Auch das Handwerk schwitzt
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Rückläufige Zahlen in vielen Bereichen

Publiziert in 3 / 2012 - Erschienen am 25. Januar 2012
Untervinschgau – Das Handwerk hat derzeit einen schweren Stand. Die Zahl der Mitglieder sinkt, immer mehr Betriebe sperren zu und Lehrlinge gibt es immer weniger. Diese nicht gerade rosige Lage des Handwerks im LVH-Bezirk Untervinschgau untermauerte Bezirksobmann Andreas Nagl bei der LVH-Ortsversammlung am 18. Jänner in Laas mit Fakten und Daten. Was den Handwerkern in der derzeitigen Krisenzeit am meisten zu schaffen macht oder auch Hoffnung weckt, versuchte „Der Vinschger“ mit einer kleinen Umfrage in Erfahrung zu bringen. Lag die Zahl der LVH-Mitglieder im Bezirk Untervinschgau vor 10 Jahren noch bei 300, so sind es jetzt nur mehr rund 240. Die verbandsinternen Auseinandersetzungen des LVH auf Landesebene dürften laut Nagl ­sicher Mitschuld am Mitgliederrückgang gewesen sein. Wie Nagl und auch der Laaser Ortsobmann Josef Moser aber übereinstimmten, sei Hand in Hand mit der Neuwahl des neuen Landespräsidenten Gert Lanz und seiner zwei Stellvertreter Ivo Bozzi und Martin Haller im Februar 2011 viel Druck vom Verband weggenommen worden. „Das Klima auf Bezirks- und Landesebene ist mittlerweile wieder sehr gut, die Zusammenarbeit funktioniert tadellos,“ so Moser wörtlich. Für nachdenkliche Mienen in der Fach­schule für Steinbearbeitung „Johannes Steinhäuser“ sorgte eine Tabelle, die belegt, dass die Zahl der Handwerksbetriebe im Bezirk Untervinschgau von 2000 bis 2010 von 503 auf 491 zurückgegangen ist. „In Prozenten ausgedrückt hatten wir in Martell zum Beispiel einen Rückgang von 20%, in Latsch von 13% und in Schlanders von fast 8%“, kommentierte Andreas Nagl (siehe auch Grafik). In einigen Gemeinden gab es aber auch Zuwächse: plus 23% in Schnals und plus 9,6% in Laas. Gesellen unter 35 gibt es im Bezirk Untervinschgau derzeit nur 132, die Zahl der Lehrlinge beläuft sich auf 60, jene der Lehrstellen auf 24. Den Hauptgrund für den Rückgang der Zahl der Betriebe sieht Nagl darin, dass speziell junge Handwerker aufgrund der Bürokratie, der Auflagen und teils unsinnigen Vorschriften und Vorgaben schlicht und einfach die Lust verlieren, in den Betrieb einzusteigen. Zur derzeitigen Krise meinte er, dass nicht alle Sektoren gleich betroffen sind: „In der Baubranche zum Beispiel ist es ziemlich hart, in anderen Sektoren geht es besser.“ Grundsätzlich gab sich der Bezirksobmann trotz rückläufiger Trends optimistisch. Nagls eindringlichster Appell an die Handwerksbetriebe: „Wir müssen vermehrt Lehrlinge einstellen und ausbilden, sonst sind wir nicht imstande, den Rückwärtstrend aufzuhalten. Die Ausbildung und Weiterbildung seien die dringendsten Gebote der Stunde. Zusammen mit anderen LVH-Funktionären arbeitet Nagl auch in der LVH-Gruppe Bildung mit. Diese Gruppe hat Vorschläge bezüglich der künftigen Lehrlingsausbildung erarbeitet und sich auch vw mit einem neuen Modell der Berufsschulstandorte in Südtirol befasst. Was den Vinschgau betrifft, so wird vorgeschlagen, dass an der Landesberufsschule in Schlanders auch künftig die Standorte Bau und Metall vorgesehen werden sollen. „Der Bereich Holz ist allerdings momentan in der Schwebe“, so Nagl. Weiterhin erhalten bliebe natürlich die Fachschule für Steinbearbeitung. Ob die erarbeiteten Vorschläge auch endgültig so genehmigt werden, bleibe abzuwarten. Große Hoffnung setzt der Verband auf das neue Lehrlingsgesetz, das vom Land innerhalb weniger Monate auf der Basis des diesbezüglichen Staatsgesetzes neu aufgelegt werden soll. Das Endziel sei die Berufsmatura. Als äußerst positiv für den Nachwuchs im Handwerk wertete der Bezirksobmann die engen Kontakte des Verbandes zu den Mittelschulen, „vielleicht gelingt es, auch vermehrt die Eltern mit ins Boot zu holen.