„Steiniges“ im Oberland
Von oben her sollen diese großen Felsen, welche die Zufahrt zum Tendreshof gefährden, abgebaut werden; die beschlagnahmte Abbaustelle befindet oberhalb dieser „Knottn“.

„Schwere Steine“ für den Abi und nicht nur

Publiziert in 23 / 2006 - Erschienen am 18. Oktober 2006
Reschen - Gehörig Staub aufgewirbelt hat im Oberland die Beschlagnahme einer illegalen, großen Stein-Abbau­stelle oberhalb der Zufahrt zum Tendreshof in Reschen. „Zugeschlagen“ haben die Carabinieri von Schlanders. Den „Floh“ ins Ohr gesetzt hatte den Ordnungshütern die Umweltschutzgruppe Vinschgau. „Wir haben es hier mit einem regelrechten, aber höchst illegalen Steinbruch zu tun. Das ist ein haarsträubendes Paradebeispiel dafür, dass in Südtirol trotz der Heerscharen von Forstbeamten und anderer Aufsichtsbehörden monatelang auf gröbste Art in der Umwelt herumgetrampelt werden darf,“ wettert der Vorsitzende der Umweltschutzgruppe, Peter Gasser aus Mals. „Es wurden große Mengen an Steinen abtransportiert und teilweise auch an Baufirmen verkauft,“ sagt Gasser. Die Abbruchstelle hat laut Carabinieri ein Ausmaß von über 200 mal 100 Meter. Die Firma Mair Josef & Co. KG, die die Arbeiten durchführt, wurde angezeigt. „Schwer“ auf dem Magen liegen die Steine auch dem Grauner Bürgermeister Albrecht Plangger (Abi). Nicht aber, „weil ich mir in der Sache etwas vorzuwerfen habe, sondern weil ich es versäumte, die Genehmigung rechtzeitig in schriftlicher Form zu erteilen,“ räumt Plangger ein. Nachgeholt hat er dies mit einem Schreiben vom 4. Oktober 2006 an die Fraktionsverwaltung Reschen und an die Firma Mair Josef. „Das ist kein Steinbruch im eigentlichen Sinn, sondern es handelt sich um Sofortmaßnahmen zur Steinschlagsicherung der Hofzufahrt Tendres“, sagt der Bürgermeister. Die Zufahrt verläuft durch stark steinschlaggefährdetes Gebiet. Die jährlichen Felssäuberungsarbeiten hätten sich als nicht zielführend erwiesen. Auch eine Sprengung der hervorstehenden Felsen sei in Erwägung gezogen worden. Von diesem Vorschlag sei man dann vor allem aus Kostengründen abgegangen. Im Zuge des Baus eines Forstweges habe sich die Möglichkeit ergeben, die Felsen von oben her abzubauen. Bei einem Ortsaugenschein am 2. Oktober 2006 sei festgestellt worden, dass der Abbau der gefährlichen Felsen von oben her machbar sei und eine definitive Lösung für die Hofzufahrt bringen würde. Der Hof Tendres ist derzeit nur über die so genannte Winterzufahrt erreichbar. „Die Bewohner aber wollen, dass die Verbindungsstraße zum Dorf erhalten bleibt,“ sagt Plangger. Angesichts der derzeitigen Rechtslage bei Straßenunfällen durch Steinschlag könne und wolle er als Bürgermeister die Verantwortung für eine Wiedereröffnung der Zufahrt nur dann übernehmen, wenn der betreffende Hang zur Gänze gesichert werden kann. Wie aus dem Schreiben vom 4. Oktober weiter hervorgeht, soll der Felsabbau von der Firma Mair im Dringlichkeitsweg durchgeführt werden. „Durch einen angemessenen Verkaufspreis der Felsen durch die Fraktionsverwaltung an die Fa. Firma Mair können auch die Kosten für die öffentliche Hand minimiert werden.“ Die Fraktionsverwaltung habe dafür zu sorgen, dass ein Großteil des Materials für den geplanten Lawinendamm in Reschen (Plätzen) bzw. das Radwegteilstück Giern-Piz zur Verfügung gestellt wird. „Sollte sich im Zuge der Abbauarbeiten für die Sicherung der Hofzufahrt die Sinnhaftigkeit einer weiteren Felsentnahme (als Steinbruch) ergeben, so sollte umgehend um die Genehmigung bei den zuständigen Landesämtern angesucht werden,“ schreibt Plangger abschließend. Mit dem Abbau des so genannten spitzigen Kofels könnte eventuell für Jahre der Bedarf an Zyklopensteinen der Gemeinde Graun gedeckt werden und viele „Steinganden“ im Wald könnten verschont bleiben bzw. die Zyklopensteine müssten nicht mehr wie bisher meist aus dem Martelltal angekarrt werden. Mit den ersten Vorbereitungsarbeiten hatte die Fa. Mair bereits im Dezember 2005 begonnen. Heuer im Frühjahr gingen die Arbeiten weiter. „Es lagen alle Genehmigungen und Gutachten seitens der Forstverwaltung und Fraktion vor, auch das Bergbauamt habe ich bereits im Dezember 2005 von den Felsarbeiten informiert,“ sagte Klaus Mair von der Fa. Mair dem „Vinschger“. Dass im Rathaus in Graun keine schriftliche Genehmigung erteilt wurde, habe er nicht gewusst. Ein Felsabbau von unten, also von der Zufahrt her, sei technisch gesehen unmöglich. Kein Verständnis bringt Klaus Mair für die Kritik der Umweltschützer auf: „Wenn die Arbeiten einmal beendet sind, sieht alles ganz anders aus als jetzt.“ Er verwehrt sich auch gegen den Vorwurf, die Steine in rauhen Mengen und zu hohen Preisen verkauft zu haben. Dass ein Teil der Steine nach Pfunds gekarrt wurde, bestätigt Klaus Mair: „Es handelte sich um rund 20 LKW-Fuhren. Alle Transporte sind mit Rechnungen belegt.“ Nach Pfunds kamen die Steine, weil die dortige Gemeinde nach dem Hochwasser im August 2005 dringend Steine für den Bau eines Rückhaltebeckens brauchte. „Der Pfundser Bürgermeister Gerhard Witting hat mich und den Fraktionsvorsteher Hubert Schöpf persönlich gebeten, die Steine zur Verfügung zu stellen,“ sagt Plangger. Es war Eile geboten: „Die Pfundser brauchten die Steine dringend. Die Gemeinde Pfunds war zwar dabei, einen eigenen Bruch zu eröffnen, musste dafür aber zunächst einen Erschließungsweg bauen.“ Der Bau des Rückhaltebeckens in Pfunds ist übrigens ein Hilfsprojekt des Landes Südtirol. „Und wir haben dem Verkauf der Steine im Sinne der guten Nachbarschaft zugestimmt,“ so Plangger weiter. Laut Klaus Mair seien ingesamt „nur“ mehrere 100 Kubikmeter Steine abtransportiert worden. Eine große Menge davon wurde für den Radwegbau verwendet. Auch für Projekte der Forstverwaltung waren bzw. sind Steine notwendig. Zwischen 7 und 8 LKW-Fuhren seien an eine Privatfirma verkauft worden. Der Wert einer LKW-Fuhre liegt laut Mair je nach Art der Steine zwischen 150 und 200 Euro. Klaus Mair ist überzeugt, dass die beschlagnahmte Baustelle wieder in kürzester Zeit freigestellt wird. Die Entscheidung obliegt der Staatsanwaltschaft bzw. dem Gericht.
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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