Vinschgau: Bürgermeister - Landespolitiker
Grabesstimmung: v.l. Richard Theiner (Vizepräsident der Regionalregierung), Karl Zeller (Parlamentarier), Albrecht Plangger (BM Graun), Sepp Noggler (BM Mals - Bezirkspräsident), Erich Wallnöfer (BM Glurns), Hermann Fliri (BM Taufers), Herbert Gapp (BM Prad)

Verstimmung mit Folgen

Publiziert in 6 / 2002 - Erschienen am 28. März 2002
[F] Die Kluft zwischen den Vinschger SVP-Politikern und den Bürgermeistern im Tal wird immer größer. Während der Landtagsabgeordnete Richard Theiner in Trient mit Posten und Ämtern versorgt wird, watscht Energielandesrat Michl Laimer die Vinschger Bürgermeister in der Stromfrage zum x-ten Mal. Profitieren Pustertaler, Eisacktaler, Unterlandler usw. direkt vom Strom aus dem Reschensee, gehen die Vinschger dagegen leer aus. von Hansjörg Telfser [/F] Die Laimersche Watschen kam zwar nicht unerwartet, aber doch heftig für die Vinschger Bürgermeister. Trotzdem hat der Grauner Bürgermeister Albrecht Plangger, der eine Art „Außenminister“ der Bezirksgemeinschaft ist, seinen Galgenhumor noch nicht verloren: „Ich kann nur darüber lachen. Zumindest profitiert jemand vom Reschner See. Mich freuts für Kaltern und Ulten.“ Am vorvergangenen Montag beschloss die Landesregierung nämlich auf Antrag von Laimer, dass alle SEL-Gemeinden direkt an den Stromprofiten aus der Reschenseekonzession beteiligt werden, sozusagen als Kompensation für das - wie es scheint - entgangenene Geschäft mit dem ENEL. Nichts gibts für die Vinschger. Und wie der aus Riffian - mit Ultner Wurzeln - stammende Landesrat via Presse wissen ließ, seien die Bürgermeister im Tale selber schuld. Nicht ohne Hähme diktierte er in den Notizblock der Athesia-Journalisten, dass die Vinschger Bürgermeister das Geld gescheiter ausgeben sollen als für Prozesse in Anspielung an den Rekurs gegen die Konzessionsvergabe am Reschensee durch das Land an die Edison. Dass sich bei dem, was in den letzten Monaten in Sachen Strom alles passiert ist, und bei einer solch giftigen offiziellen Sprachdiktion das Verhältnis zwischen Bozen und dem Vinschgau in einer Schieflage befindet, überrascht keinen mehr. In dieser schwierigen Situation sollte die Position des Vinschger Landtagsabgeordneten und SVP-Bezirksobmannes Richard Theiner wieder die nötige Stabilität bringen. Aber dem scheint nicht so zu sein. Zwar hat die Partei dem Latscher zu einem Superassessorat und dem Vizechef in der Region verholfen, im Tal aber ist das Verhältnis zu den Bürgermeistern mehr als distanziert und kühl anzusehen. Spätestens seit der Stromgeschichte fährt man im Vinschgau zweigleisig. Wie es Bezirkspräsident Sepp Noggler noch „nobel“ ausdrückt: „Man würde lügen, wenn man sagt, es passt alles. Es ist für die Parteiarbeit einfach kein Interesse vorhanden.“ Wird in der Bürgermeister-Runde das Problem aufgeworfen, heißt es nur, es gibt Wichtigeres zu tun. Dieses Desinteresse von seiten der Bürgermeister schlägt sich natürlich auch auf die Strukturen der Partei nieder. Über zwanzig SVP-Ortsgruppen wären im Vinschgau neu zu bestellen - im Gemeindegebiet Mals allein deren fünf. Die einen sind im Zuge der letzten Senatswahlen zurückgetreten, andere sind einfach verfallen. Mit der Klausurtagung der Bezirks-SVP vor einigen Wochen sollte ein neuer Ruck durch die Reihen gehen. Doch so einen richtigen Motivationsschub scheinen auch die gesegneten Räume von Kloster Marienberg nicht gebracht zu haben. Vielmehr dürfte jetzt eines klar sein, um ein Landtagsmandat wird sich wohl keiner der 13 Vinschger Bürgermeister bemühen. Damit ist der Weg frei für die zweite Garnitur. In erster Linie heißt dies, dass die Position von Richard Theiner innerhalb der desolaten Vinschger SVP gestärkt wurde. Womit er für sein Abschneiden und das des zweiten Vinschger Kandidaten oder der zweiten Kandidatin die Verantwortung tragen muss. Wer mit Theiner im Herbst 2003 gemeinsam versucht nach Bozen zu rudern, werden die nächsten Monate zeigen. Bereits in den Startlöchern befindet sich der Prader Robert Koch-Waldner. Im