Wir sind wieder nahe am Volk
Publiziert in 2 / 2010 - Erschienen am 20. Januar 2010
„Noch weiß niemand nix“ war eine geläufige Antwort auf die Frage nach dem Stand der Kandidatensuche zur Gemeinderatswahl; ein zweiter lautete in Anlehnung an einen bekannten Werbespruch „Es ist verdammt hart, überhaupt Kandidaten zu finden“. Nur langsam scheint die Wahlmaschinerie anzulaufen, sieht man einmal vom SVP-Blitzstart in Schlanders ab. Für einige Gemeinden völlig ungewohnt und neu scheint die Beschäftigung mit der Bürgermeistersuche zu sein. Während sich die kleineren Parteien mühsam Kontakte erarbeiten müssen, haben die meisten Ortsgruppen der Edelweißpartei das Volk entdeckt und lassen sich in unterschiedlicher Form „von der Basis“ beraten.
Günther Schöpf
Zwar stehen noch (am 14. Jänner) die „Zehn Punkte für eine gute Zukunft der Südtiroler Gemeinden“ aus dem Jahre 2005 im Internet, aber die „Arbeitsgruppe Gemeindewahlen“ der Südtiroler Volkspartei unter dem Vorsitz der Bezirksobfrau Roselinde Gunsch Koch ist im Vinschgau seit Anfang Dezember dabei, Richtlinien vorzugeben, über Vorgangsweisen zu diskutieren und Ortsgruppen zu beraten. „Jedem Ortsausschuss steht es frei, Vorwahlen abzuhalten. Jede Gemeinde hat eine besondere Situation; Vorwahlen müssen nicht unbedingt überall sinnvoll sein“, erklärte die Obfrau. Über konkrete Maßnahmen in den 12 Gemeinden, in denen im Mai gewählt wird, konnte, durfte oder wollte sie nichts sagen. Zum Zeitpunkt des Gesprächs am Jahresanfang konnte man es der Bezirksobfrau auch abnehmen, keine Namen von Bürgermeisterkandidaten in Graun, Stilfs, Schlanders, Schnals und Martell zu kennen. Mit einem verschmitzten Lächeln kommentierte sie: „Für einige Gemeinden ist es tatsächlich ungewohnt, sich über einen neuen Bürgermeister Gedanken zu machen.“ Warum die Schlanderser Arbeitnehmer so ein Tempo drauf hatten, konnte die Bezirksobfrau nicht sagen. Auf die Frage, ob man auf die Listen anderer Parteien warte, entgegnete sie: „Wir gehen unseren Weg. Zwar haben die Freiheitlichen angekündigt, es in allen Gemeinden probieren zu wollen, aber unser Ziel ist es ja nicht, Listen zu verhindern, sondern Bürger bestmöglich zu betreuen.“ Den Etikettenschwindel – die Bezirksobfrau sprach von Lüge - wie er in Mals mit der Liste der Freien Wähler gemacht wurde, würden die Wählerinnen und Wähler wohl durchschauen. Sie als Frau wünsche und erwarte sich natürlich, dass nach den großen Erfolgen von 2005 und den vielen Referentinnen in den Ratsstuben sich nun auch Bürgermeister-Kandidatinnen aus der Deckung wagen würden. An welche Gemeinde sie dabei denke. Roselinde Gunsch Koch war nicht bereit, konkrete Angaben zu machen und Personen zu benennen.
Landesjugendreferentin Heidi Gamper aus Martell zeigte sich überzeugt, wichtige Voraussetzungen für Kandidaten aus der SVP-Jugend geschaffen zu haben. Neben der Beratungstätigkeit will die Junge Generation ihren Bewerbern Info-Mappen und Informationsmaterial zur Verfügung stellen. Die Homepage der JG soll Bilder und Angaben zu den Kandidaten führen. „Junges Wohnen“ nenne sich eine Gemeinden übergreifende Aktion, die mit der neuen Jugendorganisation „KVW Life“ aufgegriffen werde und worin sich die Kandidaten der JG stark und kompetent machen können.
