeister Hubert Pinggera, an den Jugendreferenten Josef Gritsch und an alle Gemeinderäte geäußert. Eine „Spielhalle“ sei aus mehreren Gründen bedenklich und daher abzulehnen: Die Jugendlichen sind verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, die bekanntermaßen zu großem Suchtverhalten führen. Viele Jugendliche und Familien haben jetzt schon finanzielle Probleme und verschulden sich durch ihr Konsumverhalten. Der Standort in direkter Nähe zum Jugendtreff, zur Grundschule und zum neuen „Ortskern“ ist ungünstig. Am 11. April hat die Gastgewerbekommission dem Landesamt für Verwaltungspolizei ein positives Gutachten für die Erteilung der Lizenz zukommen lassen, und zwar mit der Bedingung, „dass die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und die Kontrollen durch die Polizeiorgane unbedingt notwendig sind und von der Gemeindeverwaltung auch gefordert werden.“ Unter 16 Jahren dürfe kein Zutritt gewährt werden und die Geldautomaten sollten erst ab 18 Jahren zugänglich sein, wie es auch das Gesetz vorsehe. Die Umwidmung der Zweck­bestimmung des Lokals von „Detailhandel“ in „Dienstleistung“ hatte die Baumkommission am 4. April genehmigt. Anfang Mai haben sich die Bäuerinnenorganisation Prad sowie Eltern von Mittelschülern und Kindergartenkindern in einem Brief an alle Gemeindevertreter sehr besorgt geäußert: „Wir wollen darauf hinweisen, dass mit den ‚harten Glücksspielen’, also Spielen mit Geldeinsatz, die Gefahr einer Spielsucht einhergeht.“ Auch auf die möglichen Folgen einer Spielsucht wird verwiesen: Verschuldung, Verfall sozialer Bindungen, Vereinsamung. Die Gemeindevertreter wurden aufgefordert, den Spielsaal zu überdenken und den Jugendlichen gegenüber Fürsorgepflicht walten zu lassen. Dieses Schreiben sowie der Spielsaal insgesamt waren auch Thema bei der jüngsten Gemeinderatssitzung. Wunibald Wallnöfer sprach sich im Namen der Liste „Für Prad“ entschieden gegen den Spielsaal aus. Die Verwalter hätten das Thema im Gemeinderat zur Behandlung bringen sollen. Dass sie es nicht getan haben, sei ein Armutszeugnis. „Das Land spricht zwar immer wieder von Suchprävention und unternimmt auch Kampagnen, solche Lizenzen aber werden erteilt. Das ist in meinen Augen widersprüchlich. Auch die Spielsucht ist eine Sucht. Im Nachhinein Krokodilstränen vergießen hilft hier ebenso wenig wie bei den Folgen anderer Süchte“, sagte Wunibald Wallnöfer dem „Vinschger“. Unverständlich ist für ihn auch, dass der Spielsaal von außen nicht einsehbar ist: „Das erweckt den Anschein, als wollte man hier etwas verbergen.“ Bürgermeister Hubert ­Pinggera und der Jugendreferent Josef Gritsch verweisen auf die Bedingungen im Gutachten der Gastgewerbekommission. Die Lizenz sei außerdem nicht von der Gemeinde, sondern vom Land erteilt worden. Man wolle alles daran setzen, dass die Auflagen auch kontrolliert werden. „Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Lehrer, Eltern und Bäuerinnen ernst“, sagte Josef Gritsch. Auch im Jugendbeirat werde er das Thema demnächst zur Sprache bringen. (sepp) Der Staat kassiert fleißig mit Bei den Geldspielautomaten, wie sie in vielen Barbetrieben zu finden sind, hat auch der Staat seine Finger stark mit im Spiel. Er zweigt 13,5 Prozent der Gesamtsumme, mit der die Automaten „gefüttert“ werden, ab. 75 Prozent fließen an die Spieler zurück. 1,5 Prozent gehen an das Übermittlungs- und Datenverarbeitungsnetz. Die verbleibenden 10 Prozent teilen sich die Besitzer der Automaten und die Anbieter. Wenn zum Beispiel in einem Barbetrieb 3 Automaten stehen, die regelmäßig gut „bespielt“ werden, können pro Jahr über 100.000 Euro an Steuern für den Staat abfallen. Dieses Beispiel zeigt, welche Geldsummen hier „gewälzt“ werden, denn die 100.000 Euro sind ja nur 13,5 Prozent der Gesamtsumme.
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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