Turm aus „Winterschlaf“ holen
Das Tourismuskonzept der Gemeinde Graun soll nicht in der Schublade landen; im Bild das Oberland aus der Vogelperspektive (August 2012); Foto: sepp

Tourismuskonzept zeigt Chancen und Risiken auf

Publiziert in 9 / 2013 - Erschienen am 13. März 2013
Der Tourismus ist der Motor der Wirtschaft. Das gilt in besonderem Maß für die Gemeinde Graun. Nun liegt ein Konzept für die ­Tourismusentwicklung vor. Graun - Die Erstellung eines Gesamtkonzeptes für die Tourismusentwicklung in der Ferienregion Reschenpass gehörte für BM Heinrich Noggler seit seinem Amtsantritt zu einem besonderen Anliegen. Über ein Jahr lang hat eine eigene Arbeitsgruppe, bestehend aus 22 Personen aus der ganzen Gemeinde, bei 10 Treffen in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen „Kohl & Partner“ die Stärken und Schwächen von Graun, Reschen, St. Valentin und Langtaufers analysiert, Chancen und Risiken ausgelotet sowie Ziele und mögliche Maßnahmen formuliert. Gemeindeverwalter und Gemeinderäte arbeiteten ebenso mit wie Vertreter aller drei Skigebiete, des HGV, des Tourismusvereins, des Handels, des Handwerks, der Landwirtschaft, der Privatzimmervermieter, der Betriebe mit Urlaub auf dem Bauernhof, der Erlebnisschule sowie auch Freiberufler. „Wir haben jetzt ein Konzept, das als Diskussionsgrundlage dienen soll,“ sagte Heinrich Noggler bei der Gemeinderatssitzung am 4. März. Alois Kronbichler, der Geschäftsführer von „Kohl & Partner“, stellte das Konzept vor. Es wird in Kürze bei einer Bürgerversammlung öffentlich vorgestellt und soll im Anschluss daran vom Gemeinderat genehmigt werden. Stärken und Schwächen Zu den Stärken gehören die Natur mit der Bergwelt und interessante Sport- und Freizeiteinrichtungen, etwa die Skigebiete und die zwei Seen. Mehrere Strukturen sind allerdings veraltet, wie etwa das Hallen- und Freibad, und andere weisen einen hohen „Investitionsstau“ auf, etwa die Skigebiete Haider Alm und Maseben. Die Entwicklung der Betriebe und Gästebetten ist seit 10 Jahren in etwa konstant. 2001 gab es 2.605 Betten in 137 Betrieben, 2011 waren es 2.672 in ebenfalls 137 Betrieben. „Zusätzliche 700 bis 800 Betten wären willkommen,“ so Kronbichler. Zu steigern gelte es auch die Zahl der Auslastungstage. Mit 118 liege sie deutlich unter dem Landesdurchschnitt (138). Die Zahl der Nächtigungen lag 2001 bei 250.125 und 2011 bei 315.343. Als Schwachpunkte im Bereich Beherbergung/Gastronomie nannte Kronbichler das Fehlen von Leitbetrieben, die geringe Zahl von Betrieben im 4-Sterne-Segment, Einzelkämpfertum und fallweise auch Preisdumping. Die Professionalität sei teils mangelhaft, das Bewusststein für Qualität bisweilen gering. Privatinitiativen sind gefragt Grundsätzlich hielt Kronbichler fest, dass Gemeinden in der Regel nicht mehr tun können als günstige Rahmenbedingungen schaffen, „denn die Umsetzung von Ideen hängt am Ende immer von den Privaten ab.“ Ein positives Beispiel habe der Segelverein Reschensee gesetzt. Ganz allgemein gelte, klare Prioritäten festzulegen, eine Maßnahme nach der anderen zu setzen und zu akzeptieren, wenn etwas nicht umsetzbar oder finanzierbar ist. Nicht Jammern und Kritisieren sei die Devise, „sondern Tun und dabei bei sich selber anfangen.“ Potentiale und Chancen für eine Profilierung der Ferienregion als „Das Dreiländereck mit dem Turm im See“ seien gegeben: stärkere Nutzung der Seen im Sommer und Winter, bessere Zusammenarbeit zwischen den Dörfern, Stärkung des Akitvurlaubs und des Authentischen, mehr Stellenwert für die Produkte der örtlichen Landwirtschaft, Verschönerung der Dorfkerne, Nutzung alter Bausubstanz, Aufwertung des Grenzareals und weitere Chancen mehr. Drei Kernpunkte Als besonders wichtig wird die Gestaltung des Areals beim Kirchturm von Alt-Graun erachtet. Als Herzstück wird ein innovatives, attraktives und zentrales Gebäude mit einem Gastronomie- und Geschäftsbereich angeregt. Die Idee, ein Ansuchen zu stellen, um den Turm als Weltkulturerbe anerkennen zu lassen, nehme man laut Heinrich Noggler durchaus ernst. Als weitere Kernkompetenzen werden das Wintererlebnis angeführt sowie Natur- und Kultur-Erlebnisse im Oberland. Sikgebiete wohin? Dass ein skitechnischer Zusammenschluss der Skigebiete Schöneben und Haider Alm aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, hatte bereits eine eigenen Arbeitsgruppe feststellen müssen. Nun werde laut dem Bürgermeister ausgelotet, ob es möglich ist, dass die Schöneben AG die Führung der Haider Alm übernimmt. Damit könnten Synergien und Einsparungen erzielt werden. Auch über Möglichkeiten eines finanziellen Anreizes seitens des Gemeinde werde nachgedacht. Bezüglich Maseben hat sich die Arbeitsgruppe laut Kronbichler im November 2011 darauf verständigt, dass das Thema „Zusammenschluss mit dem Kaunertal“ für 8 bis 10 Jahre ruhen sollte. Neben ökologischen und wirtschaftlichen Bedenken sei das Vorhaben auch nicht mehrheitsfähig, weder in Langtaufers, noch im Gemeinderat. In Langtaufers, wo es mit dem Zusammenhalt grundsätzlich hapert, sollte der Langlaufsport gefördert werden. Eine rasche Entscheidung sei bezüglich Hallen- und Freibad zu fällen, das jährlich ein Defizit von über 100.000 Euro „produziert“. Die aufgezeigten Szenarien reichen von einer Schließung bis hin zu einem Neubau an einem anderen Standort. „Wir brauchen mehr Auslastungstage“ Bei der Diskussion meinte Heinrich Thöni, dass das Konzept kaum Maßnahmen zu einer Steigerung der Auslastungstage beinhalte, sprich zur Belebnung der „toten“ Zeiten. Der Referent Peter Eller fragte: „Was geschieht, wenn Maseben schließt?“. ­Heinrich Noggler, seine Stellvertreterin Karoline Gasser Waldner, die Referenten Franz Prieth und Thomas Santer sowie weitere Räte stimmten darin überein, das das Konzept gute Ansätze und Perspektiven aufzeige, die es Schritt für Schritt umzusetzen gelte. „Was bei uns besonders fehlt, sind qualitativ hochwertige Betriebe,“ so ­Gasser Waldner. „Wenn die Privaten nicht selbst aktiv werden, wird die Gemeinde auch nichts tun können,“ sagte auch Kronbichler. Unternehmer, die nicht wirklich Unternehmer sind und die nicht laufend erneuern und investieren, „werden morgen nicht mehr existieren.“ Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner

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