Vinschger Rad-Genuss
Illegal unterwegs auf dem Radabschnitt Latschander

Vinschgauer Radroute – eine Erlebnistour

Publiziert in 28 / 2007 - Erschienen am 25. Juli 2007
Der Anlass zu dieser Titel­geschichte war die Frage nach Sicherheit und Versicherung auf dem Vinschger Radweg oder auf der Radroute. Um genauer Bescheid zu wissen und um vor den Zuständigen in der Bezirksgemeinschaft nicht ganz daneben zu sitzen, wurden in Begleitung eines geprüften Radführers die derzeit provisorische Trasse Kastelbell-Latsch-Morter-Schlanders und der landschaftlich reizvolle, aber auch unfallträchtige Abschnitt zwischen Göflan und Laas befahren. von Günther Schöpf Ein heißer Tag hatte sich angekündigt. Auf dem neuen Teilstück zwischen Latsch und Kastelbell (gestern, 24. Juli, vom Landeshauptmann erstmals befahren) befestigten Angestellte des Landes­straßendienstes gerade die letzten Hinweisschilder. Zwei forsche Rennradfahrer zwängten sich auf dem noch nicht frei ge­gebenen Weg am Gerätewagen vorbei. Auf dem Provisorium Richtung Latsch war im Kastelbeller Ortsteil Marein ein recht heftiger Anstieg zu bewältigen. Der war allerdings von einem Betonauto zu einem engen „Schluff“ reduziert, wie man auf Vinschgerisch sagen würde. Eine Touristen-Familie quälte sich durch; der Vater stand noch strampelnd im Sattel, Frau und Töchter schoben. Entgegen kamen zwei weibliche Wesen plaudernd mit einem verzweifelt hechelnden Hund an der Leine, dabei die ganze Wegbreite besetzend. Was, wenn jetzt ein paar Ehrgeizlinge heran preschen? Entgegen kam mir in flottem Tempo ein Junge zwischen 12 und 15, dahinter außer Sicht der dazu gehörende Tata und nach weiteren 100 Metern auch die Mama, wieder außer Sichtweite das Töchterchen von geschätzten 10 Jahren. Hoffentlich haben alle vier ein Handy! Der „mulchende“ Bauer ­stellte den Traktor ab und sprang in panischem Entsetzen vom Sessel. Er hatte meine Kamera gesehen. Ich versuchte zu beruhigen. Knapp vor der „Tieftal-Furche“ lagerten Müsli kauend Schweizer im Schatten und musterten die Vorbei­radelnden. Es wurde dramatisch, als ein Anrainer mit seinem Auto in der steilen Kurve auf zwei entgegenfahrende Radfahrer traf; alles ging glimpflich ab. Am Ortseingang von Latsch erwartete mich „Bike-Guide“ oder – wie auf seinem Trikot zu lesen – der „Navigator“ Georg Pegger. Im nahe gelegenen Fahrradfachgeschäft herrschte Hochbetrieb. Die Mitarbeiter hatten zu informieren, Ratschläge zu erteilen, zu empfehlen, zu verkaufen und nebenbei zu reparieren. Latsch wurde gerade von einem Radlertrupp’ überfallen. Für Frauen mit Einkaufstaschen gab’s keine Chance; kein „Pedalritter“ zeigte sich am Zebrastreifen als wirklicher Ritter. Auf Bar- und Gasthaus­veranden tranken Radfahrer schon ihre ersten „Cappuccini“. Um den Anschluss zur weiter führenden Radwegtrasse nicht zu verpassen, musste man Bescheid wissen. Gut 200 Meter Be­regnung reichten auf dem Weg durch die Plafat-Wiesen, um patschnass an der Holz­brücke über die Plima anzukommen. Nach Morter begegneten uns in Schüben Touristengruppen. Hochrot im Gesicht staunten die Zug-Rad-Fahrer, dass sie auf der viel gepriesenen Abfahrt von Mals nach Meran der­artige Steigungen zu bewältigen hatten. Richtung Schlanders wieder „Beregner“ in Betrieb, diesmal aber gegen die Straße abgeblockt. Nach dem 90-Grad Schwenk Richtung Göflan die zweite Dusche. Triefend nass konnten wir das pulsierende Leben mit Traktoren, Scootern, Radfahrern, plaudernden Eingeborenen auf der Etschbrücke in Göflan nicht recht genießen. Hinterm Dorf ein Schild mit Profil- und Streckenangaben. Lesende Biker standen quer zur Fahrtrichtung. Für eine Gruppe Schweizer im Aufstieg und einigen schwungvoll daher kommenden Radtouristen aus der Gegenrichtung wurde es bedenklich eng. Kurz vor dem Spielplatz eine ähnliche Situation an einer nahe am Asphaltband angebrachten, so genannten Panorama-Tafel. Abwechselnd ging’s weiter, vorbei an verwirrender Beschilderung, an Grillstellen und Fahrradständern aus Holz, auf Schotterbelag und über Querroste. Die „Beregner“ ließen uns diesmal gleichgültig, es war richtig heiß geworden. Mächtige Pfeiler eines „Kandlwaales“, beherrschten das Bild am neu angelegten Teich mit Lattenzaun. Bike-Guide - oder wie auf dem Trikot zu lesen - Navigator Georg gab wertvolle Ratschläge zum Schalten. Nach der Holzbrücke schlafende Rad-Touristen. Aus