Die Heimat immer im Herzen
Die Geschichte des „Marmorarbeiters“ Josef Pedroß
Josef Pedroß (rechts) im Jahr 1940 bei der Arbeit am Steinbruch Winterberg bei Bad Grund; das Titelbild zeigt Josef Pedroß Anfang der 1930er Jahre.
Josef Pedroß mit Ehefrau und Kindern im Jahr 1943.

Eng mit Land und Leuten verbunden

Die Nachkommen von Josef Pedroß, der Ende der 1930er Jahre nach Deutschland auswanderte, kommen bis heute regelmäßig nach Laas.

Publiziert in 12 / 2025 - Erschienen am 1. Juli 2025

Laas - Eine Woche lang haben sich kürzlich 16 Nachkommen des gebürtigen Laasers Josef „Sepp“ Pedroß im Marmordorf aufgehalten. Mit dem Kultur- und Erlebnisaufenthalt im „Fohlenhof“ wurde an eine Tradition angeknüpft, die seit 4 Generationen gepflegt wird. Es sind die enge Verbundenheit und die Liebe zur Heimat von Josef Pedroß, die seine Nachkommen bis heute hegen und aufrecht erhalten. Nicht dabei war heuer Joachim Pedroß, der 1943 geborene Sohn von Josef Pedroß: „Da meine Frau und ich alt geworden sind, freuen wir uns sehr, dass in diesem Jahr erstmals die gesamte Familie - Kinder, Schwieger-, Groß- und Schwiegergroßkinder einschließlich Urgroßkinder - auch ohne uns einen Aufenthalt in Laas genießen und so an die von meiner Frau und mir begründeten Traditionen anknüpfen und die familiären Kontakte zu den Familien Sprenger, Lechner, Schönthaler, Pedroß, Tröger und Stieger weiterhin pflegen kann“, freut sich Joachim Pedroß, der uns einen Abriss der Geschichte der Familie Pedroß zukommen ließ.

1938 „den Ranzen gepackt“

Es war das Jahr 1938, als die „Assimilierungspolitik Mussolinis seinen Höhepunkt erreichte. Kein Wunder also, dass auch mein Vater Josef, genannt Sepp Pedroß, geboren am 30.11.1914 in Laas seine Schwierigkeiten mit den Carabinieri hatte. Er wurde kurzzeitig eingesperrt und schnürte unmittelbar nach seiner Entlassung mit seinem Freund seinen Ranzen, verließ seine geliebte Südtiroler Heimat und landet schließlich nach einem kurzen Zwischenstopp in Bayern hier in Münchehof am Harz“, erzählt Joachim Pedroß. Zu dieser Zeit hatte ein leitender Ingenieur der Leipziger Maschinenfabrik, die den Schrägaufzug der Laaser Marmorwerke errichtet hatte, den Auftrag, „hier in Münchehof ein Kalkwerk zu errichten und im nahen Winterberg bei Bad Grund den Kalk abzubauen, der zur Veredelung der Eisenerze in Salzgitter dringend benötigt wurde. Er erinnerte sich der tüchtigen Marmorarbeiter in Laas und bemühte sich um deren Anwerbung.“ So seien viele Südtiroler nach Bad Grund und Münchehof - jetzt Seesen - gekommen. In Bad Grund entstand eine eigene Siedlung mit für damalige Verhältnisse sehr modernen Wohnungen für die Südtiroler. „Noch heute künden viele Südtiroler Namen von dieser Zeit“, so Joachim Pedroß.

Sprengmeister im Kalksteinbruch

Sein Vater wurde als Sprengmeister im Kalksteinbruch tätig und war für die Sprengung großer Kalkbrocken aus dem Felsgestein zuständig. Diese verantwortungsvolle Tätigkeit führte dazu, „dass ihn die Werkleitung wiederholt reklamierte und er so zunächst keinen Kriegsdienst zu leisten hatte. Schon bald lernte er dann meine Mutter, die einheimische Anna Eine kennen.1940 wurde geheiratet. 1941 kam mein Schwester Jutta und 1943 ich zur Welt“, führt Joachim Pedroß aus. Nach den Schilderungen seiner Mutter waren dies die glücklichsten Jahre der jungen Familie. „Doch dann wurde mein Vater, nachdem er bereits Mitte der 1930er Jahre durch Italien im Krieg gegen Abessinien zu den Waffen gerufen worden war, doch noch eingezogen. Er hatte als Goslarer Jäger Kriegsdienst zunächst auf dem Balkan und später in Italien zu leisten. Dort ist er am 04. Juni 1944 gefallen. Sehr tapfer, aber mit unendlich vielen schlaflosen Nächten verbunden, nie versiegenden Tränen der Trauer, hat meine Mutter für Essen und Trinken gesorgt und uns großgezogen. Niemals mussten wir hungern. Gott sei Dank verfügten wir über einen großen Garten und Ackerland und konnten so Ziegen und Hühner halten und jedes Jahr ein Schwein schlachten, sodass wichtige Grundnahrungsmittel vorhanden waren.“

