Großes Theater mit viel Musik
Die neue Spielzeit des Südtiroler Kulturinstituts
Für ihre Darstellung der „Billie Holiday“ wurde Sona MacDonald mit dem Nestroy-Preis als „Beste Schauspielerin“ ausgezeichnet. Ihre Interpretationen der unvergesslichen Lieder der Jazz-Sängerin gehen unter die Haut.
Das Leben der „Madame Bovary“ wird bei der Inszenierung des Schauspiels Hannover zur schräg-humorvollen Musikstunde.
Thomas Manns Novelle „Mario und der Zauberer“ inszeniert die Bühne Cipolla als Figurentheater mit Live-Musik.
„Die letzte Karawanserei“ von Ariane Mnouchkine gibt Flüchtlingen ein Gesicht und ihren berührenden Geschichten Raum.

Wider Erwarten

Von Thomas Manns Klassiker „Mario und der Zauberer“ als Figurentheater mit Live-Musik bis zur Hommage an die Jazz-Legende Billie Holiday: die neue Spielzeit des Südtiroler Kulturinstituts in Schlanders verspricht unter dem Motto „Wider Erwarten“ Theater, das überrascht, gepaart mit viel Musik.

Publiziert in 30 / 2017 - Erschienen am 12. September 2017

Schlanders - Angesiedelt im faschistischen Italien der 1930er Jahre, ist die Novelle „Mario und der Zauberer“ von Thomas Mann eine Parabel auf die Manipulierbarkeit des Menschen. Sebastian Kautz und Gero John von der Bühne Cipolla verbinden den Text mit Puppenspiel und Live-Musik zu einem Bühnenkunstwerk der besonderen Art, zu sehen zum Auftakt der Saison im Kulturhaus „Karl Schönherr“ in Schlanders. Erzählt wird von einem Familienurlaub am Tyrrhenischen Meer: Spätsommer, Strand – und schwelender Faschismus. Das unangenehme Gefühl, hier als Deutsche nicht mehr so willkommen zu sein wie noch in den vergangenen Jahren, trübt die Stimmung. Am liebsten würde man abreisen. Doch Zauberer Cipolla hat seinen Auftritt angesagt, den will die Familie noch sehen. Cipolla entpuppt sich als machtgieriger Krüppel, der sein Publikum mit Hypnose zu makabren Experimenten verführt – bis er sein Spiel mit dem Kellner Mario zu weit treibt.

Preisgekrönte Inszenierung

Von Menschen auf der Flucht handelt das Stück „Die letzte Karawanserei“. Basierend auf über 400 Interviews mit Flüchtlingen und Asylsuchenden, die die französische Regisseurin Ariane Mnouchkine Anfang der 2000er Jahre geführt hat, zeigt das Metropoltheater aus München einen Theaterabend, der diesen Menschen Gesichter und ihren Geschichten Raum gibt: Sie fliehen vor dem Krieg, dem Verlust ihrer Menschenrechte oder der Zerstörung von Kultur. Sie machen sich auf einen gefährlichen Weg mit ungewissem Ausgang. Es entsteht ein Bild menschlicher Entwürdigung, das aber auch Momente der Hoffnung durchscheinen lässt und unseren Blick auf die Würde und Zerbrechlichkeit des Lebens lenkt. „Es ist der schmerzvollste, zugleich schönste und berührendste Theaterabend seit langem“, urteilte die Zeitung „Münchner Merkur“. Die Inszenierung wurde von der Münchner Presse mit dem AZ-Stern, der tz-Rose der Woche sowie dem tz-Rosenstrauß des Jahres ausgezeichnet.

