„Spazio“ für Vater und Sohn
Die ersten Schüler von Siegfried Rizzi: von links Vincenzo Di Spazio (Bozen) mit Walter Rizzi und Daniele Lorito (Mestre).

„Spazio“ für Vater und Sohn

Publiziert in 23 / 2005 - Erschienen am 30. November 2005
Die Welt ist vor allem rund und auch die längsten Umwege führen irgendwann an den Ausgangspunkt zurück. Die kleine Welt der Familie Rizzi hat irgendwo zwischen den Schluchten des Oberen Nonstal begonnen und sich in Latsch im Vinschgau Raum gesucht und gefunden. von Günther Schöpf Es ist der Toleranz und dem friedlichen Zusammenleben der Kulturen in der Habsburgermonarchie zu verdanken, dass tüchtige Zuwanderer überall im Reich Räume erobern konnten. Vor Generationen hätte dies in der Muttersprache der Rizzi’s tatsächlich „Spazio Rizzi“ geheißen. Nicht diese Überlegungen lagen dem Unterfangen des Walter Rizzi zu Grunde, auf seine Art einen „Spazio Rizzi“ in Latsch zu schaffen, wahrscheinlich auch nicht der Gedanke an eine Begegnungsstätte zwischen Nord und Süd, sondern wohl eher das Spiel mit dem Namen des ersten und erfolgreichsten Schülers seines Vaters, Vincenzo Di Spazio, und natürlich das eigene Ego, die Freude, etwas Besonderes zu schaffen. Aber das ist fast schon der rote Faden, der Vater Siegfried und Sohn Walter verbindet. Der verhinderte Student, der Bauer aus Notwendigkeit, der aufmerksame Beobachter Siegfried Rizzi, Jahrgang 1915, der unerwartet am 27. November 1987 auf Gran Canaria gestorben ist, hatte in erster Linie im Sinn, den Menschen zu helfen, ihnen Freude zu bereiten. Seinem ältesten Sohn Walter, Jahrgang 1944, scheint diese Neigung ebenfalls angeboren zu sein, allerdings - über dem Umweg der künstlerischen Ader seiner Mutter Josefine Tartarotti - im Geiste des Kunstkenners und Kunstförderers. Die zweite Verbindung zwischen Siegfried und Walter Rizzi liegt in ihren Neigungen und Visionen. Der unermüdliche Forscher, Naturbeobachter und Naturheilkundler, der Vordenker der holistischen Medizin, der Iridologe, der Kenner ayurvedischer Heilkunst, der Akupunktur und des Pendelwesens Siegfried Rizzi passte als „studierter Bauer“ nicht in das Schema des erfolgreichen Landwirtes oder Obstbauern und wurde belächelt. Seinem Sohn Walter - pragmatisch und erfolgreich als Unternehmer – geschah Ähnliches, als er sich dem Bio-Obstbau zuwandte und als Mäzen und Auftraggeber unübersehbare, architektonische Zeichen setzen ließ. Siegfried Rizzi: Wissenschaftler und Philanthrop Dem Wissenschaftler und Philanthrop Siegfried Rizzi hat sein kunstbegeisterter Sohn Walter Rizzi zum 90. Geburtstag ein Denkmal gesetzt. In seinem „ Bürowürfel“ aus Stahl und Glas hat der Sohn dem Vater das Modell eines „Ambulatoriums für das 3. Jahrtausend“ gewidmet und es den Strömungen und Therapie-Ansätzen der Moderne geöffnet. Kunst sollte als Therapie wirken können, Wissenschaft und Design sollten Lebensqualität erhöhen. „Art Therapy“ und „Life Science Design“ nennen sich die Ansätze, die durchaus im ganzheitlichen Heilkunst-Verständnis des Siegfried Rizzi stehen. Die Eröffnung des „Gesamtkunstwerkes“ im Bürohaus von Latsch wurde zum gesellschaftlichen Ereignis. Zwischen 150 und 200 Gäste drängten sich in den hufeisenförmigen Raum, den Walter Rizzi in spritzigem Wortspiel „Spazio Rizzi“ genannt hat. Als weiteres Zusammenspiel im Bild der kulturellen Begegnungen ist die Tatsache zu bewerten, dass es Robert Scherer vorbehalten war, als erster Künstler im „Spazio Rizzi“ auszustellen (siehe auch S. 7). Als gebürtiger Vinschger ist er dabei, im trientnerischen Städtchen Ala neuen Lebensraum, neuen „Spazio“, einzurichten. Der Nord-Süd Begegnungen nicht genug, Rober Scherer ist mit seinen Glasskulpturen im „Spazio Rizzi“ präsent, Skulpturen, die im benachbarten Veneto entstanden sind. Walter Rizzi: Unternehmer und Mäzen Unter den Persönlichkeiten aus Politik, Kunst, Wirtschaft und Medizin befanden sich viele ehemalige Patienten, die Geburtsort und Wirkungsstätte ihres einstigen Wohltäters Siegfried Rizzi kennen lernen wollten. Nach dem Abebben des größten Eröffnungsrummels waren sie es, die versunken die biographischen und wissenschaftlichen Texte an den Wänden lasen, die sich über das selbst gebastelte Foto-Mikroskop des Forschers, Tüftlers und Praktikers Siegfried Rizzi beugten, die übervollen Karteikarten studierten und in ehrfürchtiger Erinnerung das übergroße Portrait betrachteten. Sie, aber auch so mancher Latscher Bürger, haben versucht nachzudenken, wie Siegfried Rizzi sich wohl im „Spazio Rizzi“ gefühlt und gegeben hätte. Wahrscheinlich wäre er bescheiden und tapfer lächelnd neben seinem kommunikationsfreudigen Sohn Walter gestanden. Mit Sicherheit hätte er mit dem Künstler Robert Scherer intensive Gespräche geführt über chemische und physikalische Merkmale des Glases. Vielleicht wäre es seinem Sohn auch in den Sinn gekommen, den Festgästen mitzuteilen, dass ihm (dem Sohn) zwar durch mütterliche Gene die Offenheit, die Liebe zu Kunst und Musik in die Wiege gelegt worden seien, dass ihn aber der Glaube in die Homöopathie, die Einstellung als überzeugter Biobauer, seine Vorliebe für Ayurveda, für Meditation und fernöstliche Lebensweisheiten eindeutig als Sohn des Siegfried Rizzi ausweisen.
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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