Skigebiete wohin?
Publiziert in 3 / 2017 - Erschienen am 1. Februar 2017
St. Valentin a.d.H. - Beim jüngsten Treffen des Wirtschaftsbeirates, zu dem die Raiffeisenkasse Ober-
vinschgau am 24. Jänner eingeladen hatte, standen gleich zwei aktuelle Themen im Mittelpunkt. Einmal das neue Gesetz „Raum und Landschaft“ und einmal das Leader-Programm 2014-2020. Vor vielen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Tourismus und anderen Bereichen stellte Landesrat Richard
Theiner im Kulturhaus in St. Valentin die Leitlinien des neuen Gesetzes „Raum und Landschaft“, an dem seit Herbst 2014 gearbeitet wird, vor. Raum und Landschaft seien zwei Seiten derselben Medaille. „Die Raumordnung ist auch als Instrument der Strukturpolitik zu sehen“, sagte Theiner. Wie das konkret zu verstehen ist, machte er am Beispiel der Skigebiete in den Gemeinden Graun und Mals fest. Ausgehend davon, dass es spe-
ziell in den Gemeinden Graun und Mals der Tourismus sei, auf den es als Wirtschaftsmotor zu setzen gelte, „müssen auch die Voraus-
setzungen für attraktive Skigebiete geschaffen werden.“
Kaum Alternativen zum Tourismus
Die zentrale Frage sei: „Wovon werden die Leute in Zukunft leben?“ Die einzige wirkliche Alternative sieht Theiner im Tourismus. „Wir haben zwar Grünlandwirtschaft und auch Handwerksbetriebe, aber es wird vor allem der Tourismus sein, mit dem der zum Teil bereits stattfindenden Abwanderung ein Riegel vorgeschoben werden kann“, sagte Theiner in einem Nachgespräch dem der Vinschger. Bei der Versammlung in St. Valentin erinnerte er an den Beschluss der Landesregierung, die im Dezember 2016 die Machbarkeitsstudie für einen Zusammenschluss der Skigebiete Haider Alm und Schöneben mit der Bedingung genehmigt hat, dass die Skigesellschaften Haider AG und Schöneben AG fusionieren. Nicht errichtet werden darf die Aufstiegsanlage Panorama mit entsprechender Piste im Skigebiet Schöneben. „Außerdem wurde festgelegt, dass für einen Zeitraum von 5 Jahren keine weiteren Verbindungsprojekte vorgelegt werden dürfen.“
Lediglich ein skitechnischer Zusammenschluss mit Nauders sei davon ausgenommen.
Für Zusammenschluss mit Nauders
Theiner gab sich voll überzeugt, dass eine Verbindung mit Nauders viele Vorteile für alle bringen würde. „Zusammenschlüsse von Skigebieten werden immer interessanter. Je kleiner die Skigebiete sind, umso schwieriger gestalten sich die Zusammenschlüsse. Das ist leider so“, sagte Theiner. In der Verbindung von Schöneben und der Haider Alm sieht er eine große Chance, die Attraktivität der gesamten Skiregion zu steigern. In diesem Sinn sei der Zusammenschluss, den alle Verantwortlichen zügig und ernsthaft vorantreiben sollten, ebenfalls als strukturpolitische Maßnahme zu werten. Wie der Grauner Bürgermeister Heinrich Noggler dem der Vinschger bestätigte, seien die Vorarbeiten und Gespräche für die Bildung einer einzigen und neuen Gesellschaft voll im Gang.
Warten auf Schätzbericht
Man warte derzeit auf den Schätzbericht der Anlagen in den zwei Gebieten, auf die Bewertung der Aktien und die Abklärung
aller weiteren notwendigen Schritte. Parallel dazu laufen Gespräche darüber, den Trassenverlauf der Liftverbindung von St. Valentin ins Skigebiet Schöneben so festzulegen, dass möglichst wenige Lawinenverbauungsmaßnahmen notwendig sind. „Insgesamt ge-
sehen sind wir mit dem Bestreben, die zwei Skigebiete zu verbinden, auf einem guten Weg“, so
Noggler. Laut dem Gemeindereferenten Franz Prieth wird auch an einem neuen Statut gearbeitet. Zudem werde das Verbindungs-Projekt überarbeitet, um alle Vorlagen, wie sie der Umweltbeirat 2010 und 2016 in seinen Gutachten festgelegt hat, berücksichtigen zu können. „Wir möchten eine möglichst
attraktive Verbindungsbahn bauen“, so Prieth. Sobald alle Vorarbeiten geleistet sind und das Fusionspakt geschnürt ist, wird dieses Paket den Vollversammlungen beider Gesellschaften zur Genehmigung vorgelegt. Erst im Anschluss daran wird die operative Umsetzung beginnen. Bürgermeister Noggler hofft auch darauf, dass das Skigebiet
Nauders Teil der „Skiarena Vinschgau“ wird. Noggler: „Die Auflösung des Kartenverbundes hat leider dazu geführt, dass wir dies- und jenseits der Grenze zum Teil vergraulte Gäste haben.“ Tatsache ist, dass erste Gespräche über einen Beitritt von Nauders bereits stattgefunden haben. „Fest steht, dass Nauders Interesse hat, der Skiarena beizutreten und dass die Türen bei der Skiarena offen sind“, bestätigte ein Insider unserer Zeitung. In der „Skiarena Vinschgau“ sind alle 5 Vinschger Skigebiete zusammengeschlossen: Schöneben, Haider Alm, Watles, Sulden und Trafoi. Dass gegebenenfalls ein neuer Vertrag mit Nauders auszuhandeln ist, liegt auf der Hand. Auch ein skitechnischer Zusammenschluss mit Nauders werde dies- und jenseits der Grenze gewünscht.