Ein Leben in Musik

Einen Klassiker, ganz neu erzählt, verspricht das Stück „Madame Bovary – Allerdings mit anderem Text und auch ­anderer Melodie“ von Clemens Sienknecht und Barbara Bürk, frei nach Gustave Flaubert. Emma Bovary ist die berühmteste Ehebrecherin der Literatur. Clemens Sienknecht ist ein Gratwanderer zwischen grobem Feinsinn und grandiosem Unfug. Wenn er sich ihrer annimmt, verspricht der Abend Überraschung! Es ist eine eigentümliche Gesellschaft, die sich hier versammelt, um zwischen Abspielgerät, Sesseln und Orgel jener Figur zu huldigen, die Flaubert ausgehend von einer Zeitungsnotiz schuf. Eine junge Frau aus der Normandie hatte sich vergiftet, der monotone Alltag hatte sie zermürbt. Madame Bovary litt an der „romantischen Krankheit“, ausgelöst von Langeweile und einer Überdosis an Liebesromanen. Klavierstunden wurden ihr Alibi für unsittliche Rendezvous. Die Versammelten gedenken ihrer – und zwar mit viel Musik! Was das Schauspiel Hannover hier zeigt, könnte man einen theatralen Liederabend nennen, aber im Grunde ist es ein ganz eigenes Genre.

Hommage an Billie Holiday

Das Theater in der Josefstadt aus Wien kommt mit dem Stück „Blue Moon“ nach Schlanders und erinnert an die große Jazz-Sängerin Billie Holiday (1915-1959). Schlaglichtartig und ungeschönt blickt das Stück auf das kurze Dasein der Jazz-Ikone zwischen Rampenlicht und Gefängnis, Höhenflug und Drogensumpf, Gewalterfahrung, Liebe und Kampf gegen Rassismus. Die musikalische Revue lässt auch Billies männliche Wegbegleiter zu Wort kommen und widmet sich vor allem den unvergess­lichen Songs der Lady Day – wie sie auch genannt wurde: „Body and Soul“, „The Man I Love“, „All of Me”, „As Time Goes By” und natürlich „Blue Moon”. Sona McDonald wurde für ihre Darstellung der Billie Holiday 2016 mit dem Nestroy-Theaterpreis als „Beste Schauspielerin“ ausgezeichnet. Die Inszenierung wurde bei Publikum und Presse ein Hit.
Neben den Theateraufführungen lädt das Südtiroler Kulturinstitut in Zusammenarbeit mit der Stiftung Südtirol Sparkasse zu einem Abend in der Reihe „Hörbar gut“ mit dem Tumler-Preisträger, Erfolgsautor und Schauspieler Joachim Meyerhoff. Am 6. März wird er seinen neuen Roman „Die Zweisamkeit der Einzelgänger“ in Schlanders vorstellen. Zudem bietet das Südtiroler Kultur­institut am Vormittag für Schulklassen eine Aufführung von „Mario und der Zauberer“. Außerdem gastiert das Kindermusical „Drei Kobolde für Scrooge“ in Schlanders. Die Kulturabteilung der Südtiroler Landesregierung, die Stiftung Südtiroler Sparkasse, viele private Sponsoren und die „Unter­nehmerinitiative Wirtschaft & Kultur – Schlanders“ unter­stützen das hochkarätige Programm, das in Zusammenarbeit mit dem Kulturhaus „Karl Schönherr“ veranstaltet wird.

Das Programm


Mittwoch, 11. Oktober 2017
Thomas Mann: „Mario und der Zauberer“
Bühne Cipolla

Freitag, 1. Dezember 2017
Ariane Mnouchkine: „Die letzte Karawanserei“
Metropoltheater München

Donnerstag, 25. Jänner 2018
C. Sienknecht/B. Bürk: „Madame Bovary – Allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“
Schauspiel Hannover

Freitag, 20. April 2018
T. Fischer/H. Schäfer: „Blue Moon“
Theater in der Josefstadt, Wien

Alle Aufführungen finden im Kulturhaus „Karl Schönherr“ in Schlanders statt. Beginn: 20 Uhr. Um 19.15 Uhr gibt es eine Einführung (außer bei „Blue Moon“). Es wird ein kostenloser Shuttle-Bus von Mals nach Schlanders und zurück angeboten (Anmeldung: 0473-831190).

Abonnementverkauf: vom 12. bis 20. September im Büro des Südtiroler Kulturinstituts unter Tel. 0471-313800 oder per E-Mail: info@kulturinstitut.org.

Einzelkartenverkauf: ab dem 21. September bei Athesia-Ticket, unter www.kulturinstitut.org oder telefonisch unter 0471-313800.

Informationen: Südtiroler Kulturinstitut, Schlernstraße 1, 39100 Bozen, Tel. 0471-313800, info@kulturinstitut.org, www.kulturinstitut.org

Redaktion
Vinschger Sonderausgabe

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