„Graun wollte uns nicht“
Die Frage der Anbindung Kaunertal-Langtaufers wurde am 15. Oktober 2011 wieder aufgeworfen: (von links) Alfred Plangger und Hans Folie (Schöneben), Heinz Huber (Tiroler Wirtschaftskammer), Leo Eller und Toni Zanini (Fraktion Langtaufers), Hans Rubatscher (im Hintergrund), Helmut Köllemann und Josef Thöni (Touristiker, Langtaufers), Eugen Larcher (Kaunertal) und endete am 10. Juli 2013.

Rückzug aus dem Vinschgauer Oberland

Publiziert in 41 / 2013 - Erschienen am 20. November 2013
Ohne verbindliche Zusagen der Gemeinde Graun hat sich der Innsbrucker Unternehmer Hans Rubatscher nach dem 10. Juli aus dem Projekt Großraumskigebiet Kaunertal-Maseben-Haideralm-Watles zurückgezogen. Innsbruck - Gerademal 4 Zentimeter dick war der Papierstapel in der Klarsichtfolie. Weitaus den größten Durchmesser unter den fein säuberlich gestapelten Papieren nahm eine geklammerte Broschüre mit dem Titel „Sanierung durch qualitative Aufwertung Haider-Alm - Maseben mittels Gletscheranbindung“ ein. Auf 16 Textseiten und mit drei Übersichtsplänen hatten sich die Haider AG St. Valentin, die Maseben KG Langtaufers und die Gletscherbahn Kaunertal-Pitztal ein Gesamtkonzept erstellen lassen mit Ist-Zustand, Möglichkeiten zur Sanierung der Haider Alm und Maseben mit Gletscheranbindung und dem „einmaligen Angebot der Investoren“. Als Hans Rubatscher die Broschüre auf den Tisch legte, war man schon mitten in der Materie. „Warum musste sich die Gemeinde Graun gerade bis zum 10. Juli entscheiden?“ Die Antwort des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers Hans Rubatscher war genau so einfach und bestimmt, wie die Aussagen seiner wenigen Briefe an den Grauner Bürgermeister Heinrich Noggler. „Wir mussten Planungstermine festlegen. Inzwischen sind schon Projekte bei den Behörden eingereicht worden.“ Rubatscher ersuchte um Diskretion, als er die Pläne der Pitztaler Gletscherbahnen GmbH offen legte. Immer auch Gefühle im Spiel „Bei jeder kaufmännischen Entscheidung spielen Emotionen eine Rolle“, meinte Rubatscher, „und als wir uns in der Gesellschaft zur Entscheidung durchrangen, nicht nur den Zusammenschluss Kaunertal-Langtaufers anzustreben, sondern auch der Haideralm unter die Arme zu greifen, waren auch bei mir Gefühle im Spiel. Das können Sie mir glauben.“ Hans Rubatscher schien zu bedauern, dass die erste Nord-Südtiroler Skiverbindung nicht zustande gekommen war. Nach wie vor sei er überzeugt, dass die Vorteile für den Oberen Vinschgau und vor allem für Langtaufers deutlich größer gewesen wären als für das Kaunertal. Dem der Vinschger interessierte die seltene Erscheinung eines Unternehmers, der sich nicht nur vom Profitdenken leiten lässt. Wer ist Hans Rubatscher, dessen Großvater als Vollwaise aus dem Gadertal ins Streudorf Oberperfuss bei Telfs kam? „Ein Bauernbub“, entgegnete Rubatscher knapp. „Aufgewachsen in Oberperfuss, im Heimatdorf des Tiroler Kartographen Peter Anich. Wirtschaftsstudium und als Student Lastwagenfahrer in der Frächterei des Vaters“, fasste er zusammen. Promoviert habe er mit einem Thema aus der Agrarpolitik. Mit 25 erste Erfahrungen im Sanieren eines maroden Skibetriebs in Oberperfuss, dazu Gründung einer Gesellschaft und Verhandlungen mit 130 Grundbesitzern. „Da ich keine besonderen Fähigkeiten hatte“, erzählte Rubatscher, „hab ich ein Praktikum beim Steuerberater angefangen. Durch viele Zufälle, meistens glückliche, konnte ich die Praxis übernehmen“, erzählte er. Man muss daran glauben „Als die Pitztaler konkursreif waren, haben sie mich gebeten zu helfen. 