Freundeskreis hat er schon anklingen lassen, dass es ihn noch einmal reizen würde. Dem Chef der Obervinschger Handwerker fehlt dieses Mal aber ein Forum, wo er sich mit viel öffentlichem Geld glanzvoll präsentieren kann, nach dem das LEADER-Programm in der „Phasing-Out-Phase“ - so der offizielle Name - nur noch über bescheidene Mittel verfügt. Zudem werden Koch-Waldners Macherqualitäten angezweifelt. Aus dem groß propagierten Betriebsgründerzentrum ist die Unterkunft für die Genossenschaft „Permanente Weiterbildung“ am sanierten Spondiniger Bahnhof geworden. Ein „schwacher“ Koch-Waldner wäre aus der Position von Theiner siche willkommen. Von der Wirtschaftsseite her biete sich auch die Option Manfred Pinzger. Er hat in den letzten Jahren vorgearbeitet. Strategisch nicht schlecht ist seine Position als Obmann des HGV-Bezirkes Meran/Vinschgau, womit er auch auf einen Verband zählen könnte. Gegen ihn spricht sein vergeblicher Versuch 1993 als protegierter Kandidat von Heinz Fuchs in den Landtag zu kommen und vor allem auch, dass er ähnlich wie Theiner aus dem unteren Vinschgau kommt. Eine weitere Variante aus den Reihen der Wirtschaft wäre auch noch LEADER-Koordinator Helmut Pinggera. Nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Obervinschgau hätte er wohl jetzt genügend Zeit. Der gewiefte und vor allem geschäftstüchtige Manager gilt aber als wenig leutselig und kann zudem auf keinen Verband zurückgreifen, der ihm im Wahlkampf unter die Arme greift. Aus der Position von Richard Theiner wäre eine Kandidatur der Chefin des Vinschger Sozialsprengels Martha Stecher die ungünstigste Option. Sie würde ähnlich wie er vor allem aus dem Arbeitnehmerreservoir fischen. Trotzdem, die Schludernserin würde viele Voraussetzungen erfüllen: eine kritische Frau, die zudem Obervinschgerin ist und auch noch auf Landesebene punkten könnte. Eine Möglichkeit würde auch noch eine Kandidatur von Bezirksbauernbundobmann Andreas Tappeiner darstellen. Er hätte einen großen Verband im Rücken und würde zudem das geografische Gleichgewicht wieder herstellen, das es im Vinschgau immer noch braucht. [F] Landtag: Einige haben Interesse [/F] „Der Vinschger“: Die Bürgermeister haben kein Interesse für die Parteipolitik. Richard Theiner: Das kann man nicht so pauschal behaupten. Es gibt sehr wohl Bürgermeister, die sich für die Partei einsetzen. Da die Gemeinden immer mehr Aufgaben übertragen bekommen, fehlt einigen Verwaltern die Zeit für die Parteiarbeit. Durch die Direktwahl ist die Parteipolitik für einige BM in den Hintergrund getreten. In der Stromgeschichte fährt man zweigleisig. Dort spielen überhaupt nur die Bürgermeister eine Rolle. Die Strompolitik ist ein Bereich, den die Bürgermeister aufgeworfen haben. Aber die jeweilige SVP-Bezirksleitung hat sich immer hinter die Forderungen der Gemeinden gestellt und eine Gesprächsebne zwischen Landesverwaltung und Gemeinden geschaffen. Im Vinschgau sind ja über 20 Ortsgruppen neu zu bestellen, die teils zurückgetreten sind und deren Amtszeit teils abgelaufen ist. Jedes Jahr sind im Vinschgau im Schnitt 13 Ortsausschüsse neu zu wählen. Da letztes Jahr einige Neuwahlen nicht stattfanden, sind heuer über 20 Ortsausschüsse neu zu bestellen. Die sehr gut besuchte Klausurder Ortsobfrauen und - Ortsobmänner hat gezeigt, dass es nach der Krise wieder bergauf geht. Die Vorbereitungen für die Landtagswahlen laufen schon. Bürgermeister will keiner nach Bozen. Ist es die Zeit für die zweite Garnitur? Nur weil jemand nicht Bürgermeister ist, zählt er noch lange nicht „zur zweiten Garnitur“. Schon jetzt haben einige qualifzierte Personen ihr Interesse für eine Landtagakkundet bekundet. Um in den Landtag gewählt zu werden, braucht es neben einer hohen Zustimmung im Vinschgau auch eine Unterstützung von Interessensgruppe außerhalb des Bezirkes. Mein Ziel ist es im Vorfeld einen Konsens zu finden, damit wir eine Kampfabstimmung im Bezirksausschuss vermeiden können. Interview:
Hansjörg Telfser
Vinschger Sonderausgabe

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