dem grünen Dunkel des Mischwaldes in die sengende Helligkeit von Laas. Wieder ein „Aquädukt“ und dann das Fotomotiv mit romanischem Kirchturm, schattigem Marillenbaum und darin drei Radlern aus dem Allgäu, die eine Beschreibung der „Via Claudia Augusta“ studierten. Georg warnte die Rennradfahrer vor der verschotterten Abfahrt nach ­Göflan. Im nahen Café reges Treiben; am Marmorbrunnen labte sich eine italienische Gruppe. Auf dem Etschdamm nach Eyrs säumten Mohnblumen das Wegstück; der Radfahrer war hier Mensch und König. Dann kurze Verwirrung an der beschrankten Kreuzung mit Radbegleiter Martin Veith, der seine Gruppe überwinkte. Eintauchen in Laubwald unterhalb von Tschengls und höllisches Aufpassen in der Schlaglochlandschaft – vor allem, wenn Gruppen entgegen kamen. Flach und schwungvoll und einer Gruppe Sportlehrer begegnend, angeführt von Instruktor Harry Telfser, wurde das Radl-Dorf Prad erreicht. Bei der Durchquerung der „Sanden“ waren es bestimmt mehr als 50 Grad Celsius in der Sonne, genau richtig, um in Vinschgaus schönster Teichlandschaft einen gespritzten Apfelsaft zu schlürfen. Auf dem Rückweg wurde die Variante über den Bahnhof von Spondinig gewählt. Nachdem in der Biker-Service-Stelle kurz die Radlager überprüft waren, ging’s über den einzigen „liegenden Geh-Steig-Poli­zisten“ des Vinschgaus wieder zurück. (s) Die Vinschger Radroute in harten Tatsachen Generalsekretär Alfred Kaserer und der Leiter des technischen Amtes, Hansjörg Dietrich, hatten sich sofort bereit erklärt, zu Versicherungs- und Sicherheitsfragen betreffend Radroute Rede und Antwort zu stehen. Später wurde noch der zuständige Mitarbeiter Rupert Pfeifer bei gezogen. Die Bezirksgemeinschaft Vinschgau unter Präsident Josef Noggler und Radweg-Referent Karl Weiss ist bekanntlich Bauträger und verantwortlich für Führung und Instandhaltung der 76,7 Kilometer langen Radtrasse zwischen dem Grenzübergang am Reschen und der Anschlussstelle zum Burggrafenamt an der Stabener Brücke. Abgeschlossen sind bis heute 30,3 Kilometer. 27,1 Kilometer befinden sich mit gesicherter Finanzierung in Bau, darunter auch der erste Abschnitt des Stranges Glurns –Taufers. Für 15,8 Kilometer – darunter die Teilstücke Glurns –Taufers (2. Abschnitt), Göflan –Goldrain und Latsch – Kastelbell/Staben (2. Abschnitt) liegen die Projekte auf, die Finanzierung ist aber noch nicht gewährleistet. In Planung befinden sich die 3,5 Kilometer von Goldrain nach Latsch. In die Planung und Projektierung eingebunden sind etwa sieben Techniker; Koordinator ist Geometer Hansjörg Dietl aus Latsch. Für die Instandhaltung erwartete Hansjörg Dietrich rund 1.000 Euro pro Kilometer an Spesen jährlich. Rupert Pfeifer verwies auf eine Haftpflichtversicherung von Euro 5.034,36 im Jahre 2006. Für jene Strecken, die durch geschlossene Ortschaften führen, ergänzte Generalsekretär Alfred Kaserer, sind die jeweiligen Gemeinden zuständig. In sehr bestimmtem Ton klärte Dietrich auf, dass die Bezirks­gemeinschaft eine dreifache Form der Beschilderung anwende: 1. die vorgeschriebene Be­­­schil­d­erung nach dem Straßenkodex, 2. die technische Beschilderung mit Richtungstafeln, Profil-Skizzen und Zeitangaben, 3. die Panorama-Beschilderung mit Informationstafeln, abgestimmt auf Standort und Gemeinde und 4. - sehr im Kommen – die Werbebeschilderung, bei der man den Gemeinden freie Hand lassen werde und nur auf Einheitlichkeit bedacht sei. Hart und klar bestand Dietrich auf der Feststellung, dass durch den Vinschgau kein Radweg führe, sondern eine Radroute, auf der Fußgänger, Bauern, Radfahrer und Ermächtigte mit Autos ihre Rechte und Pflichten hätten. Er ließ durchblicken, dass sich vor allem routinierte Fahrer über die erlaubten 30 Stunden­kilometer hinweg setzen würden und dass 70 Prozent der Unfälle auf dem Abschnitt Laas - Göflan durch überhöhte Geschwindigkeit geschehen, dort allerdings die Fraktionsverwaltung gegen eine Asphaltierung sei. Bisher habe die Versicherung der Bezirksgemeinschaft in zwei Fällen gezahlt. Die Frage der Beregnung, hänge auf den derzeit provisorischen Trassen vom guten Willen der jeweiligen Interessentschaft ab. Sprach’s und empfahl, darüber mit dem Bezirksobmann des Bauernbundes, Andreas Tappeiner, zu reden. (s)
Günther Schöpf
Günther Schöpf
Vinschger Sonderausgabe

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