Was nun SVP-Vinschgau?
Plangger: Auch mal rebellischer sein
Albrecht Plangger blickt schwierigen Zeiten entgegen.

„Wir Vinschger waren im Wahlkampf zu brav“  

„Abi“ Plangger über verpatzte Politik, vergraulte Basis, Bozner Einmischungen und Vinschger Forderungen. 

Publiziert in 2 / 2019 - Erschienen am 22. Januar 2019

GRAUN - Innerhalb der Vinschger SVP gingen zuletzt die Wogen hoch. Lediglich ein Kandidat schaffte es in den Landtag. Erstmals seit 15 Jahren ist der politische Bezirk Vinschgau in der Landesregierung nicht vertreten. Seit rund fünf Jahren fungiert Albrecht „Abi“ Plangger als SVP-Bezirksobmann im Vinschgau. In schwierigen Parteizeiten wie diesen zeigt sich der Grauner, der seit 2013 in der Abgeordnetenkammer im Parlament in Rom vertreten ist, mutig und offen. Kein Wunder, schließlich gilt es, „den Karren aus dem Dreck zu ziehen“. Im der Vinschger-Interview spricht Plangger über verpatzte Wahlen, Probleme innerhalb der Partei, sein Tun in Rom und vieles mehr. 

der Vinschger: Erstmals seit langem gibt es keinen Vinschger Landesrat. Wie tief sitzt die Enttäuschung? 

Albrecht Plangger: Natürlich ist die Enttäuschung groß. Wir haben immer gesagt, wir Vinschger brauchen einen Landesrat, einen Ansprechpartner, einen Politiker der gestaltet und wichtige Kompetenzen betreut. Denn wir wollen die Politik mitgestalten. Leider mussten wir bei den Wahlen eine herbe Niederlage einstecken. Bei den Listenstimmen waren wir nicht schlechter als die anderen Bezirke. Jedoch hat es bei den Vorzugsstimmen für unsere Kandidaten gehapert. So waren wir auch nicht unbedingt in der Position groß zu fordern, was Posten und Zusammenstellung der Landesregierung angeht. Wir mussten nehmen was wir kriegen und konnten als Argument nur eine ausgeglichene Vertretung aller Bezirke einfordern. 

Für Sepp Noggler blieb das Amt des Landtagspräsidenten. Ein Trostpflaster? 

Es war letztendlich das Beste für den Vinschgau. Es hätte auch schlechter ausgehen können. Aus den verschiedensten Gründen gab es für Sepp Noggler, unseren einzigen Mandatar, weder einen Platz in der Landesregierung, noch in der Regionalregierung. Quoten, interne Probleme auch beim Koalitionspartner Lega, alte Abmachungen in Trient und eine dortige Lega-Mehrheit, die für zwei  unterstützende Ein-Mann Parteien auch noch Regierungsposten garantieren musste sowie eben das schlechte Vorzugsstimmenergebnis für die Vinschger Kandidaten bei den Wahlen führten dazu. Das Amt des Landtagspräsidenten ist aber durchaus mehr als ein Trostpflaster. Es ist schließlich ein prestigeträchtiges und hohes Amt. Damit können wir, damit müssen wir zufrieden sein. Nach dem Landeshauptmann ist es das wichtigste institutionelle Amt und hat großes politisches Gewicht. Als Landtagspräsident kann man jedes Problem thematisieren. 

Inwiefern ist damit den Vinschgern geholfen? 

Der Landtagspräsident kann zu jedem Landesrat, zu jeder Landesrätin, gehen und diese auf die Probleme der Vinschger ansprechen. Man braucht sich nämlich gegenseitig. Der Landtagspräsident kann Probleme thematisieren und Lösungen anregen oder anmahnen. Ein Mitspracherecht ist durchaus da. Ich bin überzeugt davon, dass Sepp Noggler für uns einiges bewegen kann. Wenn uns niemand in der Landesregierung zuhört, dann haben wir den Sepp in Bozen, auf den werden sie hören. 

