Der Konkurs - Schuldenberg und soziales Drama
Werner Pritzi. Seit 2002 Betriebschef. Für ihn war die Firma Saniflex eine neue Herausforderung. Erfolgreich verhinderte er eine Übernahme durch die Firma Duka, die möglicherweise die vielen Arbeitsplätze erhalten hätte. An ihn gehen schwere Vorwürfe von Seiten der Gewerkschaften, aber auch von Seiten der Arbeiter.

Von den Top 10 in den Konkurs

Publiziert in 15 / 2004 - Erschienen am 29. Juli 2004
[K] Die Firma Saniflex scheint in der Mai- Ausgabe 2004 der Wirtschaftszeitung „Radius“ an neunter Stelle der Top 10 der Firmen in der nicht metallischen Branche auf (Grundlage: WIFO- Daten aus dem Jahr 2002, denen zufolge sich die Bilanz auf 15.236.452 Euro belief). Jetzt ist die Firma in Konkurs. Sie hinterlässt, laut Gewerkschafter Serafin Pramsohler, einen Schuldenberg von 8 bis 10 Millionen Euro. Es geht nicht nur ums Geld. Gewerkschafter sprechen von sozialen Dramen, von großen Fehlern und sogar von fraglichen Bilanzen. Die Arbeiter, nervlich und finanziell am Ende, fühlen sich belogen und betrogen. Auf sie wartet eine Menge Bürokratie und eine ungewisse Zukunft. von Andrea Perger [/K] [F] Stimmung [/F] Ein Arbeiter* beschreibt die allgemeine Stimmung unter den ehemals Beschäftigten: Viele sind mit den Nerven fertig. Auf die Gesellschafter Werner Pritzi und Kurt Stecher angesprochen, erhält „Der Vinschger“ als Antwort: „ Die zwei sind für uns Arbeiter abgeschrieben!“ Nach einer kurzen Pause wird hinzugefügt: „ Weil die haben nichts anderes getan, als uns reinzureiten! (...) So richtigen Kontakt zu den Arbeitern haben sie nicht gehabt.“ Es seien Leute regelrecht hinausgeekelt worden. Qualifiziertes Personal wurde durch Arbeiter aus Nicht- EU- Ländern, die teilweise keine Ausbildung hatten, ersetzt. Es sei nicht einfach, wenn man, wie manche, etliche Jahre im Betrieb beschäftigt gewesen ist und dann entlassen wird. Zwanzig Jahre könne man nicht einfach wegwerfen. “Als Pritzi in die Firma kam, muss-ten gute Leute gehen”, kommentiert der Arbeiter*. Harte Anschuldigungen von Seiten der Belegschaft. Die Frustration ist groß. 38 Arbeiter stehen seit Anfang April auf der Straße. Die restlichen Beschäftigten des Unternehmens erhielten ihre Kündigung Ende Juni. Das letzte Gehalt war im März aus- bezahlt worden. Bereits vorher kam es immer wieder zu Verspätungen bei der Überweisung der Gehälter, von einer bis drei Wochen. [F] Meldung: Konkurs [/F] Ende Juni wurde der Konkurs der Firma Saniflex durch das Landesgericht Bozen erklärt. Der Wirtschaftsprüfer Michael Palla wurde als Masseverwalter eingesetzt und prüft derzeit die Schuldenbestände sowie das Betriebsvermögen. Dem Konkurs gehen bereits die Entlassungen vom 9. April voraus. Insgesamt sind an die 80 Arbeiter vom Konkurs betroffen. [F] Gewerkschaften [/F] Sowohl der AGB als auch der ASGB beschäftigen sich zur Zeit intensiv mit dem Saniflexkonkurs. Pramsohler: „Wir sind dabei die Guthaben der Leute auszurechnen und den kürzesten Weg zu suchen, damit die Arbeiter mindestens zu einem Teil ihres Geldes kommen.” Neben dem ASGB bietet auch der AGB die Möglichkeit an, ausständige Forderungen bei Gericht zu hinterlegen. Die Gewerkschaften erhalten am Schluss 10% des für die Arbeiter ausbezahlten Geldes. Die meisten Arbeiter stellen die Forderungen über die Gewerkschaften, einige überlegen, sich zusammenzuschließen und das ausständige Geld über einen Rechtsanwalt einzuklagen. Von den Gewerkschaften fühle man sich aber gut vertreten. Beide Gewerkschaftsbünde hielten Informationsabende für die Arbeiter in Prad ab. Getrennt. Alois Burger vom AGB wünschte sich, die Gewerkschaften würden geschlossener auftreten. Pramsohler vom ASGB sieht dafür keine Notwendigkeit. [F] Soziales Drama [/F] Christine Pichler, Gewerkschafterin des AGB bemängelt, dass die Gemeinde nicht aktiv wird. „Von dieser Seite kommt eigentlich gar nichts!