1983 hatte die Gemeinde St. Leonhard 100.000 Nächtigungen, heute hat sie 500.000.“ Es klang alles so einfach: im Jahr 2000 Einstieg und Sanierung des Gletscherskigebiets Kaunertal und des Familienskigebiets Fendels. 2002 Bau der Rathausgalerie mit Passagen, Hotels und Tiefgaragen in Innsbruck. Hans Rubatscher gehörte damit zu den Rettern der Innenstadt. „Wir haben uns oft über die Vorschläge sogenannter Fachleute hinweggesetzt“, erinnerte sich Rubatscher im Restaurant „Lichtblick“. Vielleicht ein Lichtblick für Langtaufers. „Ich war immer überzeugt und habe Tag und Nacht gearbeitet“, sinnierte er. „Vielleicht können Sie jetzt verstehen, dass mir die Verhinderungspolitik in Graun die Leidenschaft genommen hat. Wenn wir etwas schriftlich mitteilen, dann ist das mitgeteilt. Wir wissen, was wir tun und was wir können.“ „Hat die Musi in Graun nun ausgespielt?“ wollte der Vinschger wissen. „Eigentlich schon. Trotzdem interessiert mich Langtaufers nach wie vor.“ Rubatscher legte ein Schreiben vom 16. September auf den Tisch. Bürgermeister Heinrich Noggler möchte in Graun aufgrund der Studie „die Bereitschaft bezüglich Finanzierung abklären“. In seiner Antwort per eMail am 23. September bezeichnete Rubatscher die Studie „lediglich als Kostenaufstellung einzelner Investitionen“ und schrieb wörtlich: „Normalerweise muss ein Investor selbst wissen, welche Investitionen sinnvoll zu tätigen sind und in welcher Reihenfolge (...), da sich jedes Gebiet sukzessive entwickeln muss. Wir mussten jedenfalls den Eindruck gewinnen, dass die Gemeinde weitere skitechnische Erschließungen und Zusammenschlüsse von Skigebieten eher als nachteilig für bereits bestehende Gebiete empfindet.“ Kein rationalen Vorstellungen Zum Brief legte er die Kostenaufstellung der besagten Studie. Für Langtaufers waren sechs Maßnahmen vorgesehen - von Seilbahnbau bis Lawinenverbauung - und dafür Kosten von 26,82 Millionen Euro errechnet worden. Für die zwei Sesselbahnen, drei Pistenvarianten, eine Beschneiungsanlage und Lawinenabschüsse auf der Haideralm waren 7,54 Millionen Euro angeführt. „Hier wurden weder die eigenen Schneekanonen, noch die Bagger und auch nicht der billigere Strom, der schon auf Karlesjoch ist, berücksichtigt“, präzisierte Rubatscher. Ein nächster Einschreibebrief aus Graun mit dem Vorschlag eines Treffens in der Autobahnraststätte „Trofana Tyrol“ kam am 8. November in Innsbruck an. Diesmal stellte Bürgermeister Noggler eine Frist von zwei Wochen. Sollte keine Antwort kommen, „... so müssen wir leider davon ausgehen, dass das ursprünglich formulierte Angebot vom 12. Juni 2013 nicht mehr besteht.“ Rubatscher ließ am 11. November per eMail antworten: „Unser Angebot war bis 10. Juli befristet. Da diese Frist ergebnislos verstrichen ist, haben wir andere Projekte geplant (...) Uns ist bei den verschiedenen Gesprächen, die wir mit ihnen führen durften, vielmehr klar geworden, dass in der Gemeinde kein gültiges Tourismuskonzept besteht und es keine rationalen Vorstellungen über eine gedeihliche Zukunftsentwicklung der Region gibt.“ Rubatscher erklärte sich bereit, ab Mitte November in Innsbruck neue Vorschläge anzuhören. Günther Schöpf
Günther Schöpf
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