Immer vom Vater erzählt

„Immer und immer wieder hat uns die Mutter von unserem Vater erzählt und uns so ihn und seine Südtiroler Heimat nähergebracht. Erst langsam besserten sich die Verhältnisse. In Deutschland wurde die Witwen- und Waisenrente eingeführt und die wirtschaftlichen Verhältnisse wurden erträglicher“, erinnert sich Joachim Pedroß. 1954 organisierte ein Südtiroler eine Busreise für Heimatferne nach Südtirol: „Wir - meine Mutter, meine Schwester und ich - waren dabei. Bot sich doch so die aus damaliger Sicht einmalige Gelegenheit, die Familie meines Vaters – vor allem meine Großmutter Barbara geborene Thomann – kennenzulernen.“ Detail am Rande: „Damals mussten wir auf der Brennerstraße noch den Bus verlassen, sobald die provisorisch errichteten Brücken überquert werden mussten, weil schon allein der Bus schwerer war als es das erlaubte Gesamtgewicht für die Brücke zuließ.“ Gewohnt hat die Gruppe damals „bei meiner Großmutter und ihrer Tochter Rosa und Schwiegersohn Alois Stieger, also in dem Elternhaus meines Vaters am Schießstandweg Nr. 9 in Laas.“ Es seien wunderbare 14 Tage gewesen „mit viel Kontakt zu allen Verwandten und ganz sicher der Beginn einer ganz besonderen Beziehung zu der Heimat meines Vaters.“ Entgegen den Erwartungen „konnten wir schon 1957 ein zweites Mal – diesmal auf eigene Faust – unsere Verwandten besuchen. Erste Erfahrungen auf dem Berghof meines Onkels auf Tarnell, nachts beim Wassern oder beim Besuch eines Viehmarktes in Mals konnte ich sammeln.“

1970 erstmals mit eigenem Auto

Im Jahr 1970 „sind wir erstmals die Urlaubsreise nach Südtirol mit dem eigenen Auto angetreten. Ab dieser Zeit haben wir regelmäßig unseren Urlaub dort verbracht und so auch unseren Kindern Land und Leute nähergebracht“, erinnert sich Joachim. „1970 fuhren wir auch erstmals zum Soldatenfriedhof in Costermano am Gardasee und besuchten das Grab meines Vaters. Für uns alle – besonders natürlich für meine Mutter - war diese Reise mit ganz besonderen Emotionen verbunden.“ Ab 1970 „wohnten wir meistens in Pensionen, anfangs bei Familie Strimmer, später bei Hanna und Gustl Angerer. Wir erlebten unvergessene Zeiten mit Bergtouren und Übernachtungen in der Hütte von Cousin Walter Pedroß im Laaser Tal und viele weitere Höhepunkte.“ Einmal war Joachim sogar auf dem Gipfel des Ortlers, „dank Walter Pedroß und Gustl Angerer.“ Auch sein Sohn Achim und Schwiegertochter Beate haben einige Jahre später den Ortler bestiegen. Joachim freut sich, „dass unsere Kinder und Verwandten sehr bald eine ähnliche Verbundenheit zu Südtirol entwickelten wie wir.“ Diese Verbundenheit „haben wir und unsere Kinder auf die Großkinder übertragen. Jährlich geht es deshalb auch mindestens einmal nach Sulden zum Skilaufen. Jetzt bemühen wir uns, unsere Liebe zu Land und Leuten auf die vierte Generation, also auf unsere Urenkel, zu übertragen.“ Wichtig war es für Joachim auch immer, „viele Leute von der Schönheit Südtirols zu überzeugen. Anfangs durch individuelle Werbung und persönliche Ansprache. Später habe ich als Vorsitzender des von mir gegründeten Heimatvereins viele Busreisen mit mehreren hundert Teilnehmern dorthin organisiert, wobei ich oft auf die Unterstützung des früheren Landtagsabgeordneten Robert Kaserer aus Tschars Othmar Parteli aus Jenesien bauen durfte.“ 

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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