Muss der Vinschgau rebellischer werden? 

Wir müssen sicher wieder mehr Druck machen und ja, auch mal rebellischer sein. Vor allem im Vorfeld der Wahlen hat uns das gefehlt. Vor fünf Jahren war noch die Energie das politische Thema, das uns Vinschger vereint hat und zusammenrücken ließ. Wir Vinschger waren diesmal wohl zu brav, haben vielleicht zu sehr auf die Gesamtpartei geschaut. Dinge, die nicht passen, hätte man klarer ansprechen müssen, auch wenn man damit die eigene Landesregierung kritisiert hätte. Wie eben beim Thema Sanität. Da haben wir den Landeshauptmann und Co. geschont und schlussendlich wohl auch deshalb die Wahl verloren. Im Wahlkampf hätten wir uns auch mal als Vinschgau gegen Bozen auflehnen können und sagen „das geht so nicht“. In Sachen Krankenhaus hätte es jedenfalls so einiges an Kritik gegenüber der Landesregierung gegeben.

Welche Probleme gab es im Vinschgau SVP intern?  

Wir haben schon oft kommuniziert, dass Fehler gemacht wurden. Das Wahlziel zwei Abgeordnete nach Bozen schicken, wurde klar verfehlt. Aber daran sind wir als Vinschger SVP nicht allein schuldig. Auch die Zentrale in Bozen hat diese Wahl-Niederlage mit zu verantworten. Man hat uns in letzter Minute noch einen weiteren Bezirkskandidaten beschert und bestimmte ‚Grundprimariate‘ im Krankenhaus nicht rechtzeitig besetzt. Es gab auch Probleme SVP intern bei der Kandidaten-Findung mit der Staatsbürgerschaft einer Kandidatin und beim Zusammenhalt zwischen unseren Kandidaten. Vielleicht hat uns auch ein bestimmter ‚Leidensdruck‘, wie eben vor fünf Jahren das Thema Energie, gefehlt, welches bei uns mehr Talpatriotismus für die Wahlen hervorrufen hätte können. Jedenfalls ist Bozen am Schlamassel nicht ganz unschuldig und sollte uns nun auch unterstützen, um einigermaßen wieder rauszukommen. 

Wie könnte eine solche Unterstützung aussehen? 

Es gibt viele Projekte im Vinschgau, die angegangen werden müssen. Hier müssen Landesregierung und Landeshauptmann nun ein offenes Ohr für uns haben. Wir haben ein ehrgeiziges Wahlprogramm für die nächsten fünf Jahre. Ohne unseren langjährigen Landesrat Richard Theiner, müssen wir uns aber teilweise neu aufstellen. Der Richard hat uns mit seinem beständigen Einsatz sehr verwöhnt. Auf Sepp Noggler wartet nun einiges an Arbeit und Verantwortung. Arno Kompatscher und die Landesräte werden uns dabei sicherlich entgegen kommen. 

Welche Projekte haben Priorität? 

Die Arbeiten für die Umfahrung von Kastelbell und Galsaun haben ja bereits begonnen. Absolute Priorität hat auch die Problemlösung für die „Latschander“. Zustände wie im November und Dezember vergangenen Jahres, als die Vinschger Staatsstraße bei der Latschander zwischen Kastelbell und Latsch gesperrt werden musste, können wir uns einfach nicht leisten. Hier sind schnelle Lösungen gefragt, eine sichere Straße ist wichtig. 

Stichwort Nationalpark Stilfser Joch. Was tut sich diesbezüglich? 

