Jetzt sind die Bürger am Zug
Im Bild (von links): Rudi Maurer, Christoph Wallnöfer, Friedrich Haring und Walter Gostner

Voll schützen oder teilweise nutzen?

Publiziert in 42 / 2012 - Erschienen am 21. November 2012
Sachlich und in gegenseitigem Respekt wurde in Laatsch im ­Vorfeld der Volksabstimmung, die am 25. November in der Gemeinde Mals ­stattfindet, über das Thema „Wasserkraftwerk am Rambach“ ­informiert und diskutiert. Laatsch - Zur sehr gut besuchten Bürgerversammlung hatte die Gemeinde Mals eingeladen, die unlängst auch eine Broschüre zur Rambach-Abstimmung herausgebracht hat. Die darin aufgelisteten Vorteile und Nachteile eines Kraftwerksbaus am Rambach wurden zu Beginn der Versammlung in Statements der Befürworter und Gegner näher beleuchtet. Pro Für die Errichtung eines Wasserkraftwerks sprechen laut Ingenieur Walter Gostner nicht nur der Klimawandel und unsere globale Verantwortung in diesem Sinne - „jedes Wasserkraftwerk trägt dazu bei, die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern“ - sondern noch viele weitere Argumente. Um eine größtmögliche Unabgängigkeit von fossilen Brennstoffen und der Atomenergie zu erreichen, sei auf erneuerbare Energien zu setzen. Werde das Kraftwerk mit einer maximalen Nennleistung von 3 MW von den Gemeinden Mals und Taufers sowie der Fraktion Laatsch realisiert, sei mit einer hohen Wertschöpfung zu rechnen: ca. 1,5 Mio. Euro Reingewinn für die Gemeinden. Die Stromproduktion (ca. 20. Mio. kWh pro Jahr) entspreche dem Stromverbrauch der Gemeinden Mals und Taufers. Der Rambach sei nicht als vollständig naturbelassenes Fließgewässer zu betrachten, denn zwischen Rifair und Calvenbrücke gibt es über 100 Wildbachsperren. Die vom Land vorgegebenen Mindestmengen an Restwasser würden sogar erhöht. Im Durchschnitt würde weniger als die Hälfte der natürlichen Wasserführung abgeleitet. Eine nachhaltige Schädigung der Fließgewässerlebensräume sei daher nicht zu befürchten, sodass der Eingriff ökologisch vertretbar sei: „Naturschutz und Wasserkraftnutzung schließen einander nicht aus.“ Auch Milderungs- und Ausgleichsmaßnahmen nannte ­Gostner, so etwa die Revitalisierung des Rambachs zwischen Calvenbrücke und Mündung in die Etsch. Auch Aktionen und Maßnahmen zur Energieeinsparung seien vorgesehen sowie Maßnahmen zur Stärkung des Rambachgebietes als Naherholungsraum. Die zu erwartende Wertschöpfung aus dem Kraftwerk entspreche in etwa jener von ca. 30.000 Nächtigungen pro Jahr. Auch während der Bauzeit sei angesichts der geschätzten Baukosten in Höhe von 15 Mio. Euro mit lokaler Wertschöpfung zu rechnen. Das Kraftwerk sei auch Voraussetzung für mehr Stromautarkie im Obervinschgau und für das Halten der Energiepreise. Die Erlöse könnten teilweise in den Ankauf des ENEL-Stromnetzes fließen. Contra Laut Rudi Maurer von der Umweltschutzgruppe Vinschgau könne allein in der Gemeinde Mals laut Energieleitplan mehr als das Doppelte an Strom produziert werden, als gebraucht wird. „Wir sagen ja zu erneuerbaren Ener­gien, nur muss mit Maß und Ziel vorgegangen werden,“ so Maurer. Der letzte nicht zur Stromgewinnung verbaute Talfluss sei unter Schutz zu stellen. Selbst Kraftwerksbefürworten räumen laut Maurer ein, dass es unischer ist, ob die Gemeinden die Konzession tatsächlich erhalten. Sollte keine Unterschutzstellung erfolgen, bedeute das: „Wasser weg, Strom weg und Geld weg.“ Von einem kleinen Kraftwerk dürfe nicht gesprochen werden, denn es sei das größtmögliche mittlere Kraftwerk geplant: „Die Druckrohrleitung hat einen Durchmesser von 1,5 m und ist ca. 6 km lang.