“ Bürgermeister Herbert Gapp auf diese Vorwürfe angesprochen: „Auf solche Sachen ist keine Gemeinde vorbereitet und keine Gemeinde hat die Mittel.“ Beide Gewerkschaftsbünde haben sich an die Fürsorgestellen der Bezirksgemeinschaft gewandt. Burger vom AGB verfasste Mitte Juni einen Brief an die Bezirksgemeinschaft Vinschgau, in dem die Situation der Arbeiter geschildert und die zuständige Direktion um entsprechende Unterstützung ersucht wird. Pramsohler verfasste ebenfalls einen Brief an den Sozialdienst der Bezirksgemeinschaft, in dem er detailliert die Lage der Arbeiter beschreibt. Hier wird darauf hingewiesen, dass mit der Auszahlung von Seiten des NISF/INPS frühestens in den ersten Monaten 2005 zu rechnen ist. Weiters wird darauf hingewiesen, dass die Hoffnungen gering seien, dass die Bediensteten im Laufe des Konkursverfahrens weitere Zahlungen erhalten werden. Der Immobilienbesitz sei mit Sicherheit hypothekarisch belastet. Die Banken haben Vorrang. Auf die mobilen Güter (Einrichtungen, Maschinen und offene Rechnungen) hätten zwar die Bediensteten das Privileg, „ (...) wenn aber nach einigen Jahren noch etwas zu verteilen ist, dürfte ein beträchtlicher Teil davon ans NISF/INPS für vorgestreckte Lohn- und Abfertigungsansprüche zurückfließen.“ „Dies ist eines der ersten sozialen Dramen in Südtirol!“, kommentiert ein Gewerkschafter die, seiner Ansicht nach, prekäre Situation. Robert Grüner, Koordinator des Arbeitsamtes Schlanders sieht die Lage nicht als ganz so schlimm. „Die Situation am Vinschger Arbeitsmarkt an sich, ist nicht so schlecht.“ Über die Hälfte der ehemaligen Saniflex-Mitarbeiter haben bereits wieder eine Anstellung gefunden. Schwierig werde es aber für jene Arbeiter, die über keine Qualifikation verfügen, für Hilfskräfte, oder im Falle von Arbeitern aus Nicht-EU-Staaten, für jene mit unzureichenden Sprachkenntnissen. Für letztere werden Sprachintensivkurse angeboten. Dass insgesamt 80 Arbeitsplätze weggefallen sind, ist laut Arbeitsamt aber schon ein Problem. [F] Mögliche Retter [/F] Die Firma Saniflex, gegründet 1976, fertigte Fertigbäder für den Hotel-, Schiffs- und Zugsektor. Der Kundenstock war international, darunter Firmen aus England und Deutschland. Die Firma eignete sich im Laufe der Jahre ein gewisses Know-how an. Die Firma Duka in Brixen, für die diverse Aufträge ausgeführt werden, meldete bereits vor Jahren Interesse an. Eine eigene Tochterfirma hätte alles übernehmen können, so waren von Anfang an die Pläne, erklärt Duka-Chef Johann Krapf, dem „Der Vinschger“ gegenüber. Man habe mit Stecher und Pritzi verhandelt. Pritzi sei bezüglich einer Übernahme durch die Duka anscheinend anderer Meinung gewesen als Stecher. Das letzte Gespräch sei ungefähr zwei Monate her. „ Pritzi wollte uns Bescheid geben, hat dann aber nichts mehr hören lassen.“ Krapf bestätigt, dass das Interesse nach wie vor aufrecht ist. Er kenne die Firma seit fast 30 Jahren. Unter dem Ruder von Firmenmitbegründer Erwin Rufinatscha sei noch alles in Ordnung gewesen. “Jede Firma braucht einen Unternehmer, der eine Richtlinie vorgibt”, so Krapf. In der Zeit nach Rufinatscha hätten die Richtlinien gefehlt. Er habe klar Stellung bezogen und gewarnt: „ So kann das nicht gehen!