Schlechte bis mäßige Preise
Auch Wetterkapriolen setzen dem Obstbau zu
VI.P-Dirketor Josef Wielander. Foto: Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau

Wieder rund 20% weniger

VI.P-Direktor Josef Wielander über den Apfelmarkt, die Auswirkungen von Wetterunbilden, die Zukunft des Apfelanbaus, den steigenden Bio-Trend und weitere Themen.

Publiziert in 26 / 2017 - Erschienen am 18. Juli 2017

Vinschgau - der Vinschger: Das Wetter hat im Winter, im Frühjahr und auch jetzt im Sommer so ziemlich alles gezeigt, was es zu bieten hat: Trockenheit, Kälte, Frost und Hitze. Wie sehr haben die Apfelanlagen im Einzugsgebiet der VI.P unter diesen ungewöhnlichen Kapriolen gelitten?
Josef Wielander:  Wir gehen davon aus, dass die Hitze dank des Wassers und unserer Bewässerungssysteme im Apfelanbau keine größeren Schäden verursacht hat. Vielmehr haben die kalten Nächte im April mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt den Blüten und den heranwachsenden Früchten arg zugesetzt.
 
Lässt sich abschätzen, wie hoch die mengenmäßigen Einbußen ausfallen werden?
Genau werden wir das es erst nach dem Abschluss der Ernte wissen, jedoch rechnen wir schon damit, dass wir im Vergleich zu einer normalen Ernte wieder Mengeneinbußen im Ausmaß von rund 20% werden hinnehmen müssen, und zwar mit großen Unterschieden von einem Gebiet zum anderen. Je nach Kältestau und je nach Vegetations­stadium, in dem sich die Blüten bzw. Früchte gerade befanden, kann man Wiesenabschnitte mit Totalausfall bis hin zu normalen Fruchtbehängen finden.
 
Wie werden sich die Wetterunbilden auf die Qualität der Äpfel auswirken?
 Das ist ein weiteres Fragezeichen, das vor allem hinsichtlich der Berostung noch nicht beantwortet werden kann. Sicher ist, dass die Spuren der Kälte auf den verbliebenen Äpfeln immer wieder zu finden sein werden.

In den vergangenen Jahren gab es mehrfach erhebliche Frostschäden. Gibt es Bestrebungen, die Frostzonen auszudehnen? Und wenn ja, woher soll das Wasser kommen?
Selbstverständlich versuchen sich die Bauern über die jeweiligen Gremien und über die Politik aktiv einzubringen, damit eine Erweiterung der Frostzonen in manchen Gemeinden erreicht werden kann. Das alles ist jedoch mit hohen Kosten und vor allem auch mit viel Bürokratie bezüglich der Wasserkonzessionen verbunden. Wenn wir immer öfter solche klimatischen Auswüchse zu verzeichnen haben, wie es anscheinend der Fall ist, bleibt die Erweiterung der Frostzonen neben einer guten Versicherung die einzige Alternative, um weiterhin gewinnbringend Obstbau betreiben zu können.
 
Beim Großteil der Obstbaubetriebe handelt es sich um kleinstrukturierte Familienbetriebe. Es ist nicht selten zu hören, dass vor allem Kleinbetriebe eine bestimmte Zukunftsangst haben. Sind derartige Existenzängste tatsächlich berechtigt?
Ja, das ist nachvollziehbar, denn einerseits müssen wir uns mit schlechten bis mäßigen Preisen herumschlagen und andererseits stellen uns die besagten Wetterkapriolen vor neue Herausforderungen. Außerdem sind für Anpassungen am Sortiment und in der Produktionsweise große Investitionen notwendig, die gerade kleine und mittlere Betriebe einfach nicht mehr so leicht stemmen können.
 
Wie läuft es derzeit mit dem Absatz der Ernte 2016 und wie sieht es mit den Auszahlungspreisen aus?
Auf Grund der schwachen Qualitäten des vergangenen Jahres und nicht zuletzt wegen der starken europäischen Obsternte, aber auch infolge der vielen Krisenherde quer durch Nordafrika war der Absatz bis jetzt nicht unbedingt zufriedenstellend und somit auch nicht die Preise. Wir haben noch rund 20% an Golden, wie jedes Jahr, bis zum Herbst zu vermarkten und wir hoffen alle, dass wir noch etwas an Boden gut machen können.
 
Glauben Sie, dass sich die interna­tionalen Markt- und Absatzbedingungen in naher Zukunft ändern werden? Stichwort Sanktionen gegen Russland?
Ich denke, es wird eng bleiben, da immer wieder in irgendeinem Land aus welchem Grund auch immer Boykotte verhängt oder Import-Verbote geltend gemacht werden. Heute sind es Russland und Algerien und morgen andere Länder. Wer weiß, auf was wir uns noch alles werden einstellen müssen.