Die Wirklichkeit
und der Idealfall
Östlich des Schnalser Baches beginnt politisch das Burggrafenamt. Als generelle Richtlinie gilt auf Bezirksebene, wenn schon Vorwahlen, dann müsse der Ortsausschuss dahinter stehen. Es sollte nicht ein Untergremium, zum Beispiel Arbeitnehmer, für sich allein in Aktion treten, teilte der stellevertretende Bezirksobmann Zeno Christanell mit. In der Gemeinde Plaus sind die politischen Verhältnisse seit Mai 2009 geklärt. In der Gemeinde Naturns – mit Bürgermeister-Fixstarter Andreas Heidegger - erhalten die Haushalte einen Rundbrief mit Kandidatenvorschlägen. Die Bürger haben aber auch die Möglichkeit, selbst Kandidaten zu benennen, wie Ortsobmann Helmut Pircher erklärte. Zur Situation in Partschins mit der bevorstehenden Ablöse des „Langzeitbürgermeisters“ Robert Tappeiner konnte und wollte Ortsobmann Jochen Raffl offiziell noch nichts sagen; auch nicht zu den Kandidaten, die 2005 gegen das „Bürgermeister-Urgestein“ Tappeiner den Kürzeren gezogen haben. Persönlich träume er vom „Idealfall“, drei SVP-Kandidaten präsentieren zu können; der „alleridealste“ Fall wäre, wenn auch eine Frau darunter wäre. Sollten wider Erwarten mehr als drei Kandidaten gefunden werden, würden mit großer Wahrscheinlichkeit Vorwahlen gemacht. Er mache sich aber keine Illusionen, fügte der Rechtsanwalt, der sich als Hobby-Politiker bezeichnet, hinzu. Es folgte ein ausgiebiges Referat über die Schwierigkeiten, jemanden für Politik zu begeistern und zu überzeugen, seine Arbeit gegen eine – wenn’s schlecht geht – 5-Jahres-Stelle mit viel Verantwortung und wenig Gegenwert einzutauschen.
Blaues Quartett für den Vinschgau
Peppi Stecher, Wirt und Gemeinderat in Mals, soll es nach dem Rücktritt von Oswald Angerer (Laas) im Frühjahr 2009 als Bezirksobmann richten. Ihm zur Seite gestellt wurden – so aus dem Internetauftritt der Freiheitlichen erfahrbar - Romina Eberhöfer in Schluderns, Sepp Kofler und André Pirhofer in Latsch. Dem Vorhaben der „Blauen“, in allen Gemeinden Listen zu präsentieren, ist eine gewisse Ernüchterung gefolgt, wie der Stellungnahme Stechers zu entnehmen ist: „Wir sind im Juni 2009 zu einer Klausurtagung zusammen gekommen und haben festgestellt, dass wir zwar Sympathisanten im ganzen Tal haben, aber keine Mitgliederlisten. Außerdem befindet sich jede Gemeinde in einer besonderen Situation. Wir haben zwar keine Basis, aber wir probieren in jeder Gemeinde anzutreten. Wir sind der zweitstärkste Bezirk der Freiheitlichen, aber es wird nicht leicht sein, diesen Erfolg auf den Alltag in den Gemeinden zu übertragen. Es ist eine Sache, Protestwähler zu sein, eine völlig andere, sich als Gemeinderatskandidat zur Verfügung zu stellen.“ Auf die Frage, wie sich freiheitliche Bürgermeisterkandidaten abheben wollen, meinte Stecher: „In Gemeinden, wo die Mandatsbeschränkung keine Rolle spielt, gibt es immer Reibungspunkte, woran man sich unterscheiden und profilieren kann. Da wir die Kandidaten in den sieben Vinschger Gemeinden, in denen gewählt werden muss, nicht kennen, tun wir uns dort am schwersten. Aber wenn die SVP weiterhin solche Geschichten macht wie kürzlich mit der Vergabe der Kraftwerkskonzessionen, .…, wenn weiterhin der Parteiobmann aus dem Vinschgau und die beiden Landtagsabgeordneten aus dem Vinschgau so etwas zulassen,…“ Peppi Stecher ließ beide Bedingungssätze unvollendet.
Grün ist vor allem eine Frage der Einstellung
Er sieht sich nicht als Bezirkssprecher, so etwas gäbe es im Vinschgau nicht, erklärte Martin Daniel aus Schlanders. „Ich bin vielleicht einer der aktiven“, stapelte das Mitglied des obersten Gremiums im Lande, „des Grünenrates“, tief. Dass er als Nachfolger von Riccardo Dello Sbarba auch noch im obersten nationalen Gremium sitzt, fügte er so nebenbei hinzu. Seit 2005 ist der 36jährige Oberschullehrer politisch aktiv. Seinen 6. Platz nach Vorzugsstimmen als Kandidat der Liste „Für Schlanders – Per Silandro“ wertete er als Erfolg. Immerhin führten sie zur Berufung in den Verwaltungsrat des E-Werkes Schlanders. Erst seit Jänner 2008 ist er eingetragenes Mitglied der Grünen.