Schon vor Jahren ging der Park vom Staat an das Land über. Es  steht uns diesbezüglich noch sehr viel Arbeit bevor, aber der Nationalpark ist eine riesige Chance für den Vinschgau. Die Leute müssen jedoch sehen, dass sich hier etwas tut und dass der neue Parkplan, das Parkreglement und die Zonierung auch in ihrem Interesse gemacht wird. Beim Stilfser Joch Pass-Areal und der Panoramastrasse sind wir leider säumig. Wir waren in den letzten drei Jahren - aus den verschiedensten Gründen - noch nicht im Stande einen Betonmischer auf die Passhöhe zu stellen. Es gibt jedoch noch viele bürokratische Hürden, auch was die Zusammenarbeit mit der Lombardei betrifft ist es nicht immer einfach. Es muss erst noch eine Gesellschaft gegründet werden. Es gibt großen Nachholbedarf. Den Rückstand müssen wir nun schleunigst, auch mit Hilfe des Landeshauptmannes, versuchen aufzuholen.  

Was gibt es derzeit in Rom zu tun? 

Grenzpendler und die Rechtssicherheit für diese sind natürlich Dauerthemen, mit denen ich es in Rom zu tun habe. Auch bei den Ärzteverträgen herrscht nicht totale Rechtssicherheit. Daher braucht es viel Überzeugungsarbeit in den Ministerien. Außerdem wird auch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen dem Schlanderser Krankenhaus und dem Spital in Val Müstair angestrebt, welche den ‚Segen‘ aus Rom benötigt. Zudem gilt es in den nächsten Monaten die ganzen Genehmigungen in Sachen Nationalpark Stilfser Joch mit den Ministerien abzuhandeln. Wir haben unsere Wünsche für den Nationalpark formuliert, nun gilt es diese bei der Regierung in Rom durchzubringen. Darüberhinaus kommt bei den Staatsämtern die große Pensionierungswelle und es sind - mit Ausnahme jetzt nach fast 30 Jahren beim Zoll - noch keine lokalen Wettbewerbe für junge Kräfte in Sicht. Bei der INPS und der Agentur für Einnahmen kann es personell durchaus eng werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze in der Peripherie bestehen bleiben. Zum Beispiel beim Zoll, dort wären am Reschenpass und in Taufers im Münstertal fünf Stellen zu besetzen. Wir müssen hier versuchen in Rom die Voraussetzungen zu schaffen, dass dies auch der Fall ist und die Stellen endlich besetzt werden. Der Staat darf gar nicht erst auf die Idee kommen, immer weiter in der Peripherie zu sparen. 

Zurück zu Ihrer Partei. Der Mitgliederschwund in der SVP scheint nicht aufzuhalten zu sein. Auch im Vinschgau haben immer weniger ein ‚Parteikartl‘. Woran liegt das? 

Die Ortsgruppen müssen mehr politischen Wert und mehr politisches Gewicht bekommen. Ehrenamtlich Politik zu machen wird zunehmend schwieriger, aber ein Ortsobmann oder eine Ortsobfrau haben aber immerhin noch das Recht, jedes Problem in ihrer Gemeinde zum Thema zu machen. Von der Basis müssen in Zukunft mehr politische Initiativen kommen. Da muss ein Umdenken her. Die Strukturen vor Ort müssen aufgewertet werden. Die Parteiführung, aber auch ich, wir müssen mehr zu den Leuten rausgehen. Insbesondere in Randbezirken wie dem Vinschgau. 

Im Mai stehen Europawahlen an. Setzt es die nächste SVP-Niederlage? 

Das wird sich zeigen. Aber vor allem wir Vinschger müssen dann auch mal wieder beweisen, dass wir auch einheitlich wählen können. Nehmen wir an, Herbert Dorfmann kandidiert erneut für das Europa-Parlament. Wenn wir uns parteiintern für ihn entscheiden, dann müssen wir ihn auch einen klaren Wählerauftrag geben, auch wenn er ein Eisacktaler ist. Nur dann können wir Forderungen stellen und uns erwarten, dass der Dorfmann in Brüssel für uns Vinschger das Möglichste tut. Wir möchten unbedingt wieder eine Wahl gewinnen. 

Michael Andres
Michael Andres

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