Stille, aber sehr wertvolle Hilfe aus dem Vinschgau
Publiziert in 32 / 2008 - Erschienen am 17. September 2008
Schlanders - Es sind meistens schlechte Nachrichten, mit denen uns die Medien Tag für Tag „überfallen”. Aber es gibt auch viele gute Taten. Solche bleiben der breiten Öffentlichkeit allerdings oft verborgen. Unauffällig und ohne großes Aufsehen verließ zum Beispiel am 22. Juli 2008 ein mit Hilfsgütern voll bepackter Lastkraftwagen die Gemeinde Schlanders mit Zielort Ukraine. Es war dies der 150. und vorerst letzte Hilfstransport aus Südtirol für notleidende Menschen in der Ukraine.
Bereits 1990 hatte Pfarrer Franz Kargruber in Terenten im Pustertal mit Hilfsaktionen zu Gunsten der Bevölkerung in Ostländern begonnen. Bis zu seinem Tod am 04. 07. 1996 hatte er nicht weniger als 36 Eisenbahnwaggons mit den verschiedensten Hilfsgütern verschickt. Zielorte waren Jasi in Rumänien, Ushorod in der Ukraine, Lemberg in der Ukraine sowie auch Städte und Dörfer in Jugoslawien, Albanien und Russland.
Aus dem Nachlass von Pfarrer Franz Kargruber ging außerdem hervor, dass er an die 130.000 Dollar aus Eigenmitteln für die verschiedensten Anliegen der Ostkirche ausgegeben hatte.
Ab 1996 führte Manfred Schmid, damals Pfarrratspräsident, die Hilfsaktionen mit der Unterstützung vieler selbstloser Helferinnen und Helfer aus ganz Südtirol weiter. Zusammen mit den Transporten, die noch Franz Kargruber organisiert hatte, und jenen, die von 1996 bis jetzt unter der Koordination von Manfred Schmid zustande kamen, ergibt sich die schöne Summe von 150 Hilfstransporten.
Nicht wenige davon sind ab dem Ende der 90er Jahre von Schlanders aus abgefahren. Herz und Seele für das Zustandekommen der Hilfstransporte aus dem Westen Südtirols, genauer gesagt vom Reschen bis hinunter nach Meran, war Gertrud Meister. „Es war Rosmarie Pinggera, die Frau des ehemaligen Senators Armin Pinggera, die mir von den Hilfsaktionen erzählte“, erinnert sich Gertrud Meister. Um ihr und indirekt allen zu danken, die über Jahre Sachspenden abgegeben oder freiwillig mitgeholfen haben, wie etwa beim Verpacken der Pakete oder beim Beladen der Lastkraftwagen, ist Manfred Schmid kürzlich nach Schlanders gekommen. „Im Vinschgau war die Organisation der Hilfstransporte am unproblematischsten“, sagte Manfred Schmid, der übrigens Präsident der Bezirksgemeinschaft Pustertal ist.
An die genaue Zahl der Transporte aus dem Vinschgau erinnert sich Gertrud Meister nicht mehr. Fest steht, dass vor und in ihrem Geschäft in Schlanders über Jahre hinweg fast täglich gearbeitet wurde. Die gespendeten Kleider, Geräte, Möbel und Wertgegenstände mussten ordentlich verpackt und für den Transport vorbereitet werden. Beim Großteil der Hilfsgüter handelte es sich um Bekleidungsstücke. Ab und zu, etwa zu Weihnachten, wurden auch Pakete mit Lebensmitteln verschickt. Die Spendierfreudigkeit der Vinschger war laut Gertrud Meister sehr groß. Auch bei der Arbeit, die bei jedem einzelnen Transport anfiel, waren stets viele Frauen und Männer freiwillig zur Stelle. „Es genügte ein Anruf beim Schwebele Paul, und schon war er mit 20 Helfern da“, so Gertrud Meister. Dank zollt sie auch der Gemeindeverwaltung, ganz besonders der Vizebürgermeisterin Monika Holzner Wunderer und allen, die sie dabei unterstützt haben. Die Gemeinde hat stets dafür gesorgt, dass ein Platz zum Zwischenlagern und Beladen der Lkw’s zur Verfügung stand.
Der 150. Lastkraftwagen wurde am 21. Juli auf dem so genannten Kind-Areal beladen. Auch hierbei gingen viele Freiwillige zu Werk. Es gab viel zu tun, denn neben zahlreichen Paketen mit Kleidern und über 30 Fahrrädern galt es, im 120 Kubikmeter fassenden Verladeraum das gesamte Mobiliar der alten Schlanderser Grundschule „reisefertig“ zu machen. Über die Schulbänke, Stühle und Tische, an denen einst Grundschüler aus Schlanders „schwitzten“, freuen sich jetzt Kinder in der Ukraine. Der 150. Transport war für den Verein kinderreicher armer Familien „Maiglöckchen“ bestimmt (Gebiet Kiew).
Zumal Manfred Schmid die Organisationen und Verantwortlichen in den Zielorten persönlich kennt und schon mehrfach selbst in die Ukraine gereist ist, weiß er, dass die Sachspenden stets an der richtigen Stelle angekommen sind. Nicht nur er, sondern auch Gertrud Meister hat schon öfters Dankesschreiben aus der Ukraine bekommen. Frau Meister gibt den Dank in ihrer Bescheidenheit all jenen weiter, die gespendet oder mitgeholfen haben. Noch gut in Erinnerung sind ihr zum Beispiel Hilfspakete, die im Jahr 2000 verschickt wurden. Diese Pakete waren für die Familien jener Männer bestimmt, die am 12. August 2000 beim Untergang des russischen Atom-U-Bootes Kursks das Leben verloren haben. Anlässlich des 150. Hilfstransportes hat Manfred Schmid im Namen des Ausschusses „Caritas - Dritte Welt - Ostkirche der Parrei zum Heiligen Georg Terenten” die bisherigen Hilfstransporte und die damit verbundenen Transportkosten genau aufgelistet (siehe Tabelle). Finanziell unterstützt wurden die Transporte von der Region Trentino-Südtirol. Zusätzlich zu den Hilfstransporten wurde in Perecìn ein Waisenhaus für obdachlose Kinder gebaut, in Mogilka im Dorf Iwaniwtsi entsteht ein Sozialzentrum. Beide Initiativen werden mit Hilfe von Spenden aus Südtirol unterstützt.
Josef Laner