“ Eine Verschlechterung der Wasserqualität, die gemäß neuesten Daten besser sei als in der Vergangenheit, sowie des sensiblen Ökosystems seien vorprogrammiert. Speziell in punkto Gewinne werde den Leuten viel versprochen. Die Möglichkeit aber, billigeren Strom aus dem Val Müstair zu beziehen, werde nicht wahrgenommen. Im Energiebereich seien in erster Linie Einsparungen angesagt. Christoph Wallnöfer von der Initiative „Pro Rambach“ plädierte dafür, den einzigartigen Fluss noch stärker als Erholungsgebiet für Einheimische und Gäste zu etablieren. Der Bach sei bereits für Wanderer und Radfahrer gut erschlossen. „Das Gebiet grenzt an zwei Nationalparke an.“ Im Val Müstair sei der Rambach renaturiert worden. Das Potential, dass der Rambach als entwicklungsfähige Erholungszone biete, sei noch lange nicht erschöpft. „Es geht um eine lebenswerte Umwelt für uns, unsere Kinder und unsere Gäste.“ Reto Wiesler zeigte beeindruckende Bilder zum Rambach. Seiner Meinung nach gibt es keine Ausgleichsmaßnahmen, mit denen sich die negativen Folgen eines Kraftwerksbaus kompensieren lassen. Ein Kraftwerk wirke sich immer negativ auf die Ökologie, die Ästhetik und die Lebensräume im und am Fluss aus. Diskussion Auch bei der Diskussion meldeten sich Kraftwerksgegner und -befürworter zu Wort. Einige Argumente und Fragen der Gegner waren: Es geht nur um das Geld; jeder kann die Konzession bekommen, auch ein Privater oder ortsfremde Unternehmen; es ist zurzeit zu gefährlich, schon jetzt liegt ein privates Projekt vor; ein Kraftwerk hat sicher negative Auswirkungen; wenn in Mals jetzt abgestimmt wird, könnte dieses Ergebnis jenes von Taufers, wo später abgestimmt wird, beeinflussen; wer garantiert, dass die Restwassermengen eingehalten werden?; der Rambach ist der letzte natürliche Flusslauf; in der Gemeinde Mals will offenbar jede Fraktion ihr Kraftwerk. Befürworter sagten: der Bau dieses Kraftwerks ist mit dem Vorhaben einer Erholungszone vereinbar; im Val Müstair wird jeder Tropfen der Rambach-Seitenbäche genutzt; um die Gefahr des Einstiegs eines Privaten zu bannen, sollten die Gemeinden ein möglichst gutes Projekt vorlegen; die Wasserkraft ist eine saubere Energie; die ­Erlöse kommen der Bevölkerung zu Gute; die Argumente der Befürworter haben mich überzeugt, bisher waren fast nur die Gegner zu hören, auch in den Medien. Wie der Tauferer BM Hermann Fliri dem der Vinschger bestätigte, wird die Rambach-Abstimmung in Taufers (der Beschluss, sie zeitlich mit Mals durchzuführen, musste wegen eines Formfehlers widerrufen werden), voraussichtlich am 13. Jänner 2013 stattfinden. Der Malser BM Ulrich Veith dankte allen Referenten und Diskussionsteilnehmern für die sachliche Argumentation und Friedrich Haring für die neutrale Moderation. Veith rief alle Bürger/innen der Gemeinde Mals zur Teilnahme an der Abstimmung auf. Infos zur Volksabstimmung „Sind Sie für die Errichtung eines Kleinkraftwerks* mit einer maximalen Nennleistung von 3 MW am Rambach?“ So lautet die Frage der Volkabstimmung, zu der alle über 16-jährigen Bürgerinnen und Bürger der gesamten Gemeinde Mals aufgerufen sind. Abgestimmt wird am Sonntag, 25. November, von 8 bis 18 Uhr. Gültig ist die Volksabstimmung, wenn sich mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten beteiligen. Wird dieses Quorum erreicht, werden sich die Gemeindeverwaltung und die Fraktion Laatsch im Falle einer Mehrheit der Ja-Stimmen um die Konzession für den Kraftwerksbau bemühen. Falls die Nein-Stimmen überwiegen, wird die Gemeindeverwaltung den Vorschlag zur Unterschutzstellung des Rambachs einbringen. *In Südtirol werden Kraftwerke mit einer Nennleistung zwischen 220 kW und 3 MW als „Kraftwerk mittlerer Größe“ bezeichnet. Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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