„Es gibt in mehreren Vinschger Gemeinden Umwelt-Aktivisten“, versuchte er das Bild der Grünen im Vinschgau zurecht zu rücken. „So haben in Mals verschiedene Personen ökologische und soziale Inhalte vertreten, aber ob sie Mitglieder der Grünen waren oder sind, bezweifle ich. „Diese engagierten Umweltschützer lieben viel zu sehr die Freiheit und Ungebundenheit“, ergänzte Daniel, „wodurch sie besser auf lokale Gegebenheiten eingehen können. Im Vinschgau gibt es nicht einen einzigen grünen Gemeinderat, aber sehr viele Mitglieder von Bürgerlisten, die eindeutig eine ökosoziale Linie verfolgen.“ Dazu führte er die Liste „Für Prad“ in Prad, die einzige Sprachgruppen übergreifende Liste in Schlanders und die Liste „Für Bürger/innen“ in Partschins an.
Eine soziale Union ist zu Allianzen bereit
Der Mathematik-Lehrer Theo Noggler aus St. Valentin auf der Haide hatte sich im Jahr 2000 erstmals als Unabhängiger der Gemeinderatswahl gestellt. 2005 rangierte er als Bürgermeisterkandidat immerhin auf dem dritten Platz. „Gemeindepolitik darf keine Parteipolitik sein“, ist einer seiner Grundsätze. Noggler hat zwar klare Vorstellungen von einer künftigen Gemeindepolitik rund um den Grauner Turm und er „outete“ sich auch als Bürgermeisterkandidat für Mai 2010, aber von einer allgemeinen, auf alle Gemeinden anwendbare Linie der Union für Südtirol – falls es so etwas geben wird – könne er allenfalls nach der Bezirkssitzung Ende Jänner sprechen. „Es weiß noch niemand nix“, war dem Bezirksobmann zu entlocken. Er gab auch zu, dass verschiedene Gemeinden „weiße Flecken“ für die Union für Südtirol seien, andere richtige „SVP-Hochburgen“. „Wir werden natürlich dort anknüpfen, wo bereits Union-Vertreter im Gemeinderat gesessen sind, so in Prad, Schluderns und Kastelbell
Für den burggräflichen Teil des Vinschgaus und damit für die Gemeinden Naturns, Plaus und Partschins zuständig ist der aus Lana stammende Oberschullehrer Roland Stauder. Nach dem bekannten Slogan, Macht braucht Kontrolle, werde die Union für Südtirol in den Gemeindestuben von Naturns und Partschins vertreten sein. Während es in Naturns im engen Kreis bereits eine Bürgerversammlung gegeben habe, sei man in Partschins dabei, eine junge Kandidatengruppe aufzubauen. „Die erfahrenen Gemeinderäte – Franz Gritsch in Naturns und Johann Bernhart in Partschins – werden sich dafür ins Zeug legen“, teilte Bezirksobmann Stauder mit und gab auch zu, dass es sehr schwer sei, Kandidaten zu finden. Die Union sei offen für Listenverbindungen; auch für unabhängige Kandidaten sei Platz auf ihren Listen. Wichtige Themen seien Familie, Kinderbetreuung, Verwendung von Steuergeldern.
Heimatbewusst in die Gemeindestube
Bekanntlich rückte die Südtiroler Freiheit von Osten her ins obere Etschtal ein. Bei der Ortsversammlung in Rabland traten der Landtagsabgeordnete Sven Knoll und der Sprecher der Arbeitsgruppe für Gemeindepolitik der Südtiroler Freiheit, Werner Thaler, auf. Wie derselbe „dem Vinschger“ anvertraute, werde es Ende Jänner eine Bezirksversammlung in Göflan geben. Dort sollen Kandidaten namhaft gemacht werden. Thaler dazu: „Wir haben berechtigte Hoffnungen, dass sich im Vinschgau Interessierte finden.“ Jetzt schon konkrete Umrisslinien für Kandidaturen der Südtiroler Freiheit soll es neben Partschins noch in Kastelbell-Tschars und in Schlanders geben. Kandidaten sollen durch eine Informationsbroschüre angeworben und informiert werden.
Günther Schöpf