“ Laut Krapf waren die Arbeitsmethoden der Firma danach nicht mehr in Ordnung. Duka wartet jetzt allerdings die Entwicklung des Konkursverfahrens ab. [F] Schwesternfirma SaniLine [/F] Für die Firma SaniLine in Storo in der Provinz Trient wurde, laut Gewerkschaften ebenfalls der Konkursantrag eingebracht. Diese Firma ist laut Stecher ein völlig eigenständiges Unternehmen. Pramsohler vom ASGB Metall wünscht sich, dass es für die Firma SaniLine weitergeht, schon deswegen, um die Arbeitsplätze in der Zuliefererfirma, einem Metallbaubetrieb, zu sichern, der gut zwanzig ehemaligen Saniflexarbeitern einen Arbeitsplatz und Lohn bietet. Illegale Machenschaften? Alois Burger erhebt bei der Versammlung am 21. Juli in Prad schwere Anschuldigungen: „ (...) 2003 anscheinend, da sind ganz krumme Sachen gegangen, das heißt, da wurden falsche Bilanzen erstellt und diese Bilanzen dem Land vorgelegt (...).“ Die Gewerkschaftsbeiträge sind beinahe zwei Jahre lang nicht eingezahlt worden. Diese Beiträge sind den Arbeitern vom Lohn regulär abgezogen worden, wurden jedoch nicht an die Gewerkschaften eingezahlt. Burger: „Das ist Unterschlagung! (...) Ich weiß nicht wer das Geld eingesteckt hat, aber einer hat es eingesteckt.“ Der AGB überlegt, diese Gelder gerichtlich einzufordern und Werner Pritzi als alleinigen Verwalter zu klagen. Pramsohler vom ASGB sieht eine solche Klage als hoffnungslos und wird nichts dergleichen unternehmen. * Name der Redaktion bekannt. [F] „Die Information ist Null.“ [/F] “Der Vinschger” führte folgendes Telefon-Interview mit dem Mehrheitseigner der Saniflex Kurt Stecher. “Der Vinschger”: Hängt die Firma “SaniLine” in Storo mit der Firma “Saniflex” zusammen? Kurt Stecher: Das sind zwei unabhängige Firmen. Sind die Gesellschafter auch andere? Die Gesellschafter sind die gleichen. Die gleiche Aufteilung wie bei der Saniflex? Ja. Man sagt, dass Werner Pritzi, ihr Mitaktionär bei Saniflex und SaniLine, die Saniflex-Maschinen geplündert habe und alles nach Storo transferiert hat. Was ist da dran? Das müssen andere feststellen. Ich war da nie unten. Das kann ich überhaupt nicht sagen. Da müssen Sie den Pritzi selber oder den Konkursverwalter fragen. Der ist dabei, das ganze Inventar zu machen. Ich weiß vom Inventar nichts, weil ich nie im Betrieb gearbeitet habe. Wie ist das Verhältnis zwischen den Aktionären bei Saniflex, zwischen Ihnen und Werner Pritzi? Nicht gut, kann man sagen, weil er sich nicht meldet, wenn ich ihn anrufe. Mehr kann ich nicht sagen. Wie geht´s aus Ihrer Sicht weiter? Was der Konkursverwalter jetzt alles machen muss, weiß ich selbst nicht. Ich habe nie einen Konkurs mitgemacht. Wie´s weitergeht kann ich wirklich nicht sagen. Sind die Verhandlungen mit der DUKA noch aufrecht? Die sind immer noch aufrecht. Wie sind da die Signale? Wenn die Verhandlungen noch aufrecht sind, heißt das , dass die Signale positiv sind. Da müssen natürlich beide Gesellschafter einverstanden sein. Wenn einer nicht einverstanden ist, dann geht´s halt den Weg, den es gehen muss. Ist Werner Pritzi nicht einverstanden? Da müssen Sie ihn selbst fragen, wieso er nicht einverstanden ist. Was vermuten Sie? Weil er andere Interessen hat. Die sich mit Ihren Interessen nicht decken? Mein Interesse ist es, dass es weiter geht. Er wird auch seine Interessen haben, dass es weitergeht, halt auf einer anderen Art. Ich wollte das mit einer einheimischen Firma machen, mit welcher er das machen will, weiß ich nicht. Hat er andere Einsteiger? Die Information ist Null. Das weiß ich nicht. Eine letzte Frage: Zwei unabhängige Firmen, das heißt der Konkurs von der Saniflex hat mit einer SaniLine in Storo nichts zu tun? So wie´s ausschaut, ist diese unabhängig. Interview: Erwin Bernhart Werner Pritzi war trotz vielfacher telefonischer Versuche von Seiten des „Der Vinschger“ nicht erreichbar. Kurt Stecher stellt sich der Situation und hat gesprochen.
Andrea Perger
Vinschger Sonderausgabe

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