Hält der Biotrend im Apfelanbau weiterhin an?
Ich denke ja, man kann quer durch alle Lebensmittel und quer durch die allermeisten Industrieprodukte den Bio-Trend in steigendem Maß verspüren. Ich glaube, dass wir heute wie heute auf dem richtigen Weg sind, auch dank einiger Pioniere unter unseren Bauern. Am Ende kann und wird die Geschichte entscheiden, welche Kompromisse in der Produktionsweise zwischen Produzent, Konsument und Umfeld anhaltend und nachhaltig gefunden werden können und somit wegweisend sein werden. Wichtig ercheint es mir, die ­diversen Trends zu erkennen und auch mit einer gewissen Courage für dessen Umsetzung offen zu sein. Unser Verband wird auf alle Fälle, und daran besteht kein Zweifel, auch weiterhin alles unternehmen, um die verschiedenen Produktionsarten bestmöglich zu schützen und zu verteidigen.
 
Worauf muss ein Obstbauer achten, damit er seine Ware auch in Zukunft gewinnbringend verkaufen kann?
Unsere Obstbauern sind grundsätzlich am Puls der Zeit. Es werden verschiedenste Kurse und Seminare besucht. Es stehen Medien zu Verfügung und auch die Genossenschaften, Verbände und Beratungsorganisationen ­stehen den Bauern zur Seite. Nicht zuletzt sollte man mit offenen Augen durch die Welt gehen, im Inland und im Ausland. Man kann sich dabei oft neue Impulse für das eigene Handeln holen.
 
Mehrere Obstgenossenschaften im Einzugsgebiet der VI.P haben Hochregallager gebaut. Weitere Genossenschaften sind dabei, solche zu planen und zu errichten. Gibt es dafür überhaupt noch Geld genug?
Im Vinschgau nehmen wir in diesem Punkt sicher eine weitsichtige Vorreiterrolle ein. In absehbarer Zeit werden nahezu alle unsere Genossenschaften mit Hochregallagern versehen sein. Der Geldhahn von Land und Staat fließt grundsätzlich immer spärlicher und ist nahezu beim Austrocknen. Die ­sicherste Finanzierungsquelle für die Genossenschaften bleiben die Operationellen Programme aus dem EU-Haushalt, die derzeit noch jeder Erzeugerorganisation Europas zustehen, gemessen am getätigten Umsatz des Vorjahres.
 
Können Sie sich vorstellen, dass es im Vinschgau mittel- bzw. langfristig zu einem Aufbrechen der Monokultur im Apfelanbau kommen könnte?
Wieso Monokultur? Wir haben ja heute schon verschiedene Produkte, die wir gerade in den Sommermonaten anbieten können. Denken wir nur an die geschätzte Vinschger Marille, an die einmaligen Erdbeeren, vorwiegend  aus dem Martelltal, den Anbau von Blumenkohl, vor allem im oberen Vinschgau,  der sich großer Beliebtheit erfreut, und nicht zuletzt an den Kirschenanbau. Dieser hat zwar durch die Kirschessigfliege und das kalte Frühlingswetter einen Dämpfer erlitten, wird aber sicher trotzdem sehr zukunfts­trächtig bleiben.
 
Von der Apfelwirtschaft und auch der Politik wird immer häufiger und vehementer gefordert, vor allem auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu verzichten. Was hat sich diesbezüglich seitens der Obstwirtschaft bisher getan und was ist noch geplant?
Wir waren immer schon bemüht, und daran wird sich auch nichts ändern, so wenig wie möglich chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Und wenn überhaupt, dann nur, wenn es unbedingt notwendig ist und wenn sich die Konsequenzen solcher Mittel für Anwender, Umwelt und Konsumenten klar abschätzen lassen. Sowohl die Agrios in der Gestaltung des jährlichen Spritzprogrammes, als auch die Beratungsorgane, die sich auch auf wissenschaftliche Daten berufen, wie etwa der Be­ratungsring und die Versuchsanstalt Laimburg, sowie die unzähligen Analysen unsererseits und jene unserer Kunden, die von akkreditierten Labors durchgeführt werden, geben uns die Sicherheit sagen zu können, dass wir nicht nur gute, sondern vor allem auch gesunde Äpfel produzieren.
 
Wie lange werden Sie der VI.P noch als Direktor erhalten bleiben?
Diese Frage ist für eine Antwort verfrüht, denn ich habe schon noch ein Weilchen die volle Verantwortung für den mir anvertrauten Bereich inne.

Josef Laner
Josef Laner

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