“ Der Stellenwert des Handwerks im gesamten Wirtschaftsgefüge ist nach wie vor beachtlich. Der Marktanteil des Handwerks liegt in allen Gemeinden des Bezirks Untervinschgau bei mindestens 50%. Deutlich mehr sind es in Schnals und Martell. Die mit Abstand stärkste Branche ist der Sektor Bau, gefolgt von Holz, Installation und Metall. Die Zahl der Beschäftigen im LVH-Bezirk Untervinschgau liegt bei über 2.000. Im landesweiten Vergleich sind das 4,61%. Nicht wenige Sorgen bereiten den großteils klein strukturierten Betrieben die Bürokratie und die Schwierigkeiten, Aufträge zu bekommen. Bürgermeister Andreas Tappeiner sagte, dass es bis vor kurzem noch so aussah, als könnten in Zukunft auch Projekte mit einem Finanzvolumen von über 1 Million Euro nach Gewerken ausgeschrieben werden, doch mit der Regierung ­Monti kam wieder ein Rückschlag. „Es kann aber auch sein, dass sich die Lage wieder ändert“, so Tappeiner. Dass der Grundschulneubau in Laas - dafür sind Gesamtausgaben von ca. 5,8 Mio. Euro vorgesehen -, nach Gewerken ausgeschrieben werden kann, ist laut dem Bürgermeister unwahrscheinlich. Sehr wohl aber werde dies beim anstehenden Umbau der alten Feuerwehrhalle als Ausweichquartier für die Zeit während des Schulneubaus der Fall sein. Die Umbauarbeiten werden voraussichtlich 850.000 Euro kosten. Als Ziele des Verbandes auf Landesebene für 2012 nannte der Bezirksobmann die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Handwerksbetrieben - beispielhaft vorgemacht werde dies von den Handwerkern in Schnals -, die Förderung des Exports, was allerdings nur begrenzt für einige Betriebe möglich sei, die Stärkung der unternehmerischen Kompetenz, die Entwicklung der Nahversorgung und Maßnahmen zur Imageförderung des Handwerks. Das Jahresmotto 2012 lautet: „Familienbetriebe denken in Generationen“. Erfreulich sei, dass im Handwerk seit dem Beginn 2008 der Krise bis jetzt kaum Arbeitsplätze verloren gegangen seien. Der LVH-Ortsgruppe Laas wurde be­scheinigt, sich stark für das Handwerk in der Gemeinde einzusetzen. Josef Moser freute sich, „dass bei uns noch sämtliche Gewerke vertreten sind, und zwar vom Erdbewegungsbetrieb bis hin zum Zimmerer.“ Der Gemeindereferent Ralf Muther informierte über geplante Maßnahmen bezüglich der Initiative „Lebendiger Ort“, über die Bau- und Energieberatung, die heuer fortgesetzt wird (jeden 4. Freitag im Monat im Rathaus) und über die Initiative „MarmorPlus“, die im Rahmen eines Interreg-Projekts zu beachtlichen Geldmitteln kommt. 2012 wird die Gemeindeverwaltung laut Muther einen Masterplan für die Breitband-Anbindung der Haushalte und Betriebe an das Glasfasernetz (die so genan­nte letzte Meile) erstellen lassen. Die Zahl der in der Gewerbezone Tschengls zugewiesenen Betriebe belaufe sich jetzt auf 8. Ein Fachreferat über die energetische Sanierung von Altbauten hielt Ingenieur Ruben Erlacher. Peter Spechtenhauser von der Landesberufsschule Schlanders stellte Kurs­blöcke vor, die am 3. und 4. Februar sowie am 10. und 11. Februar in Zusammenarbeit mit der LVH-Ortsgruppe Laas in der Fachschule für Steinbearbeitung stattfinden. Zu den Themen gehören Bauphysik, Haustechnik, Wohngifte, Ökologie, Denkmalschutz, Grundlagen der Altbausanierung und weitere mehr. Nähere Infos unter Tel. 0473 737905 (Landesberufsschule). Ganz nah am Kunden Buchstäblich mitten unter seinen Kunden auf dem Kirchplatz in Latsch repariert, revisioniert und verkauft Egon Vent als Ein-Mann-Unternehmer Fahr- und Motorräder. Als Kassier der Ortsgruppe Latsch im Landesverband der Handwerker (LVH) war er mit dem Kassabericht zur Vollversammlung beschäftigt, als „Der Vinschger“ ihn fragte, wie sich in seinem Umfeld die italienische Wirtschaftskrise auswirkt. Vent hielt sich allgemein: „Dass der Umsatz zurück geht, kann ich sagen. Aber ich mute mir nicht zu, genau die Gründe zu benennen. Ist es unser ‚Capo‘ in Rom oder ist es die immer heftigere Konkurrenz.“ Was sein Fachverband dagegen unternehme und ob er sich unterstützt fühle. Egon Vent hob nach Antwort suchend die Schultern und meinte: „Er bietet Kurse und Schulungen an, aber ich kann doch nicht die Bude zusperren, um einen Lehrgang zu besuchen und mich fortzubilden.“ Wir sind zuversichtlich Die Möbeltischlerei Fleischmann ist ein Familienbetrieb, in dem Kundenbetreuung, Verkauf, Planung, Buchhaltung und praktische Umsetzung in der Tischlerei von Familienmitgliedern abgedeckt werden. Senior­chef Luis Fleischmann meinte offen: „Wir können es auch nicht richtig erklären, aber wir arbeiten gut, die Auftragsbücher sind gut belegt. Ich vermute, dass dazu eher die Börsenkrise beigetragen hat. Wer etwas Geld hat, in der Bank kaum Zinsen bekommt und es auch nicht unter das Kopfkissen legen will, investiert in qualitätsvolle Einrichtung oder in eine neue Küche. Was noch alles kommt, wissen wir nicht, auch nicht, wie das mit den Sistri-Bestimmungen oder mit anderen Schnapsideen aus Rom weiter geht.“ Nachzutragen ist, dass die Möbeltischlerei Fleischmann auch Aufträge aus Österreich erhält und im oberitalienischen Raum aktiv ist. Regnet’s nicht, dann… ...tröpfelt es. Ernst Kuenrath von der Metzgerei Mair in Glurns gab sich philosophisch und sah derzeit keinen Grund, schwärzer zu sehen als sonst. Er und seine Familie haben sich ein kleines Fleischimperium aufgebaut mit mehreren Standbeinen, mit dem Angebot an Dienstleistungen im Bezirksschlachthof und der Metzgerei in der Handwerkerzone von Glurns. Von einer Wirtschaftsflaute habe er zu Weihnachten noch nichts gespürt: „Und jetzt sind wir im üblichen Jännerloch. Touristen sind keine da, aber Glurns ist kein schlechtes Pflaster. Die Gewinnspannen im Lebensmittelbereich sind nicht sonderlich hoch, aber dafür nicht so krisenanfällig“, erklärte Kuenrath. Vor der Liberalisierung haben Ernst und ­Margerita Kuenrath allerdings Angst. „Dann geht die Nahversorgung wirklich flöten“, gab sich Ernst besorgt. Wir sind in der Peripherie „Die Tendenz geht in Richtung Gebrauchtwagen, wobei eher wieder Benzinfahrzeuge und Fahrzeuge mit kleinerem Hubraum bevorzugt werden“, so Günther Platter, KZF-Mechaniker, Karosseriebauer und Tankstellenbetreiber in Prad. Schwierig sei momentan die Situation auf der Tankstelle. Durch die enorme Preissteigerung im Dezember 2011 und die dadurch entstandene Differenz zu den Treibstoffpreisen in Österreich würden verständlicherweise immer mehr über die Grenze fahren, sei es zum Einkaufen, als auch zum Tanken. „Es geht aber um ein weiteres, grundlegendes Problem“, zeigte sich Platter besorgt: „Lobenswerterweise hat die Landesregierung zwar die Preise an grenznahen Tankstellen reduziert, aber ob sich die Frequenz dadurch halten lässt, ist fraglich. Es kann geschehen, dass die Betreiber weitere Tankstellen in der Peripherie schließen.“ (s)
Josef Laner
Josef Laner

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