Was tut sich am Watles?
Dass das Skigebiet Watles für die Gemeinde Mals volkswirtschaftlich gesehen enorm wichtig ist, steht laut Theiner außer Zweifel. Dieses Skigebiet könne zum Beispiel nicht mit dem vor einiger Zeit geschlossenen Kleinskigebiet auf der Tarscher Alm in Latsch verglichen werden: „In der Gemeinde Latsch haben wir nicht nur die Obstwirtschaft, sondern noch weitere starke Wirtschaftsstandbeine.“ Es liege nun an der Gemeinde Mals, nach Möglichkeit zu suchen bzw. Perspektiven auszuloten. Er erinnerte allerdings daran, „dass das Zerzertal von der Gemeinde als Schutzzone ausgewiesen wurde.“ Insofern sei eine skitechnische Verbindung mit der Haider Alm zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich. „Die Gemeine Mals soll selbst sagen, was sie möchte“, präzisierte Theiner dem der Vinschger gegenüber. Das, was die derzeitige Watles-Führung seit einigen Jahren geleistet hat und weiterhin leiste, sei beachtenswert. Er erinnerte an die Großveranstaltungen im Winter sowie auch an die Angebote im Sommer.
„Watles darf nicht
außen vor bleiben“
Der Gemeindereferent Joachim Theiner freut sich, dass Landesrat Theiner ausdrücklich die Bedeutung des Skigebietes Watles hervorgehoben hat. „Dass der Watles nicht außen vor bleiben darf, dürfte somit klar sein,“ so Joachim Theiner. Was das Zerzertal betrifft, „so ist dieses zur Zeit zwar geschützt, aber das heißt nicht, dass das auch in Zukunft so sein muss.“ Der Schutz sei mit einem Beschluss des Gemeinderates festgelegt worden, „sodass es möglich sein müsste, den Schutz auch wieder mit einem Ratsbeschluss aufzuheben. Natürlich nur, wenn man das im Gemeinderat auch will“, so der Gemeinde-
referent. Wie berichtet, hatte der Gemeinderat bereits im Dezember beschlossen, den gemeinde-
eigene Aktienanteil im Ausmaß von 89,2% an der „Touristik & Freizeit AG“ (Skigebiet Watles und Nordisches Skizentrum Schlinig) abzutreten. Notwendig geworden war dieser Schritt aufgrund eines Staatsgesetzes, wonach öffentliche Körperschaften verpflichtet sind, Anteile an defizitären Gesell-
schaften abzustoßen. Die Gesamtschulden der „Touristik & Freizeit AG“ dürften sich auf ca. 3 Millionen Euro belaufen. Für den Ankauf der gemeindeeigenen Anteile haben sich bereits mehrere Interessenten gemeldet. Laut Joachim Theiner bemühe sich die Gemeindeverwaltung, die Abtretung des Anteils innerhalb März über die Bühne zu bringen und Hand in Hand damit auch die Weichen für die künftige Führung zu stellen. Zum Thema Verbindung Langtaufers-Kaunertal kündigte Landesrat Theiner an, dass das Vorhaben demnächst vom Umweltbeirat begutachtet wird.
Leitprinzipien des neuen Gesetzes
Das neue Gesetz „Raum und Landschaft“ berührt nicht nur Skigebiete, sondern noch viele weitere Bereiche, etwa das Wirtschaften im ländlichen Raum. Als sehr wichtiges Leitprinzip nannte Richard Theiner jenes, „wonach landwirtschaft-
liches Grün der Landwirtschaft vorbehalten bleibt, und zwar ohne jegliche Ausnahme.“ Bestimmte Entwicklungsmöglichkeiten für Gastbetriebe werde es weiterhin geben. Auch in diesem Punkt gelte es, mit dem neuen Gesetz Strukturpolitik zu machen: „Schenna kann zum Beispiel nicht mit Langtaufers verglichen werden“, so Theiner. Es dürfe nicht vergessen werden, dass 2016 für den Tourismus ein absolutes Ausnahmejahr war: „Es wird sicher nicht immer so gut weitergehen.“ Die Nächtigungszahlen in den Gemeinden Graun und Mäls hätten zwar stark zugenommen, doch die Bettenentwicklung sei relativ konstant geblieben. In Zukunft werde es grundsätzlich so sein, dass die Gemeinden im Bereich Raumordnung viel mehr Kompetenzen haben werden, zugleich aber auch mehr Verantwortung.
Theiner glaubt nicht, dass es zu Miss-
bräuchen seitens der Gemeinden kommen wird, wie dies manche befürchten. Mit dem neuen Gesetz sollen viele bestehende Gesetzeslücken geschlossen, Spekulationsmöglichkeiten unterbunden und vor allem auch Klarheit und Rechtsicherheit gewährleistet werden. Nicht Lobbys sollen sich durchsetzen, sondern das Gemeinwohl. Auch der Dialog mit den Bürgern wird laut Theiner großgeschrieben, ein umsichtiger Umgang mit Grund und Boden, ein neues Verständnis von Landschaftsschutz und das Mitplanen der Mobilität. Das neue Gesetz soll einer modernen Sicht von Landschaftsschutz gerecht werden. In diesem Sinn gehe es darum, auch Alltagslandschaften aufzuwerten, „also Landschaften, wo wir arbeiten und leben.“ Das neue Gesetz soll noch vor dem Sommer 2017 zur Behandlung in den Landtag kommen.

Josef Laner